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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Trennung der Städte.
daselbst, in der untern kleinen Stube des Hauses, die nöthige
gerichtliche Form gegeben. Bald darauf ward sie öffentlich
bekannt gemacht, denn Jedermann solle wissen, daß die Für-
sten in den neuen Abschied mit nichten gewilligt, sondern
entschlossen seyen, an dem früheren festzuhalten.

Und diese Erklärung bekam nun noch dadurch ein be-
sonderes Gewicht, daß ihr eine große Anzahl von Reichsstäd-
ten beitrat.

Anfangs hatte es nicht anders geschienen, als wür-
den sie alle noch einmal für Einen Mann stehen. Denn
das war ihre alte Regel, wenn Eine von ihnen eine Be-
schwerde hatte, sich alle für dieselbe zu verwenden, sich auf
keine Weise von einander abzusondern. Wir bemerkten,
daß in der That die erste Eingabe der Städte, so anti-
clericalisch auch ihr Inhalt lautete, doch von allen unter-
zeichnet war. Allein die Religionsinteressen gingen zu tief
in Fleisch und Blut, als daß die alten Regeln dagegen aus-
gehalten hätten. Die kaiserlichen Commissarien ließen die
Abgeordneten der katholisch-gebliebenen Städte zu sich kom-
men, lobten sie wegen ihrer Treue, ermunterten sie darin
zu beharren. Auf einige kleinere, wie Rottweil, Ravens-
burg, hatte Joh. Faber viel persönlichen Einfluß. Von
andern behauptete man, die Hoffnung bei dem Reichsan-
schlag erleichtert zu werden, habe sie nachgiebiger gestimmt.
Genug in der entscheidenden Stunde, als der Mainzische
Canzler fragte, welches nun die Städte seyen, die sich be-
schwert fühlten, zögerte man zwar einen Moment, in Er-
innerung an die alten Grundsätze, aber nur einen Moment.
Zuerst erklärte der Gesandte von Rottweil, es gebe unter
den Städten auch viele mit dem Beschlusse Einverstandene.

Trennung der Staͤdte.
daſelbſt, in der untern kleinen Stube des Hauſes, die nöthige
gerichtliche Form gegeben. Bald darauf ward ſie öffentlich
bekannt gemacht, denn Jedermann ſolle wiſſen, daß die Für-
ſten in den neuen Abſchied mit nichten gewilligt, ſondern
entſchloſſen ſeyen, an dem früheren feſtzuhalten.

Und dieſe Erklärung bekam nun noch dadurch ein be-
ſonderes Gewicht, daß ihr eine große Anzahl von Reichsſtäd-
ten beitrat.

Anfangs hatte es nicht anders geſchienen, als wür-
den ſie alle noch einmal für Einen Mann ſtehen. Denn
das war ihre alte Regel, wenn Eine von ihnen eine Be-
ſchwerde hatte, ſich alle für dieſelbe zu verwenden, ſich auf
keine Weiſe von einander abzuſondern. Wir bemerkten,
daß in der That die erſte Eingabe der Städte, ſo anti-
clericaliſch auch ihr Inhalt lautete, doch von allen unter-
zeichnet war. Allein die Religionsintereſſen gingen zu tief
in Fleiſch und Blut, als daß die alten Regeln dagegen aus-
gehalten hätten. Die kaiſerlichen Commiſſarien ließen die
Abgeordneten der katholiſch-gebliebenen Städte zu ſich kom-
men, lobten ſie wegen ihrer Treue, ermunterten ſie darin
zu beharren. Auf einige kleinere, wie Rottweil, Ravens-
burg, hatte Joh. Faber viel perſönlichen Einfluß. Von
andern behauptete man, die Hoffnung bei dem Reichsan-
ſchlag erleichtert zu werden, habe ſie nachgiebiger geſtimmt.
Genug in der entſcheidenden Stunde, als der Mainziſche
Canzler fragte, welches nun die Städte ſeyen, die ſich be-
ſchwert fühlten, zögerte man zwar einen Moment, in Er-
innerung an die alten Grundſätze, aber nur einen Moment.
Zuerſt erklärte der Geſandte von Rottweil, es gebe unter
den Städten auch viele mit dem Beſchluſſe Einverſtandene.

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[159/0175] Trennung der Staͤdte. daſelbſt, in der untern kleinen Stube des Hauſes, die nöthige gerichtliche Form gegeben. Bald darauf ward ſie öffentlich bekannt gemacht, denn Jedermann ſolle wiſſen, daß die Für- ſten in den neuen Abſchied mit nichten gewilligt, ſondern entſchloſſen ſeyen, an dem früheren feſtzuhalten. Und dieſe Erklärung bekam nun noch dadurch ein be- ſonderes Gewicht, daß ihr eine große Anzahl von Reichsſtäd- ten beitrat. Anfangs hatte es nicht anders geſchienen, als wür- den ſie alle noch einmal für Einen Mann ſtehen. Denn das war ihre alte Regel, wenn Eine von ihnen eine Be- ſchwerde hatte, ſich alle für dieſelbe zu verwenden, ſich auf keine Weiſe von einander abzuſondern. Wir bemerkten, daß in der That die erſte Eingabe der Städte, ſo anti- clericaliſch auch ihr Inhalt lautete, doch von allen unter- zeichnet war. Allein die Religionsintereſſen gingen zu tief in Fleiſch und Blut, als daß die alten Regeln dagegen aus- gehalten hätten. Die kaiſerlichen Commiſſarien ließen die Abgeordneten der katholiſch-gebliebenen Städte zu ſich kom- men, lobten ſie wegen ihrer Treue, ermunterten ſie darin zu beharren. Auf einige kleinere, wie Rottweil, Ravens- burg, hatte Joh. Faber viel perſönlichen Einfluß. Von andern behauptete man, die Hoffnung bei dem Reichsan- ſchlag erleichtert zu werden, habe ſie nachgiebiger geſtimmt. Genug in der entſcheidenden Stunde, als der Mainziſche Canzler fragte, welches nun die Städte ſeyen, die ſich be- ſchwert fühlten, zögerte man zwar einen Moment, in Er- innerung an die alten Grundſätze, aber nur einen Moment. Zuerſt erklärte der Geſandte von Rottweil, es gebe unter den Städten auch viele mit dem Beſchluſſe Einverſtandene.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/175>, abgerufen am 30.04.2024.