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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Spätere Epochen.

Nach dem frühen Tode Alexanders VIII. wandten die
Franzosen alles an, um einen friedfertigen, zur Versöhnung
geneigten Mann zum Papst zu bekommen 1): wie ihnen
das auch mit Antonio Pignatelli -- Innocenz XII. -- ge-
lang (12. Juli 1691).

Der Würde des päpstlichen Stuhles etwas zu verge-
ben, hatte jedoch auch dieser Papst eben so wenig Neigung
als irgend dringende Veranlassung, da die verbündeten
Waffen Ludwig XIV. so ernstlich und drohend beschäftigten.

Zwei Jahre lang ward unterhandelt. Innocenz ver-
warf mehr als einmal die von den französischen Geistlichen
ihm vorgeschlagenen Formeln. Endlich mußten sie doch in
der That erklären, daß alles was in jener Assemblee berathen
und beschlossen worden, als nicht berathen und nicht be-
schlossen angesehen seyn solle: "niedergeworfen zu den Fü-
ßen Ew. Heiligkeit bekennen wir unsern unaussprechlichen
Schmerz darüber" 2). Erst nach einem so unbeschränkten
Widerrufe gab ihnen Innocenz die canonische Institution.

Nur unter diesen Bedingungen ward der Friede her-
gestellt. Ludwig XIV. schrieb dem Papst, daß er seine auf
die 4 Artikel gegründeten Befehle zurücknehme. Wir se-

1) Domenico Contarini: Relatione di Roma 1696: Te-
nendosi questa volta da Francesi bisogno d'un papa facile e
d'animo assai rimesso e che potesse facilmente esser indotto a
modificare la bolla fatta nell' agonia di Alessandro VIII sopra
le propositioni dell' assemblea del clero dell'anno 1682, diedero
mano alla elettione di esso.
2) Man hat zwar behauptet, und unter andern Petitot (No-
tice sur Portroyal p.
240) ist der Meinung, daß dieses Schreiben
von den Jansenisten erfunden sey, pour repandre du ridicule
et de l'odieux sur les nouveaux eveques;
-- aber einmal hat
Buch VIII. Spaͤtere Epochen.

Nach dem fruͤhen Tode Alexanders VIII. wandten die
Franzoſen alles an, um einen friedfertigen, zur Verſoͤhnung
geneigten Mann zum Papſt zu bekommen 1): wie ihnen
das auch mit Antonio Pignatelli — Innocenz XII. — ge-
lang (12. Juli 1691).

Der Wuͤrde des paͤpſtlichen Stuhles etwas zu verge-
ben, hatte jedoch auch dieſer Papſt eben ſo wenig Neigung
als irgend dringende Veranlaſſung, da die verbuͤndeten
Waffen Ludwig XIV. ſo ernſtlich und drohend beſchaͤftigten.

Zwei Jahre lang ward unterhandelt. Innocenz ver-
warf mehr als einmal die von den franzoͤſiſchen Geiſtlichen
ihm vorgeſchlagenen Formeln. Endlich mußten ſie doch in
der That erklaͤren, daß alles was in jener Aſſemblee berathen
und beſchloſſen worden, als nicht berathen und nicht be-
ſchloſſen angeſehen ſeyn ſolle: „niedergeworfen zu den Fuͤ-
ßen Ew. Heiligkeit bekennen wir unſern unausſprechlichen
Schmerz daruͤber“ 2). Erſt nach einem ſo unbeſchraͤnkten
Widerrufe gab ihnen Innocenz die canoniſche Inſtitution.

Nur unter dieſen Bedingungen ward der Friede her-
geſtellt. Ludwig XIV. ſchrieb dem Papſt, daß er ſeine auf
die 4 Artikel gegruͤndeten Befehle zuruͤcknehme. Wir ſe-

1) Domenico Contarini: Relatione di Roma 1696: Te-
nendosi questa volta da Francesi bisogno d’un papa facile e
d’animo assai rimesso e che potesse facilmente esser indotto a
modificare la bolla fatta nell’ agonia di Alessandro VIII sopra
le propositioni dell’ assemblea del clero dell’anno 1682, diedero
mano alla elettione di esso.
2) Man hat zwar behauptet, und unter andern Petitot (No-
tice sur Portroyal p.
240) iſt der Meinung, daß dieſes Schreiben
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[170/0182] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. Nach dem fruͤhen Tode Alexanders VIII. wandten die Franzoſen alles an, um einen friedfertigen, zur Verſoͤhnung geneigten Mann zum Papſt zu bekommen 1): wie ihnen das auch mit Antonio Pignatelli — Innocenz XII. — ge- lang (12. Juli 1691). Der Wuͤrde des paͤpſtlichen Stuhles etwas zu verge- ben, hatte jedoch auch dieſer Papſt eben ſo wenig Neigung als irgend dringende Veranlaſſung, da die verbuͤndeten Waffen Ludwig XIV. ſo ernſtlich und drohend beſchaͤftigten. Zwei Jahre lang ward unterhandelt. Innocenz ver- warf mehr als einmal die von den franzoͤſiſchen Geiſtlichen ihm vorgeſchlagenen Formeln. Endlich mußten ſie doch in der That erklaͤren, daß alles was in jener Aſſemblee berathen und beſchloſſen worden, als nicht berathen und nicht be- ſchloſſen angeſehen ſeyn ſolle: „niedergeworfen zu den Fuͤ- ßen Ew. Heiligkeit bekennen wir unſern unausſprechlichen Schmerz daruͤber“ 2). Erſt nach einem ſo unbeſchraͤnkten Widerrufe gab ihnen Innocenz die canoniſche Inſtitution. Nur unter dieſen Bedingungen ward der Friede her- geſtellt. Ludwig XIV. ſchrieb dem Papſt, daß er ſeine auf die 4 Artikel gegruͤndeten Befehle zuruͤcknehme. Wir ſe- 1) Domenico Contarini: Relatione di Roma 1696: Te- nendosi questa volta da Francesi bisogno d’un papa facile e d’animo assai rimesso e che potesse facilmente esser indotto a modificare la bolla fatta nell’ agonia di Alessandro VIII sopra le propositioni dell’ assemblea del clero dell’anno 1682, diedero mano alla elettione di esso. 2) Man hat zwar behauptet, und unter andern Petitot (No- tice sur Portroyal p. 240) iſt der Meinung, daß dieſes Schreiben von den Janſeniſten erfunden ſey, pour répandre du ridicule et de l’odieux sur les nouveaux évêques; — aber einmal hat

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/182>, abgerufen am 12.05.2024.