Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortgang derselben in Deutschland. Cöln.
in der That zuletzt die Auflösung des pfälzischen Heeres
bewirkten. Als es so weit war, erschienen auch die Spa-
nier. Im Sommer 1583 noch hatten sie Zütphen erobert:
jetzt rückten viertehalbtausend belgische Veteranen in das
Erzstift ein. So vielen Feinden erlag Gebhard Truchseß:
seine Truppen wollten wider ein kaiserliches Mandat nicht
dienen: seine Hauptfeste ergab sich dem baierisch-spanischen
Heere: er selbst mußte flüchten und bei dem Prinzen von
Oranien, dem er als ein Vorfechter des Protestantismus
zur Seite zu stehn gehofft hatte, einen Gnadenaufenthalt
suchen.

Wie sich versteht, hatte dieß nun auf die vollkommene
Befestigung des Katholicismus in dem Lande den größten
Einfluß. Gleich im ersten Augenblick der Unruhen hatte
die Geistlichkeit des Stiftes die Zwistigkeiten, die in ihr
selbst obwalten mochten, fahren lassen: der Nuntius entfernte
alle verdächtigen Mitglieder: mitten im Getümmel der Waf-
fen richtete man eine Jesuitenkirche ein: nach erfochtenem
Siege brauchte man dann nur so fortzufahren. Auch Truch-
seß hatte in Westphalen die katholischen Geistlichen verjagt:
sie kehrten nun, wie die übrigen Flüchtlinge, alle zurück und
wurden in hohen Ehren gehalten 1). Die evangelischen
Domherrn blieben von dem Stifte ausgeschlossen, und er-
hielten sogar, was unerhört war, ihr Einkommen nicht
wieder. Zwar mußten die päpstlichen Nuntien auch mit
den katholischen glimpflich verfahren: wohl wußte das Papst

1) "Churfürst Ernst", sagt Khevenhiller, "hat sowol die ka-
tholische Religion als das weltlich Regiment aufs neu, alt Herkom-
men gemäß, bestellt."
Päpste* 8

Fortgang derſelben in Deutſchland. Coͤln.
in der That zuletzt die Aufloͤſung des pfaͤlziſchen Heeres
bewirkten. Als es ſo weit war, erſchienen auch die Spa-
nier. Im Sommer 1583 noch hatten ſie Zuͤtphen erobert:
jetzt ruͤckten viertehalbtauſend belgiſche Veteranen in das
Erzſtift ein. So vielen Feinden erlag Gebhard Truchſeß:
ſeine Truppen wollten wider ein kaiſerliches Mandat nicht
dienen: ſeine Hauptfeſte ergab ſich dem baieriſch-ſpaniſchen
Heere: er ſelbſt mußte fluͤchten und bei dem Prinzen von
Oranien, dem er als ein Vorfechter des Proteſtantismus
zur Seite zu ſtehn gehofft hatte, einen Gnadenaufenthalt
ſuchen.

Wie ſich verſteht, hatte dieß nun auf die vollkommene
Befeſtigung des Katholicismus in dem Lande den groͤßten
Einfluß. Gleich im erſten Augenblick der Unruhen hatte
die Geiſtlichkeit des Stiftes die Zwiſtigkeiten, die in ihr
ſelbſt obwalten mochten, fahren laſſen: der Nuntius entfernte
alle verdaͤchtigen Mitglieder: mitten im Getuͤmmel der Waf-
fen richtete man eine Jeſuitenkirche ein: nach erfochtenem
Siege brauchte man dann nur ſo fortzufahren. Auch Truch-
ſeß hatte in Weſtphalen die katholiſchen Geiſtlichen verjagt:
ſie kehrten nun, wie die uͤbrigen Fluͤchtlinge, alle zuruͤck und
wurden in hohen Ehren gehalten 1). Die evangeliſchen
Domherrn blieben von dem Stifte ausgeſchloſſen, und er-
hielten ſogar, was unerhoͤrt war, ihr Einkommen nicht
wieder. Zwar mußten die paͤpſtlichen Nuntien auch mit
den katholiſchen glimpflich verfahren: wohl wußte das Papſt

