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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Verwaltung der Kirche.
nichts anders als das Verderben der Landpfarren, die Ver-
wahrlosung des gemeinen Volkes erfolgen.

Weit besser war es doch in der That, daß man in
der protestantischen Kirche das Ueberflüssige von allem An-
fange beseitigt hatte, und nun wenigstens Ordnung und
Recht walten ließ.

Allerdings bewirkten die Reichthümer der katholischen
Kirche und der weltliche Rang, zu welchem eine Stellung
in derselben erhob, daß sich die hohe Aristokratie ihr wid-
mete; Papst Alexander hatte sogar die Maxime vorzugs-
weise Leute von guter Geburt zu befördern; er hegte die
sonderbare Meinung, da es schon den Fürsten der Erde
angenehm sey, Diener von vornehmer Herkunft um sich zu
sehen, so müsse es auch Gott gefallen, wenn sein Dienst
von Personen vollzogen werde welche über die andern er-
haben seyen. Aber gewiß das war nicht der Weg auf wel-
chem die Kirche sich in frühern Jahrhunderten erhoben,
es war selbst der nicht auf welchem sie sich in den letzten
Zeiten restaurirt hatte. Die Klöster und Congregationen,
die so viel zur Wiederaufnahme des Katholicismus bei-
getragen, ließ man dagegen in Verachtung gerathen. Die
Nepoten mochten Niemand der durch Klosterverpflichtun-
gen gebunden war, schon darum weil ein solcher ihnen
nicht so unaufhörlich den Hof machen konnte. Bei den
Concurrenzen behielten jetzt in der Regel die Weltgeistli-
chen den Platz, auch wenn sie in Verdiensten oder Gelehr-
samkeit nachstanden. "Man scheint dafür zu halten," sagt
Grimani, "das Bisthum oder gar der Purpur werde be-
schimpft, wenn man sie einem Klosterbruder ertheile." Er

Verwaltung der Kirche.
nichts anders als das Verderben der Landpfarren, die Ver-
wahrloſung des gemeinen Volkes erfolgen.

Weit beſſer war es doch in der That, daß man in
der proteſtantiſchen Kirche das Ueberfluͤſſige von allem An-
fange beſeitigt hatte, und nun wenigſtens Ordnung und
Recht walten ließ.

Allerdings bewirkten die Reichthuͤmer der katholiſchen
Kirche und der weltliche Rang, zu welchem eine Stellung
in derſelben erhob, daß ſich die hohe Ariſtokratie ihr wid-
mete; Papſt Alexander hatte ſogar die Maxime vorzugs-
weiſe Leute von guter Geburt zu befoͤrdern; er hegte die
ſonderbare Meinung, da es ſchon den Fuͤrſten der Erde
angenehm ſey, Diener von vornehmer Herkunft um ſich zu
ſehen, ſo muͤſſe es auch Gott gefallen, wenn ſein Dienſt
von Perſonen vollzogen werde welche uͤber die andern er-
haben ſeyen. Aber gewiß das war nicht der Weg auf wel-
chem die Kirche ſich in fruͤhern Jahrhunderten erhoben,
es war ſelbſt der nicht auf welchem ſie ſich in den letzten
Zeiten reſtaurirt hatte. Die Kloͤſter und Congregationen,
die ſo viel zur Wiederaufnahme des Katholicismus bei-
getragen, ließ man dagegen in Verachtung gerathen. Die
Nepoten mochten Niemand der durch Kloſterverpflichtun-
gen gebunden war, ſchon darum weil ein ſolcher ihnen
nicht ſo unaufhoͤrlich den Hof machen konnte. Bei den
Concurrenzen behielten jetzt in der Regel die Weltgeiſtli-
chen den Platz, auch wenn ſie in Verdienſten oder Gelehr-
ſamkeit nachſtanden. „Man ſcheint dafuͤr zu halten,“ ſagt
Grimani, „das Bisthum oder gar der Purpur werde be-
ſchimpft, wenn man ſie einem Kloſterbruder ertheile.“ Er

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[119/0131] Verwaltung der Kirche. nichts anders als das Verderben der Landpfarren, die Ver- wahrloſung des gemeinen Volkes erfolgen. Weit beſſer war es doch in der That, daß man in der proteſtantiſchen Kirche das Ueberfluͤſſige von allem An- fange beſeitigt hatte, und nun wenigſtens Ordnung und Recht walten ließ. Allerdings bewirkten die Reichthuͤmer der katholiſchen Kirche und der weltliche Rang, zu welchem eine Stellung in derſelben erhob, daß ſich die hohe Ariſtokratie ihr wid- mete; Papſt Alexander hatte ſogar die Maxime vorzugs- weiſe Leute von guter Geburt zu befoͤrdern; er hegte die ſonderbare Meinung, da es ſchon den Fuͤrſten der Erde angenehm ſey, Diener von vornehmer Herkunft um ſich zu ſehen, ſo muͤſſe es auch Gott gefallen, wenn ſein Dienſt von Perſonen vollzogen werde welche uͤber die andern er- haben ſeyen. Aber gewiß das war nicht der Weg auf wel- chem die Kirche ſich in fruͤhern Jahrhunderten erhoben, es war ſelbſt der nicht auf welchem ſie ſich in den letzten Zeiten reſtaurirt hatte. Die Kloͤſter und Congregationen, die ſo viel zur Wiederaufnahme des Katholicismus bei- getragen, ließ man dagegen in Verachtung gerathen. Die Nepoten mochten Niemand der durch Kloſterverpflichtun- gen gebunden war, ſchon darum weil ein ſolcher ihnen nicht ſo unaufhoͤrlich den Hof machen konnte. Bei den Concurrenzen behielten jetzt in der Regel die Weltgeiſtli- chen den Platz, auch wenn ſie in Verdienſten oder Gelehr- ſamkeit nachſtanden. „Man ſcheint dafuͤr zu halten,“ ſagt Grimani, „das Bisthum oder gar der Purpur werde be- ſchimpft, wenn man ſie einem Kloſterbruder ertheile.“ Er

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/131>, abgerufen am 15.05.2024.