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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Commission den Grundsatz aus, mit dem Papstthume sey
ein Fürstenthum verknüpft, aus dessen Ueberschuß oder Er-
sparnissen der Papst seine Angehörigen beschenken könne.
Hierauf erwog sie die Verhältnisse dieses Fürstenthums,
um zu bestimmen, wie weit der Papst gehn dürfe. Nach-
dem alles berechnet worden, urtheilte sie, der Papst könne
mit gutem Gewissen ein Majorat von 80000 Scudi rei-
nem Einkommen und überdieß noch eine Secundogenitur
in seinem Hause stiften; die Aussteuer der Töchter werde
sich auf 180000 Sc. belaufen dürfen. Auch der Jesuiten-
general Vitelleschi, denn in allen Dingen müssen die Jesui-
ten ihre Hand haben, ward um seine Meinung befragt: er
fand diese Bestimmungen mäßig und gab ihnen Beifall.

Dergestalt erhoben sich von Pontificat zu Pontificat
immer neue Geschlechter zu erblicher Macht: sie stiegen un-
mittelbar in den Rang der hohen Aristokratie des Landes
auf, den man ihnen willig zuerkannte.

Natürlich konnte es unter ihnen nicht an Reibun-
gen fehlen. Der Gegensatz zwischen Vorgängern und Nach-
folgern, der früher von den Factionen des Conclave abge-
hangen, stellte sich jetzt in den Nepoten dar. Das zur
Herrschaft gelangte neue Geschlecht hielt eifersüchtig über
seine höchste Würde, und verhängte in der Regel Feindse-
ligkeiten ja Verfolgungen über das zunächst vorhergegan-
gene. So vielen Antheil auch die Aldobrandini an der Er-
hebung Pauls V. gehabt, so wurden sie doch von den An-
gehörigen desselben bei Seite gesetzt, angefeindet, mit kost-
spieligen und gefährlichen Processen heimgesucht 1): sie nann-

1) Ein Beispiel in der Vita del Cl Cecchini. S. d. Anhang.

Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Commiſſion den Grundſatz aus, mit dem Papſtthume ſey
ein Fuͤrſtenthum verknuͤpft, aus deſſen Ueberſchuß oder Er-
ſparniſſen der Papſt ſeine Angehoͤrigen beſchenken koͤnne.
Hierauf erwog ſie die Verhaͤltniſſe dieſes Fuͤrſtenthums,
um zu beſtimmen, wie weit der Papſt gehn duͤrfe. Nach-
dem alles berechnet worden, urtheilte ſie, der Papſt koͤnne
mit gutem Gewiſſen ein Majorat von 80000 Scudi rei-
nem Einkommen und uͤberdieß noch eine Secundogenitur
in ſeinem Hauſe ſtiften; die Ausſteuer der Toͤchter werde
ſich auf 180000 Sc. belaufen duͤrfen. Auch der Jeſuiten-
general Vitelleschi, denn in allen Dingen muͤſſen die Jeſui-
ten ihre Hand haben, ward um ſeine Meinung befragt: er
fand dieſe Beſtimmungen maͤßig und gab ihnen Beifall.

Dergeſtalt erhoben ſich von Pontificat zu Pontificat
immer neue Geſchlechter zu erblicher Macht: ſie ſtiegen un-
mittelbar in den Rang der hohen Ariſtokratie des Landes
auf, den man ihnen willig zuerkannte.

Natuͤrlich konnte es unter ihnen nicht an Reibun-
gen fehlen. Der Gegenſatz zwiſchen Vorgaͤngern und Nach-
folgern, der fruͤher von den Factionen des Conclave abge-
hangen, ſtellte ſich jetzt in den Nepoten dar. Das zur
Herrſchaft gelangte neue Geſchlecht hielt eiferſuͤchtig uͤber
ſeine hoͤchſte Wuͤrde, und verhaͤngte in der Regel Feindſe-
ligkeiten ja Verfolgungen uͤber das zunaͤchſt vorhergegan-
gene. So vielen Antheil auch die Aldobrandini an der Er-
hebung Pauls V. gehabt, ſo wurden ſie doch von den An-
gehoͤrigen deſſelben bei Seite geſetzt, angefeindet, mit koſt-
ſpieligen und gefaͤhrlichen Proceſſen heimgeſucht 1): ſie nann-

1) Ein Beiſpiel in der Vita del Cl Cecchini. S. d. Anhang.
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[24/0036] Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. Commiſſion den Grundſatz aus, mit dem Papſtthume ſey ein Fuͤrſtenthum verknuͤpft, aus deſſen Ueberſchuß oder Er- ſparniſſen der Papſt ſeine Angehoͤrigen beſchenken koͤnne. Hierauf erwog ſie die Verhaͤltniſſe dieſes Fuͤrſtenthums, um zu beſtimmen, wie weit der Papſt gehn duͤrfe. Nach- dem alles berechnet worden, urtheilte ſie, der Papſt koͤnne mit gutem Gewiſſen ein Majorat von 80000 Scudi rei- nem Einkommen und uͤberdieß noch eine Secundogenitur in ſeinem Hauſe ſtiften; die Ausſteuer der Toͤchter werde ſich auf 180000 Sc. belaufen duͤrfen. Auch der Jeſuiten- general Vitelleschi, denn in allen Dingen muͤſſen die Jeſui- ten ihre Hand haben, ward um ſeine Meinung befragt: er fand dieſe Beſtimmungen maͤßig und gab ihnen Beifall. Dergeſtalt erhoben ſich von Pontificat zu Pontificat immer neue Geſchlechter zu erblicher Macht: ſie ſtiegen un- mittelbar in den Rang der hohen Ariſtokratie des Landes auf, den man ihnen willig zuerkannte. Natuͤrlich konnte es unter ihnen nicht an Reibun- gen fehlen. Der Gegenſatz zwiſchen Vorgaͤngern und Nach- folgern, der fruͤher von den Factionen des Conclave abge- hangen, ſtellte ſich jetzt in den Nepoten dar. Das zur Herrſchaft gelangte neue Geſchlecht hielt eiferſuͤchtig uͤber ſeine hoͤchſte Wuͤrde, und verhaͤngte in der Regel Feindſe- ligkeiten ja Verfolgungen uͤber das zunaͤchſt vorhergegan- gene. So vielen Antheil auch die Aldobrandini an der Er- hebung Pauls V. gehabt, ſo wurden ſie doch von den An- gehoͤrigen deſſelben bei Seite geſetzt, angefeindet, mit koſt- ſpieligen und gefaͤhrlichen Proceſſen heimgeſucht 1): ſie nann- 1) Ein Beiſpiel in der Vita del Cl Cecchini. S. d. Anhang.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/36>, abgerufen am 29.04.2024.