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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
Tod Pier Luigi's, nicht die Besetzung von Piacenza. Aber
er werde der Welt keinen Zweifel übrig lassen, welche Gesin-
nung er hege 1). Sein einziger Trost war, daß wenigstens
Alessandro Farnese der Cardinal unschuldig und ihm erge-
ben sey. Allmählig ward er inne, daß auch dieser, dem
er ganz vertraute, der die Summe der Geschäfte in Hän-
den hatte, darum nur allzuwohl wußte, und damit einver-
standen war. Diese Entdeckung brach sein Herz. Am
Tage aller Seelen (2ten Nov. 1549) theilte er sie dem
venezianischen Botschafter in bitterem Herzeleid mit. Den
Tag darauf ging er, um sich wo möglich ein wenig zu
zerstreuen, nach seiner Vigna auf dem Monte Cavallo.
Allein er fand keine Ruhe. Er ließ Cardinal Alessandro
rufen: ein Wort gab das andre: der Papst gerieth in die
heftigste Aufwallung: er hat dem Nepoten das Barett aus
den Händen gerissen und es auf die Erde geschleudert 2).
Schon vermuthete der Hof eine Veränderung: man glaubte

1) Hippolyt Cardinal de Ferrare au roi 22 Oct. 1549. Ri-
bier. II, 248. "S. S. m'a asseure, n'avoir en sa vie eu
chose, dont elle tant receu ennuy pour l'opinion qu'elle craint,
qu'on veuille prendre que cecy ait ete de son consentement.
2) Dandolo: Il Revmo. Farnese si risolse di non voler che
casa sua restasse priva di Roma e se ne messe alla forte -- --
S. S. accortasi di questa contra operatione del Rmo. Farnese
me la comunico il di de' morti in gran parte con grandissima
amaritudine et il di dietro la mattina per tempo se ne ando
alla sua vigna di monte Cavallo, per cercar transtullo dove si
incolero per tal causa con esso Revmo. Farnese -- -- Gli fu
trovato tutto l'interiore nettissimo d' havera viver ancor quel-
che anno se non che nel core tre ghioccie di sangue aggia-
ciato,
(was nun wohl ein Irrthum ist) giudicati dal moto della
colera.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
Tod Pier Luigi’s, nicht die Beſetzung von Piacenza. Aber
er werde der Welt keinen Zweifel uͤbrig laſſen, welche Geſin-
nung er hege 1). Sein einziger Troſt war, daß wenigſtens
Aleſſandro Farneſe der Cardinal unſchuldig und ihm erge-
ben ſey. Allmaͤhlig ward er inne, daß auch dieſer, dem
er ganz vertraute, der die Summe der Geſchaͤfte in Haͤn-
den hatte, darum nur allzuwohl wußte, und damit einver-
ſtanden war. Dieſe Entdeckung brach ſein Herz. Am
Tage aller Seelen (2ten Nov. 1549) theilte er ſie dem
venezianiſchen Botſchafter in bitterem Herzeleid mit. Den
Tag darauf ging er, um ſich wo moͤglich ein wenig zu
zerſtreuen, nach ſeiner Vigna auf dem Monte Cavallo.
Allein er fand keine Ruhe. Er ließ Cardinal Aleſſandro
rufen: ein Wort gab das andre: der Papſt gerieth in die
heftigſte Aufwallung: er hat dem Nepoten das Barett aus
den Haͤnden geriſſen und es auf die Erde geſchleudert 2).
Schon vermuthete der Hof eine Veraͤnderung: man glaubte

1) Hippolyt Cardinal de Ferrare au roi 22 Oct. 1549. Ri-
bier. II, 248. „S. S. m’a asseuré, n’avoir en sa vie eu
chose, dont elle tant receu ennuy pour l’opinion qu’elle craint,
qu’on veuille prendre que cecy ait été de son consentement.
2) Dandolo: Il Revmo. Farnese si risolse di non voler che
casa sua restasse priva di Roma e se ne messe alla forte — —
S. S. accortasi di questa contra operatione del Rmo. Farnese
me la comunicò il di de’ morti in gran parte con grandissima
amaritudine et il di dietro la mattina per tempo se ne andò
alla sua vigna di monte Cavallo, per cercar transtullo dove si
incolerò per tal causa con esso Revmo. Farnese — — Gli fu
trovato tutto l’interiore nettissimo d’ havera viver ancor quel-
che anno se non che nel core tre ghioccie di sangue aggia-
ciato,
(was nun wohl ein Irrthum iſt) giudicati dal moto della
colera.
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[268/0294] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. Tod Pier Luigi’s, nicht die Beſetzung von Piacenza. Aber er werde der Welt keinen Zweifel uͤbrig laſſen, welche Geſin- nung er hege 1). Sein einziger Troſt war, daß wenigſtens Aleſſandro Farneſe der Cardinal unſchuldig und ihm erge- ben ſey. Allmaͤhlig ward er inne, daß auch dieſer, dem er ganz vertraute, der die Summe der Geſchaͤfte in Haͤn- den hatte, darum nur allzuwohl wußte, und damit einver- ſtanden war. Dieſe Entdeckung brach ſein Herz. Am Tage aller Seelen (2ten Nov. 1549) theilte er ſie dem venezianiſchen Botſchafter in bitterem Herzeleid mit. Den Tag darauf ging er, um ſich wo moͤglich ein wenig zu zerſtreuen, nach ſeiner Vigna auf dem Monte Cavallo. Allein er fand keine Ruhe. Er ließ Cardinal Aleſſandro rufen: ein Wort gab das andre: der Papſt gerieth in die heftigſte Aufwallung: er hat dem Nepoten das Barett aus den Haͤnden geriſſen und es auf die Erde geſchleudert 2). Schon vermuthete der Hof eine Veraͤnderung: man glaubte 1) Hippolyt Cardinal de Ferrare au roi 22 Oct. 1549. Ri- bier. II, 248. „S. S. m’a asseuré, n’avoir en sa vie eu chose, dont elle tant receu ennuy pour l’opinion qu’elle craint, qu’on veuille prendre que cecy ait été de son consentement. 2) Dandolo: Il Revmo. Farnese si risolse di non voler che casa sua restasse priva di Roma e se ne messe alla forte — — S. S. accortasi di questa contra operatione del Rmo. Farnese me la comunicò il di de’ morti in gran parte con grandissima amaritudine et il di dietro la mattina per tempo se ne andò alla sua vigna di monte Cavallo, per cercar transtullo dove si incolerò per tal causa con esso Revmo. Farnese — — Gli fu trovato tutto l’interiore nettissimo d’ havera viver ancor quel- che anno se non che nel core tre ghioccie di sangue aggia- ciato, (was nun wohl ein Irrthum iſt) giudicati dal moto della colera.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/294>, abgerufen am 27.04.2024.