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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Fortgang derselben in Deutschland. Oestreich.
heran. Der Kaiser war entschlossen dieß Fest auf das
feierlichste zu begehn. Nachdem er die Messe in St. Ste-
phan gehört, begann die Procession, die erste die man seit
langer Zeit wieder sah: Priester, Ordensbrüder, Zünfte, in
ihrer Mitte der Kaiser und die Prinzen: so ward das Hoch-
würdige durch die Straßen begleitet. Plötzlich aber zeigte
sich, welch eine ungemeine Aufregung in der Stadt herrschte.
Als man auf den Bauernmarkt kam, mußten einige Bu-
den weggeräumt werden, um der Procession Platz zu ma-
chen. Nichts weiter bedurfte es, um eine allgemeine Ver-
wirrung hervorzubringen. Man hörte den Ruf: wir sind
verrathen: zu den Waffen! Chorknaben und Priester ver-
ließen das Hochwürdige: Hallbardierer und Hartschirer zer-
streuten sich: der Kaiser sah sich in der Mitte einer toben-
den Menge: er fürchtete einen Angriff auf seine Person
und legte die Hand an den Degen: die Prinzen traten mit
gezogenem Schwert um ihn her 1). -- Man kann erach-
ten, daß dieser Vorfall den größten Eindruck auf den
ernsthaften Fürsten hervorbringen mußte, der spanische
Würde und Majestät liebte. Der päpstliche Nuntius
nahm davon Gelegenheit ihm die Gefahr vorzustellen in
der er bei diesem Zustand der Dinge schwebe: Gott selbst
zeige ihm darin, wie nothwendig es für ihn sei Versprechun-
gen zu erfüllen, die er ohnehin dem Papst gethan. Der
spanische Gesandte stimmte ihm bei. Oftmals hatte der
Jesuitenprovinzial Magius den Kaiser zu einer entscheiden-
den Maaßregel aufgefordert: jetzt fand er Gehör. Am 21.

1) Maffei: Annali di Gregorio XIII tom. I, p. 281, 335. ohne
Zweifel aus den Berichten des Nuntius.

Fortgang derſelben in Deutſchland. Oeſtreich.
heran. Der Kaiſer war entſchloſſen dieß Feſt auf das
feierlichſte zu begehn. Nachdem er die Meſſe in St. Ste-
phan gehoͤrt, begann die Proceſſion, die erſte die man ſeit
langer Zeit wieder ſah: Prieſter, Ordensbruͤder, Zuͤnfte, in
ihrer Mitte der Kaiſer und die Prinzen: ſo ward das Hoch-
wuͤrdige durch die Straßen begleitet. Ploͤtzlich aber zeigte
ſich, welch eine ungemeine Aufregung in der Stadt herrſchte.
Als man auf den Bauernmarkt kam, mußten einige Bu-
den weggeraͤumt werden, um der Proceſſion Platz zu ma-
chen. Nichts weiter bedurfte es, um eine allgemeine Ver-
wirrung hervorzubringen. Man hoͤrte den Ruf: wir ſind
verrathen: zu den Waffen! Chorknaben und Prieſter ver-
ließen das Hochwuͤrdige: Hallbardierer und Hartſchirer zer-
ſtreuten ſich: der Kaiſer ſah ſich in der Mitte einer toben-
den Menge: er fuͤrchtete einen Angriff auf ſeine Perſon
und legte die Hand an den Degen: die Prinzen traten mit
gezogenem Schwert um ihn her 1). — Man kann erach-
ten, daß dieſer Vorfall den groͤßten Eindruck auf den
ernſthaften Fuͤrſten hervorbringen mußte, der ſpaniſche
Wuͤrde und Majeſtaͤt liebte. Der paͤpſtliche Nuntius
nahm davon Gelegenheit ihm die Gefahr vorzuſtellen in
der er bei dieſem Zuſtand der Dinge ſchwebe: Gott ſelbſt
zeige ihm darin, wie nothwendig es fuͤr ihn ſei Verſprechun-
gen zu erfuͤllen, die er ohnehin dem Papſt gethan. Der
ſpaniſche Geſandte ſtimmte ihm bei. Oftmals hatte der
Jeſuitenprovinzial Magius den Kaiſer zu einer entſcheiden-
den Maaßregel aufgefordert: jetzt fand er Gehoͤr. Am 21.

1) Maffei: Annali di Gregorio XIII tom. I, p. 281, 335. ohne
Zweifel aus den Berichten des Nuntius.
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[125/0137] Fortgang derſelben in Deutſchland. Oeſtreich. heran. Der Kaiſer war entſchloſſen dieß Feſt auf das feierlichſte zu begehn. Nachdem er die Meſſe in St. Ste- phan gehoͤrt, begann die Proceſſion, die erſte die man ſeit langer Zeit wieder ſah: Prieſter, Ordensbruͤder, Zuͤnfte, in ihrer Mitte der Kaiſer und die Prinzen: ſo ward das Hoch- wuͤrdige durch die Straßen begleitet. Ploͤtzlich aber zeigte ſich, welch eine ungemeine Aufregung in der Stadt herrſchte. Als man auf den Bauernmarkt kam, mußten einige Bu- den weggeraͤumt werden, um der Proceſſion Platz zu ma- chen. Nichts weiter bedurfte es, um eine allgemeine Ver- wirrung hervorzubringen. Man hoͤrte den Ruf: wir ſind verrathen: zu den Waffen! Chorknaben und Prieſter ver- ließen das Hochwuͤrdige: Hallbardierer und Hartſchirer zer- ſtreuten ſich: der Kaiſer ſah ſich in der Mitte einer toben- den Menge: er fuͤrchtete einen Angriff auf ſeine Perſon und legte die Hand an den Degen: die Prinzen traten mit gezogenem Schwert um ihn her 1). — Man kann erach- ten, daß dieſer Vorfall den groͤßten Eindruck auf den ernſthaften Fuͤrſten hervorbringen mußte, der ſpaniſche Wuͤrde und Majeſtaͤt liebte. Der paͤpſtliche Nuntius nahm davon Gelegenheit ihm die Gefahr vorzuſtellen in der er bei dieſem Zuſtand der Dinge ſchwebe: Gott ſelbſt zeige ihm darin, wie nothwendig es fuͤr ihn ſei Verſprechun- gen zu erfuͤllen, die er ohnehin dem Papſt gethan. Der ſpaniſche Geſandte ſtimmte ihm bei. Oftmals hatte der Jeſuitenprovinzial Magius den Kaiſer zu einer entſcheiden- den Maaßregel aufgefordert: jetzt fand er Gehoͤr. Am 21. 1) Maffei: Annali di Gregorio XIII tom. I, p. 281, 335. ohne Zweifel aus den Berichten des Nuntius.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/137>, abgerufen am 20.05.2024.