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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Folgen des Reichstags zu Augsburg. 1503.
die Stände an seinen Hof zu kommen und sich mit ihm
über Türkenhülfe und Reichsregiment zu besprechen einlud. 1

Von der königlichen Versammlung findet sich keine
Spur; die churfürstliche aber kam allerdings, im Juny 1503,
zu Mainz zu Stande, nur sieht man nicht wie zahlreich
sie war. Von Reichswegen wurde hier Widerspruch ge-
gen das Verfahren Maximilians erhoben. Da von sei-
nem Regiment nichts zu fürchten war, denn er selber mußte
gestehn, es sey ihm nicht gelungen geeignete Mitglieder zu
gewinnen, so begnügte sich die Versammlung sein Gericht
anzugreifen. Sie erklärte ihm, daß sich kein Fürst des
Reiches dazu verstehen werde, vor demselben Rechtfertigung
zu thun oder zu leiden. Sie erinnerte ihn an die Ord-
nungen, zu Worms und Augsburg aufgerichtet, und fo-
derte ihn auf, es dabei bleiben zu lassen.

Dahin war man mit den Versuchen das Reich zu
constituiren im Jahr 1503 gelangt.

Die Autorität des Reiches war weder in Italien, noch
in der Eidgenossenschaft, noch an den östlichen Grenzen,
wo Polen und Russen die deutschen Ritterschaften unauf-
hörlich bedrängten, wiederhergestellt. In dem Innern war
die alte Unordnung wieder ausgebrochen. Nicht allein war
der Versuch eine haltbare Verfassung für Krieg und Frie-
den zu gründen gescheitert; es gab auch kein allgemein an-
erkanntes Gericht mehr.

Die obersten Häupter der Nation, der König und

1 Antorf 7 April. Fr. A. "des Reichsregiments wegen der
Personen so daran geordnet seyen wir dann nit so pald erlangen
haben mügen und dadurch wiederum in Anstand kommen ist."

Folgen des Reichstags zu Augsburg. 1503.
die Stände an ſeinen Hof zu kommen und ſich mit ihm
über Türkenhülfe und Reichsregiment zu beſprechen einlud. 1

Von der königlichen Verſammlung findet ſich keine
Spur; die churfürſtliche aber kam allerdings, im Juny 1503,
zu Mainz zu Stande, nur ſieht man nicht wie zahlreich
ſie war. Von Reichswegen wurde hier Widerſpruch ge-
gen das Verfahren Maximilians erhoben. Da von ſei-
nem Regiment nichts zu fürchten war, denn er ſelber mußte
geſtehn, es ſey ihm nicht gelungen geeignete Mitglieder zu
gewinnen, ſo begnügte ſich die Verſammlung ſein Gericht
anzugreifen. Sie erklärte ihm, daß ſich kein Fürſt des
Reiches dazu verſtehen werde, vor demſelben Rechtfertigung
zu thun oder zu leiden. Sie erinnerte ihn an die Ord-
nungen, zu Worms und Augsburg aufgerichtet, und fo-
derte ihn auf, es dabei bleiben zu laſſen.

Dahin war man mit den Verſuchen das Reich zu
conſtituiren im Jahr 1503 gelangt.

Die Autorität des Reiches war weder in Italien, noch
in der Eidgenoſſenſchaft, noch an den öſtlichen Grenzen,
wo Polen und Ruſſen die deutſchen Ritterſchaften unauf-
hörlich bedrängten, wiederhergeſtellt. In dem Innern war
die alte Unordnung wieder ausgebrochen. Nicht allein war
der Verſuch eine haltbare Verfaſſung für Krieg und Frie-
den zu gründen geſcheitert; es gab auch kein allgemein an-
erkanntes Gericht mehr.

Die oberſten Häupter der Nation, der König und

1 Antorf 7 April. Fr. A. „des Reichsregiments wegen der
Perſonen ſo daran geordnet ſeyen wir dann nit ſo pald erlangen
haben muͤgen und dadurch wiederum in Anſtand kommen iſt.“
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[151/0169] Folgen des Reichstags zu Augsburg. 1503. die Stände an ſeinen Hof zu kommen und ſich mit ihm über Türkenhülfe und Reichsregiment zu beſprechen einlud. 1 Von der königlichen Verſammlung findet ſich keine Spur; die churfürſtliche aber kam allerdings, im Juny 1503, zu Mainz zu Stande, nur ſieht man nicht wie zahlreich ſie war. Von Reichswegen wurde hier Widerſpruch ge- gen das Verfahren Maximilians erhoben. Da von ſei- nem Regiment nichts zu fürchten war, denn er ſelber mußte geſtehn, es ſey ihm nicht gelungen geeignete Mitglieder zu gewinnen, ſo begnügte ſich die Verſammlung ſein Gericht anzugreifen. Sie erklärte ihm, daß ſich kein Fürſt des Reiches dazu verſtehen werde, vor demſelben Rechtfertigung zu thun oder zu leiden. Sie erinnerte ihn an die Ord- nungen, zu Worms und Augsburg aufgerichtet, und fo- derte ihn auf, es dabei bleiben zu laſſen. Dahin war man mit den Verſuchen das Reich zu conſtituiren im Jahr 1503 gelangt. Die Autorität des Reiches war weder in Italien, noch in der Eidgenoſſenſchaft, noch an den öſtlichen Grenzen, wo Polen und Ruſſen die deutſchen Ritterſchaften unauf- hörlich bedrängten, wiederhergeſtellt. In dem Innern war die alte Unordnung wieder ausgebrochen. Nicht allein war der Verſuch eine haltbare Verfaſſung für Krieg und Frie- den zu gründen geſcheitert; es gab auch kein allgemein an- erkanntes Gericht mehr. Die oberſten Häupter der Nation, der König und 1 Antorf 7 April. Fr. A. „des Reichsregiments wegen der Perſonen ſo daran geordnet ſeyen wir dann nit ſo pald erlangen haben muͤgen und dadurch wiederum in Anſtand kommen iſt.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/169>, abgerufen am 10.05.2024.