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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Gespräch zu Regensburg.
ein Hochamt gehalten, die Heilige Geist Messe in allem Pomp
gelesen ward. Die protestantischen versammelten sich bei Phi-
lipp von Hessen
und Wolfgang von Anhalt, von denen je-
der eine Predigt halten ließ.

Von den verschiedenartigen Gottesverehrungen hinweg
begaben sich beide Theile nach dem Rathhaus, und setzten
sich nach ihrem Range zur Reichsversammlung nieder, um
die kaiserliche Proposition zu vernehmen.

Der Ordnung nach wären Braunschweig und Hessen,
die einander so eben in wilden Druckschriften angetastet und
auch hier bereits ihre entgegengesetzten Beschwerden dem Kai-
ser eingereicht hatten, neben einander zu sitzen gekommen:
der Kaiser trug Sorge daß der Herzog von Savoyen, der
damals dem Hof folgte und sich wieder als Reichsfürst hielt,
zwischen ihnen Platz nahm.

In seiner Proposition nun erklärte der Kaiser den Zwie-
spalt über die Religion für den wichtigsten Gegenstand der
Berathung. Er führte den Ständen zu Gemüthe, wie heil-
sam die Herstellung eines einhelligen christlichen Verstandes
seyn würde und erbot sich, einige friedliebende Männer zu
ernennen, um sich über die streitigen Puncte zu besprechen.

Von den katholischen Fürsten zogen Einige noch immer
die Angemessenheit und Berechtigung eines Gespräches in
Zweifel; wenigstens wollten auch sie bei der Wahl der Col-
locutoren zugezogen werden. Aber der Kaiser bestand auf
seiner Forderung, und setzte sie mit Hülfe der Protestanten,
der Städte und der schwankend gewordenen Mitglieder der
alten Majorität auch durch.

Er hatte eine Combination im Sinn, vermöge deren er

Geſpraͤch zu Regensburg.
ein Hochamt gehalten, die Heilige Geiſt Meſſe in allem Pomp
geleſen ward. Die proteſtantiſchen verſammelten ſich bei Phi-
lipp von Heſſen
und Wolfgang von Anhalt, von denen je-
der eine Predigt halten ließ.

Von den verſchiedenartigen Gottesverehrungen hinweg
begaben ſich beide Theile nach dem Rathhaus, und ſetzten
ſich nach ihrem Range zur Reichsverſammlung nieder, um
die kaiſerliche Propoſition zu vernehmen.

Der Ordnung nach wären Braunſchweig und Heſſen,
die einander ſo eben in wilden Druckſchriften angetaſtet und
auch hier bereits ihre entgegengeſetzten Beſchwerden dem Kai-
ſer eingereicht hatten, neben einander zu ſitzen gekommen:
der Kaiſer trug Sorge daß der Herzog von Savoyen, der
damals dem Hof folgte und ſich wieder als Reichsfürſt hielt,
zwiſchen ihnen Platz nahm.

In ſeiner Propoſition nun erklärte der Kaiſer den Zwie-
ſpalt über die Religion für den wichtigſten Gegenſtand der
Berathung. Er führte den Ständen zu Gemüthe, wie heil-
ſam die Herſtellung eines einhelligen chriſtlichen Verſtandes
ſeyn würde und erbot ſich, einige friedliebende Männer zu
ernennen, um ſich über die ſtreitigen Puncte zu beſprechen.

Von den katholiſchen Fürſten zogen Einige noch immer
die Angemeſſenheit und Berechtigung eines Geſpräches in
Zweifel; wenigſtens wollten auch ſie bei der Wahl der Col-
locutoren zugezogen werden. Aber der Kaiſer beſtand auf
ſeiner Forderung, und ſetzte ſie mit Hülfe der Proteſtanten,
der Städte und der ſchwankend gewordenen Mitglieder der
alten Majorität auch durch.

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[205/0217] Geſpraͤch zu Regensburg. ein Hochamt gehalten, die Heilige Geiſt Meſſe in allem Pomp geleſen ward. Die proteſtantiſchen verſammelten ſich bei Phi- lipp von Heſſen und Wolfgang von Anhalt, von denen je- der eine Predigt halten ließ. Von den verſchiedenartigen Gottesverehrungen hinweg begaben ſich beide Theile nach dem Rathhaus, und ſetzten ſich nach ihrem Range zur Reichsverſammlung nieder, um die kaiſerliche Propoſition zu vernehmen. Der Ordnung nach wären Braunſchweig und Heſſen, die einander ſo eben in wilden Druckſchriften angetaſtet und auch hier bereits ihre entgegengeſetzten Beſchwerden dem Kai- ſer eingereicht hatten, neben einander zu ſitzen gekommen: der Kaiſer trug Sorge daß der Herzog von Savoyen, der damals dem Hof folgte und ſich wieder als Reichsfürſt hielt, zwiſchen ihnen Platz nahm. In ſeiner Propoſition nun erklärte der Kaiſer den Zwie- ſpalt über die Religion für den wichtigſten Gegenſtand der Berathung. Er führte den Ständen zu Gemüthe, wie heil- ſam die Herſtellung eines einhelligen chriſtlichen Verſtandes ſeyn würde und erbot ſich, einige friedliebende Männer zu ernennen, um ſich über die ſtreitigen Puncte zu beſprechen. Von den katholiſchen Fürſten zogen Einige noch immer die Angemeſſenheit und Berechtigung eines Geſpräches in Zweifel; wenigſtens wollten auch ſie bei der Wahl der Col- locutoren zugezogen werden. Aber der Kaiſer beſtand auf ſeiner Forderung, und ſetzte ſie mit Hülfe der Proteſtanten, der Städte und der ſchwankend gewordenen Mitglieder der alten Majorität auch durch. Er hatte eine Combination im Sinn, vermöge deren er

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/217>, abgerufen am 26.04.2024.