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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Entwurf eines protest. Bündnisses.

Auch säumte man nach dem Reichstag nicht, den
beschlossenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es
sind zwei Entwürfe dazu in unsern Händen, der eine
von städtischer, der andere von fürstlicher Seite. Jener
geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Gesandten
der verschiedenen Stände gebildet werden müsse, der, seiner
besondern Pflichten entledigt nur in Rücksicht auf das all-
gemeine Beste Beschluß zu fassen habe; der angegriffene
Theil solle immer den Feldhauptmann setzen. In diesem
dagegen wird eine der Reichsverfassung entsprechende An-
ordnung vorgeschlagen. Ein Fürst soll zum Hauptmann
ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern
zur Seite haben, drei von den Fürsten, einen von den Gra-
fen, zwei von den Städten. Der städtische Entwurf sucht
besonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re-
ligiöser Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann
dürfe dieß geschehn, "wenn man des Glaubens wegen ange-
griffen, oder unter dem Scheine geistlicher Jurisdiction ver-
hindert werden solle, die Kirchen zu visitiren." In dem
fürstlichen, der von der Hand des Churprinzen ist, wird
besonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen-
wehr habe; des Kaisers wird darin noch nicht gedacht;
die letzten Beschlüsse werden nur als Unternehmungen der
Stände betrachtet, denen man auch diesseit in aller Hin-
sicht ebenbürtig und gleich, denen sich entgegenzustellen man
nicht allein berechtigt, sondern sogar verpflichtet sey. 1

Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden

1 Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A.,
und erstgestellte Notel des Verstendnuß, von den von Nürnberg über-
geben, bei Müller.
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Entwurf eines proteſt. Buͤndniſſes.

Auch ſäumte man nach dem Reichstag nicht, den
beſchloſſenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es
ſind zwei Entwürfe dazu in unſern Händen, der eine
von ſtädtiſcher, der andere von fürſtlicher Seite. Jener
geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Geſandten
der verſchiedenen Stände gebildet werden müſſe, der, ſeiner
beſondern Pflichten entledigt nur in Rückſicht auf das all-
gemeine Beſte Beſchluß zu faſſen habe; der angegriffene
Theil ſolle immer den Feldhauptmann ſetzen. In dieſem
dagegen wird eine der Reichsverfaſſung entſprechende An-
ordnung vorgeſchlagen. Ein Fürſt ſoll zum Hauptmann
ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern
zur Seite haben, drei von den Fürſten, einen von den Gra-
fen, zwei von den Städten. Der ſtädtiſche Entwurf ſucht
beſonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re-
ligiöſer Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann
dürfe dieß geſchehn, „wenn man des Glaubens wegen ange-
griffen, oder unter dem Scheine geiſtlicher Jurisdiction ver-
hindert werden ſolle, die Kirchen zu viſitiren.“ In dem
fürſtlichen, der von der Hand des Churprinzen iſt, wird
beſonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen-
wehr habe; des Kaiſers wird darin noch nicht gedacht;
die letzten Beſchlüſſe werden nur als Unternehmungen der
Stände betrachtet, denen man auch dieſſeit in aller Hin-
ſicht ebenbürtig und gleich, denen ſich entgegenzuſtellen man
nicht allein berechtigt, ſondern ſogar verpflichtet ſey. 1

Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden

1 Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A.,
und erſtgeſtellte Notel des Verſtendnuß, von den von Nuͤrnberg uͤber-
geben, bei Muͤller.
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[163/0179] Entwurf eines proteſt. Buͤndniſſes. Auch ſäumte man nach dem Reichstag nicht, den beſchloſſenen Bund näher in Ueberlegung zu ziehen. Es ſind zwei Entwürfe dazu in unſern Händen, der eine von ſtädtiſcher, der andere von fürſtlicher Seite. Jener geht davon aus, daß ein Bundesrath aus den Geſandten der verſchiedenen Stände gebildet werden müſſe, der, ſeiner beſondern Pflichten entledigt nur in Rückſicht auf das all- gemeine Beſte Beſchluß zu faſſen habe; der angegriffene Theil ſolle immer den Feldhauptmann ſetzen. In dieſem dagegen wird eine der Reichsverfaſſung entſprechende An- ordnung vorgeſchlagen. Ein Fürſt ſoll zum Hauptmann ernannt werden und einen Kriegsrath von 6 Mitgliedern zur Seite haben, drei von den Fürſten, einen von den Gra- fen, zwei von den Städten. Der ſtädtiſche Entwurf ſucht beſonders zu verhüten, daß man nicht um anderer als re- ligiöſer Gründe willen zu den Waffen greife; nur dann dürfe dieß geſchehn, „wenn man des Glaubens wegen ange- griffen, oder unter dem Scheine geiſtlicher Jurisdiction ver- hindert werden ſolle, die Kirchen zu viſitiren.“ In dem fürſtlichen, der von der Hand des Churprinzen iſt, wird beſonders das Recht hervorgehoben, das man zur Gegen- wehr habe; des Kaiſers wird darin noch nicht gedacht; die letzten Beſchlüſſe werden nur als Unternehmungen der Stände betrachtet, denen man auch dieſſeit in aller Hin- ſicht ebenbürtig und gleich, denen ſich entgegenzuſtellen man nicht allein berechtigt, ſondern ſogar verpflichtet ſey. 1 Welcher von beiden nun aber auch beliebt worden 1 Bedenken der Eynung des Evangeliums halber; im W. A., und erſtgeſtellte Notel des Verſtendnuß, von den von Nuͤrnberg uͤber- geben, bei Muͤller. 11*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/179>, abgerufen am 29.04.2024.