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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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unbedingt von der guten Sitte gefordert werden zu können. Es ist daher genug, wenn nur des äußeren Anstandes geschont, und der Fall mit der Schwierigkeit des Kampfs und mit glänzenden Folgen entschuldigt wird, um der ungesetzlichen Verbindung Nachsicht, und sogar Interesse bey der guten Gesellschaft zu sichern.

Dieß scheint der Fall zu seyn, wenn der Liebhaber sich um die letzte Gunst einer Dame von hohem Stande bewirbt, und sein Glück tapfern Thaten, achtungsvollen Huldigungen und langen Prüfungen seiner Beharrlichkeit, Aufrichtigkeit und Verschwiegenheit verdankt. Dann gewinnt das heimliche, und auf Sinnlichkeit beruhende Verständniß eben so sehr an Reitz für die Liebenden selbst, als es an Sträflichkeit vor den Augen der guten Gesellschaft verliert. Diese wird durch die Bürgertugenden, die eine solche edlere Intrigue hervorbringen kann, und durch den Einfluß, den sie auf die Vervielfältigung, Verfeinerung, Erhöhung der geselligen Vergnügungen, so wie auf die Milderung der Sitten überhaupt haben mag, versöhnt: jene, die Liebenden, genießen neben der Befriedigung gröberer Begierden, die ganze Spannung und Unterhaltung des Geistes, welche die Ueberwindung großer Hindernisse, die Besorgung einer heimlichen Verbindung, und das Interesse, was sie an sich selbst nehmen, und andern einflößen, mit sich führen.

Der Geist solcher Geschlechtsverbindungen würde sich von der Denkungsart der Griechen, Römer und Araber über diesen Gegenstand hinreichend unterscheiden. Nach diesen Begriffen würden die edleren Verhältnisse zwischen beyden Geschlechtern den Schein eines auf Befriedigung der Ruhmsucht und des Triebes nach Begeisterung

unbedingt von der guten Sitte gefordert werden zu können. Es ist daher genug, wenn nur des äußeren Anstandes geschont, und der Fall mit der Schwierigkeit des Kampfs und mit glänzenden Folgen entschuldigt wird, um der ungesetzlichen Verbindung Nachsicht, und sogar Interesse bey der guten Gesellschaft zu sichern.

Dieß scheint der Fall zu seyn, wenn der Liebhaber sich um die letzte Gunst einer Dame von hohem Stande bewirbt, und sein Glück tapfern Thaten, achtungsvollen Huldigungen und langen Prüfungen seiner Beharrlichkeit, Aufrichtigkeit und Verschwiegenheit verdankt. Dann gewinnt das heimliche, und auf Sinnlichkeit beruhende Verständniß eben so sehr an Reitz für die Liebenden selbst, als es an Sträflichkeit vor den Augen der guten Gesellschaft verliert. Diese wird durch die Bürgertugenden, die eine solche edlere Intrigue hervorbringen kann, und durch den Einfluß, den sie auf die Vervielfältigung, Verfeinerung, Erhöhung der geselligen Vergnügungen, so wie auf die Milderung der Sitten überhaupt haben mag, versöhnt: jene, die Liebenden, genießen neben der Befriedigung gröberer Begierden, die ganze Spannung und Unterhaltung des Geistes, welche die Ueberwindung großer Hindernisse, die Besorgung einer heimlichen Verbindung, und das Interesse, was sie an sich selbst nehmen, und andern einflößen, mit sich führen.

Der Geist solcher Geschlechtsverbindungen würde sich von der Denkungsart der Griechen, Römer und Araber über diesen Gegenstand hinreichend unterscheiden. Nach diesen Begriffen würden die edleren Verhältnisse zwischen beyden Geschlechtern den Schein eines auf Befriedigung der Ruhmsucht und des Triebes nach Begeisterung

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[73/0073] unbedingt von der guten Sitte gefordert werden zu können. Es ist daher genug, wenn nur des äußeren Anstandes geschont, und der Fall mit der Schwierigkeit des Kampfs und mit glänzenden Folgen entschuldigt wird, um der ungesetzlichen Verbindung Nachsicht, und sogar Interesse bey der guten Gesellschaft zu sichern. Dieß scheint der Fall zu seyn, wenn der Liebhaber sich um die letzte Gunst einer Dame von hohem Stande bewirbt, und sein Glück tapfern Thaten, achtungsvollen Huldigungen und langen Prüfungen seiner Beharrlichkeit, Aufrichtigkeit und Verschwiegenheit verdankt. Dann gewinnt das heimliche, und auf Sinnlichkeit beruhende Verständniß eben so sehr an Reitz für die Liebenden selbst, als es an Sträflichkeit vor den Augen der guten Gesellschaft verliert. Diese wird durch die Bürgertugenden, die eine solche edlere Intrigue hervorbringen kann, und durch den Einfluß, den sie auf die Vervielfältigung, Verfeinerung, Erhöhung der geselligen Vergnügungen, so wie auf die Milderung der Sitten überhaupt haben mag, versöhnt: jene, die Liebenden, genießen neben der Befriedigung gröberer Begierden, die ganze Spannung und Unterhaltung des Geistes, welche die Ueberwindung großer Hindernisse, die Besorgung einer heimlichen Verbindung, und das Interesse, was sie an sich selbst nehmen, und andern einflößen, mit sich führen. Der Geist solcher Geschlechtsverbindungen würde sich von der Denkungsart der Griechen, Römer und Araber über diesen Gegenstand hinreichend unterscheiden. Nach diesen Begriffen würden die edleren Verhältnisse zwischen beyden Geschlechtern den Schein eines auf Befriedigung der Ruhmsucht und des Triebes nach Begeisterung

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/73>, abgerufen am 26.04.2024.