1) „Churfuͤrſt Ernſt“, ſagt Khevenhiller, „hat ſowol die ka-
tholiſche Religion als das weltlich Regiment aufs neu, alt Herkom-
men gemaͤß, beſtellt.“
Päpſte* 8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="113"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortgang der&#x017F;elben in Deut&#x017F;chland. Co&#x0364;ln</hi>.</fw><lb/>
in der That zuletzt die Auflo&#x0364;&#x017F;ung des pfa&#x0364;lzi&#x017F;chen Heeres<lb/>
bewirkten. Als es &#x017F;o weit war, er&#x017F;chienen auch die Spa-<lb/>
nier. Im Sommer 1583 noch hatten &#x017F;ie Zu&#x0364;tphen erobert:<lb/>
jetzt ru&#x0364;ckten viertehalbtau&#x017F;end belgi&#x017F;che Veteranen in das<lb/>
Erz&#x017F;tift ein. So vielen Feinden erlag Gebhard Truch&#x017F;eß:<lb/>
&#x017F;eine Truppen wollten wider ein kai&#x017F;erliches Mandat nicht<lb/>
dienen: &#x017F;eine Hauptfe&#x017F;te ergab &#x017F;ich dem baieri&#x017F;ch-&#x017F;pani&#x017F;chen<lb/>
Heere: er &#x017F;elb&#x017F;t mußte flu&#x0364;chten und bei dem Prinzen von<lb/>
Oranien, dem er als ein Vorfechter des Prote&#x017F;tantismus<lb/>
zur Seite zu &#x017F;tehn gehofft hatte, einen Gnadenaufenthalt<lb/>
&#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;ich ver&#x017F;teht, hatte dieß nun auf die vollkommene<lb/>
Befe&#x017F;tigung des Katholicismus in dem Lande den gro&#x0364;ßten<lb/>
Einfluß. Gleich im er&#x017F;ten Augenblick der Unruhen hatte<lb/>
die Gei&#x017F;tlichkeit des Stiftes die Zwi&#x017F;tigkeiten, die in ihr<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t obwalten mochten, fahren la&#x017F;&#x017F;en: der Nuntius entfernte<lb/>
alle verda&#x0364;chtigen Mitglieder: mitten im Getu&#x0364;mmel der Waf-<lb/>
fen richtete man eine Je&#x017F;uitenkirche ein: nach erfochtenem<lb/>
Siege brauchte man dann nur &#x017F;o fortzufahren. Auch Truch-<lb/>
&#x017F;eß hatte in We&#x017F;tphalen die katholi&#x017F;chen Gei&#x017F;tlichen verjagt:<lb/>
&#x017F;ie kehrten nun, wie die u&#x0364;brigen Flu&#x0364;chtlinge, alle zuru&#x0364;ck und<lb/>
wurden in hohen Ehren gehalten <note place="foot" n="1)">&#x201E;Churfu&#x0364;r&#x017F;t Ern&#x017F;t&#x201C;, &#x017F;agt Khevenhiller, &#x201E;hat &#x017F;owol die ka-<lb/>
tholi&#x017F;che Religion als das weltlich Regiment aufs neu, alt Herkom-<lb/>
men gema&#x0364;ß, be&#x017F;tellt.&#x201C;</note>. Die evangeli&#x017F;chen<lb/>
Domherrn blieben von dem Stifte ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und er-<lb/>
hielten &#x017F;ogar, was unerho&#x0364;rt war, ihr Einkommen nicht<lb/>
wieder. Zwar mußten die pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Nuntien auch mit<lb/>
den katholi&#x017F;chen glimpflich verfahren: wohl wußte das Pap&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Päp&#x017F;te* 8</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0125] Fortgang derſelben in Deutſchland. Coͤln. in der That zuletzt die Aufloͤſung des pfaͤlziſchen Heeres bewirkten. Als es ſo weit war, erſchienen auch die Spa- nier. Im Sommer 1583 noch hatten ſie Zuͤtphen erobert: jetzt ruͤckten viertehalbtauſend belgiſche Veteranen in das Erzſtift ein. So vielen Feinden erlag Gebhard Truchſeß: ſeine Truppen wollten wider ein kaiſerliches Mandat nicht dienen: ſeine Hauptfeſte ergab ſich dem baieriſch-ſpaniſchen Heere: er ſelbſt mußte fluͤchten und bei dem Prinzen von Oranien, dem er als ein Vorfechter des Proteſtantismus zur Seite zu ſtehn gehofft hatte, einen Gnadenaufenthalt ſuchen. Wie ſich verſteht, hatte dieß nun auf die vollkommene Befeſtigung des Katholicismus in dem Lande den groͤßten Einfluß. Gleich im erſten Augenblick der Unruhen hatte die Geiſtlichkeit des Stiftes die Zwiſtigkeiten, die in ihr ſelbſt obwalten mochten, fahren laſſen: der Nuntius entfernte alle verdaͤchtigen Mitglieder: mitten im Getuͤmmel der Waf- fen richtete man eine Jeſuitenkirche ein: nach erfochtenem Siege brauchte man dann nur ſo fortzufahren. Auch Truch- ſeß hatte in Weſtphalen die katholiſchen Geiſtlichen verjagt: ſie kehrten nun, wie die uͤbrigen Fluͤchtlinge, alle zuruͤck und wurden in hohen Ehren gehalten 1). Die evangeliſchen Domherrn blieben von dem Stifte ausgeſchloſſen, und er- hielten ſogar, was unerhoͤrt war, ihr Einkommen nicht wieder. Zwar mußten die paͤpſtlichen Nuntien auch mit den katholiſchen glimpflich verfahren: wohl wußte das Papſt 1) „Churfuͤrſt Ernſt“, ſagt Khevenhiller, „hat ſowol die ka- tholiſche Religion als das weltlich Regiment aufs neu, alt Herkom- men gemaͤß, beſtellt.“ Päpſte* 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/125
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/125>, abgerufen am 04.05.2024.