rungen beizulegen. Auch deshalb hatten sich die Conci- lien in Credit erhalten, weil die Päpste einen natürlichen Widerwillen dagegen zeigten; alle Oppositionen erhoben von jeher diesen Ruf. Im Jahre 1530 ging Carl ernstlich auf diesen Gedanken ein. Er versprach ein Concilium in einer bestimmten kurzen Frist.
Hatten die Fürsten schon lange in ihren Verwickelun- gen mit dem päpstlichen Stuhle nichts so sehr gewünscht, als einen geistlichen Rückhalt, so bekam Carl in einem Concilium, unter diesen Umständen versammelt, den ge- waltigsten Verbündeten. Auf seine Veranlassung wäre es zusammengetreten, unter seinem Einfluß gehalten worden, er hätte die Beschlüsse desselben zu exequiren bekommen. Nach zwei Seiten hin würden diese gegangen seyn: eben so gut den Papst, wie dessen Gegner würden sie betroffen haben: der alte Gedanke einer Reformation an Haupt und Glie- dern wäre zur Ausführung gekommen: welch ein Ueberge- wicht mußte dieß der weltlichen Macht, vor allem dem Kaiser selber verschaffen!
Es war vernünftig; es war, wenn man will, unver- meidlich, aber es war zugleich sein großes Interesse.
Dem Papst dagegen und seinem Hof konnte nichts Bedenklicheres begegnen. Ich finde, daß bei der ersten ernstlichen Erwähnung eines Conciliums der Preis der sämmtlichen käuflichen Aemter des Hofes um ein bedeu- tendes fiel 1). Man sieht, welche Gefahr darin für den ganzen Zustand zu liegen schien, in dem man sich befand.
1)Lettera anonima all' Arcivescovo Pimpinello (Lettere di principi III, 5.): "Gli ufficii solo con la fama del concilio sono
Kap. III.Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
rungen beizulegen. Auch deshalb hatten ſich die Conci- lien in Credit erhalten, weil die Paͤpſte einen natuͤrlichen Widerwillen dagegen zeigten; alle Oppoſitionen erhoben von jeher dieſen Ruf. Im Jahre 1530 ging Carl ernſtlich auf dieſen Gedanken ein. Er verſprach ein Concilium in einer beſtimmten kurzen Friſt.
Hatten die Fuͤrſten ſchon lange in ihren Verwickelun- gen mit dem paͤpſtlichen Stuhle nichts ſo ſehr gewuͤnſcht, als einen geiſtlichen Ruͤckhalt, ſo bekam Carl in einem Concilium, unter dieſen Umſtaͤnden verſammelt, den ge- waltigſten Verbuͤndeten. Auf ſeine Veranlaſſung waͤre es zuſammengetreten, unter ſeinem Einfluß gehalten worden, er haͤtte die Beſchluͤſſe deſſelben zu exequiren bekommen. Nach zwei Seiten hin wuͤrden dieſe gegangen ſeyn: eben ſo gut den Papſt, wie deſſen Gegner wuͤrden ſie betroffen haben: der alte Gedanke einer Reformation an Haupt und Glie- dern waͤre zur Ausfuͤhrung gekommen: welch ein Ueberge- wicht mußte dieß der weltlichen Macht, vor allem dem Kaiſer ſelber verſchaffen!
Es war vernuͤnftig; es war, wenn man will, unver- meidlich, aber es war zugleich ſein großes Intereſſe.
Dem Papſt dagegen und ſeinem Hof konnte nichts Bedenklicheres begegnen. Ich finde, daß bei der erſten ernſtlichen Erwaͤhnung eines Conciliums der Preis der ſaͤmmtlichen kaͤuflichen Aemter des Hofes um ein bedeu- tendes fiel 1). Man ſieht, welche Gefahr darin fuͤr den ganzen Zuſtand zu liegen ſchien, in dem man ſich befand.
1)Lettera anonima all’ Arcivescovo Pimpinello (Lettere di principi III, 5.): „Gli ufficii solo con la fama del concilio sono
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Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
rungen beizulegen. Auch deshalb hatten ſich die Conci-
lien in Credit erhalten, weil die Paͤpſte einen natuͤrlichen
Widerwillen dagegen zeigten; alle Oppoſitionen erhoben von
jeher dieſen Ruf. Im Jahre 1530 ging Carl ernſtlich auf
dieſen Gedanken ein. Er verſprach ein Concilium in einer
beſtimmten kurzen Friſt.
Hatten die Fuͤrſten ſchon lange in ihren Verwickelun-
gen mit dem paͤpſtlichen Stuhle nichts ſo ſehr gewuͤnſcht,
als einen geiſtlichen Ruͤckhalt, ſo bekam Carl in einem
Concilium, unter dieſen Umſtaͤnden verſammelt, den ge-
waltigſten Verbuͤndeten. Auf ſeine Veranlaſſung waͤre es
zuſammengetreten, unter ſeinem Einfluß gehalten worden,
er haͤtte die Beſchluͤſſe deſſelben zu exequiren bekommen.
Nach zwei Seiten hin wuͤrden dieſe gegangen ſeyn: eben ſo
gut den Papſt, wie deſſen Gegner wuͤrden ſie betroffen haben:
der alte Gedanke einer Reformation an Haupt und Glie-
dern waͤre zur Ausfuͤhrung gekommen: welch ein Ueberge-
wicht mußte dieß der weltlichen Macht, vor allem dem
Kaiſer ſelber verſchaffen!
Es war vernuͤnftig; es war, wenn man will, unver-
meidlich, aber es war zugleich ſein großes Intereſſe.
Dem Papſt dagegen und ſeinem Hof konnte nichts
Bedenklicheres begegnen. Ich finde, daß bei der erſten
ernſtlichen Erwaͤhnung eines Conciliums der Preis der
ſaͤmmtlichen kaͤuflichen Aemter des Hofes um ein bedeu-
tendes fiel 1). Man ſieht, welche Gefahr darin fuͤr den
ganzen Zuſtand zu liegen ſchien, in dem man ſich befand.
1) Lettera anonima all’ Arcivescovo Pimpinello (Lettere di
principi III, 5.): „Gli ufficii solo con la fama del concilio sono
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/140>, abgerufen am 09.05.2024.
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