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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Anstand zu Frankfurt.
Protestanten: die Vermittler erklärten nichts weiter als: es
solle in dem Willen des Kaisers stehen. 1

Dahin vereinigte man sich am 19ten April 1539 zu
Frankfurt am Main; und obgleich es dadurch nun nicht
zu dem definitiven Frieden gekommen war, den man an-
fangs beabsichtigt, obgleich namentlich die Städte sich be-
klagten, daß sie noch immer nicht von den Anfechtungen
der geistlichen Gewalt befreit würden, so leuchtet doch ein,
welch ein großer Fortschritt für die Protestanten in den Frank-
furter Verabredungen lag.

Ihre Absicht war, sich der beiden aus der bisherigen
Constitution hervorgehenden feindlichen Gewalten, des im
Sinne ihrer Gegner eingerichteten Kammergerichts, und des
zwar noch lange nicht zu Stande gebrachten, aber doch an-
gekündigten und von ihnen verworfenen päpstlichen Conci-
liums zu entledigen.

Sie hatten jetzt, zwar nur vorläufig, aber doch bis auf
einen gewissen Grad beides erreicht.

Die Processe, mit denen namentlich die später eingetre-
tenen Mitglieder ihres Bundes bedroht worden, hörten jetzt
wirklich auf gefährlich zu seyn. Der Bund der zur Aus-
führung der ergehenden Achtserklärungen geschlossen worden,
hatte wenigstens den Kaiser nicht mehr auf seiner Seite.

Auch von einem Concilium sprach man fürs Erste nicht
mehr. Einer einheimischen deutschen Versammlung sollte die
Entscheidung der ausgebrochenen Irrungen vorbehalten bleiben.

Eine Modification der öffentlichen Gewalt und des Rech-
tes, unter ihrer eigenen Theilnahme, durch welche ihr Beste-

1 Abschied von Frankfurt § 11--14.

Anſtand zu Frankfurt.
Proteſtanten: die Vermittler erklärten nichts weiter als: es
ſolle in dem Willen des Kaiſers ſtehen. 1

Dahin vereinigte man ſich am 19ten April 1539 zu
Frankfurt am Main; und obgleich es dadurch nun nicht
zu dem definitiven Frieden gekommen war, den man an-
fangs beabſichtigt, obgleich namentlich die Städte ſich be-
klagten, daß ſie noch immer nicht von den Anfechtungen
der geiſtlichen Gewalt befreit würden, ſo leuchtet doch ein,
welch ein großer Fortſchritt für die Proteſtanten in den Frank-
furter Verabredungen lag.

Ihre Abſicht war, ſich der beiden aus der bisherigen
Conſtitution hervorgehenden feindlichen Gewalten, des im
Sinne ihrer Gegner eingerichteten Kammergerichts, und des
zwar noch lange nicht zu Stande gebrachten, aber doch an-
gekündigten und von ihnen verworfenen päpſtlichen Conci-
liums zu entledigen.

Sie hatten jetzt, zwar nur vorläufig, aber doch bis auf
einen gewiſſen Grad beides erreicht.

Die Proceſſe, mit denen namentlich die ſpäter eingetre-
tenen Mitglieder ihres Bundes bedroht worden, hörten jetzt
wirklich auf gefährlich zu ſeyn. Der Bund der zur Aus-
führung der ergehenden Achtserklärungen geſchloſſen worden,
hatte wenigſtens den Kaiſer nicht mehr auf ſeiner Seite.

Auch von einem Concilium ſprach man fürs Erſte nicht
mehr. Einer einheimiſchen deutſchen Verſammlung ſollte die
Entſcheidung der ausgebrochenen Irrungen vorbehalten bleiben.

Eine Modification der öffentlichen Gewalt und des Rech-
tes, unter ihrer eigenen Theilnahme, durch welche ihr Beſte-

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[133/0145] Anſtand zu Frankfurt. Proteſtanten: die Vermittler erklärten nichts weiter als: es ſolle in dem Willen des Kaiſers ſtehen. 1 Dahin vereinigte man ſich am 19ten April 1539 zu Frankfurt am Main; und obgleich es dadurch nun nicht zu dem definitiven Frieden gekommen war, den man an- fangs beabſichtigt, obgleich namentlich die Städte ſich be- klagten, daß ſie noch immer nicht von den Anfechtungen der geiſtlichen Gewalt befreit würden, ſo leuchtet doch ein, welch ein großer Fortſchritt für die Proteſtanten in den Frank- furter Verabredungen lag. Ihre Abſicht war, ſich der beiden aus der bisherigen Conſtitution hervorgehenden feindlichen Gewalten, des im Sinne ihrer Gegner eingerichteten Kammergerichts, und des zwar noch lange nicht zu Stande gebrachten, aber doch an- gekündigten und von ihnen verworfenen päpſtlichen Conci- liums zu entledigen. Sie hatten jetzt, zwar nur vorläufig, aber doch bis auf einen gewiſſen Grad beides erreicht. Die Proceſſe, mit denen namentlich die ſpäter eingetre- tenen Mitglieder ihres Bundes bedroht worden, hörten jetzt wirklich auf gefährlich zu ſeyn. Der Bund der zur Aus- führung der ergehenden Achtserklärungen geſchloſſen worden, hatte wenigſtens den Kaiſer nicht mehr auf ſeiner Seite. Auch von einem Concilium ſprach man fürs Erſte nicht mehr. Einer einheimiſchen deutſchen Verſammlung ſollte die Entſcheidung der ausgebrochenen Irrungen vorbehalten bleiben. Eine Modification der öffentlichen Gewalt und des Rech- tes, unter ihrer eigenen Theilnahme, durch welche ihr Beſte- 1 Abſchied von Frankfurt § 11—14.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/145>, abgerufen am 30.04.2024.