Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Allgemeine Lage der Dinge.
lium zu Trient hegt man die Meinung, und darf sie hegen,
daß die Zeit gekommen sey wo alle Entwürfe desselben sich
erfüllen sollen. Die verschiedensten von ferne her angelegten
Fäden werden verknüpft, alle entlegnen und zweifelhaften
Sympathien aufgerufen, um zu dem großen Erfolg einer
Herstellung des Kaiserthums in dem einmal aufgefaßten Sinne
und einer Befestigung desselben im Hause Östreich-Burgund,
älterer Linie, zusammenzuwirken.

Aber indessen haben sich die alten Feinde im Osten und
Westen, zur See und im innern Lande, mit denen der Kai-
ser früher so oft gekämpft und die sich eine Zeitlang ruhig
gehalten, aufs neue erhoben. Und nicht diese allein, son-
dern auch die besiegten Oppositionen regen sich wieder, und
zwar in ganz unerwarteter Gestalt; neue in der unmittelbar-
sten Nähe bilden sich an.

Wird es dem Kaiser gelingen dort das Ziel zu errei-
chen, so daß er sich dann mit neu gerechtfertigten Waffen
gegen seine Feinde, einen nach dem andern, wird wenden
können?

Oder werden die Feinde ihm zuvorkommen? Werden
namentlich die verschiedenen Gegner sich unter einander fin-
den und zu einem Angriff auf ihn verstehn?


Ranke D. Gesch. V. 14

Allgemeine Lage der Dinge.
lium zu Trient hegt man die Meinung, und darf ſie hegen,
daß die Zeit gekommen ſey wo alle Entwürfe deſſelben ſich
erfüllen ſollen. Die verſchiedenſten von ferne her angelegten
Fäden werden verknüpft, alle entlegnen und zweifelhaften
Sympathien aufgerufen, um zu dem großen Erfolg einer
Herſtellung des Kaiſerthums in dem einmal aufgefaßten Sinne
und einer Befeſtigung deſſelben im Hauſe Öſtreich-Burgund,
älterer Linie, zuſammenzuwirken.

Aber indeſſen haben ſich die alten Feinde im Oſten und
Weſten, zur See und im innern Lande, mit denen der Kai-
ſer früher ſo oft gekämpft und die ſich eine Zeitlang ruhig
gehalten, aufs neue erhoben. Und nicht dieſe allein, ſon-
dern auch die beſiegten Oppoſitionen regen ſich wieder, und
zwar in ganz unerwarteter Geſtalt; neue in der unmittelbar-
ſten Nähe bilden ſich an.

Wird es dem Kaiſer gelingen dort das Ziel zu errei-
chen, ſo daß er ſich dann mit neu gerechtfertigten Waffen
gegen ſeine Feinde, einen nach dem andern, wird wenden
können?

Oder werden die Feinde ihm zuvorkommen? Werden
namentlich die verſchiedenen Gegner ſich unter einander fin-
den und zu einem Angriff auf ihn verſtehn?


Ranke D. Geſch. V. 14
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0221" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Allgemeine Lage der Dinge</hi>.</fw><lb/>
lium zu Trient hegt man die Meinung, und darf &#x017F;ie hegen,<lb/>
daß die Zeit gekommen &#x017F;ey wo alle Entwürfe de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;ich<lb/>
erfüllen &#x017F;ollen. Die ver&#x017F;chieden&#x017F;ten von ferne her angelegten<lb/>
Fäden werden verknüpft, alle entlegnen und zweifelhaften<lb/>
Sympathien aufgerufen, um zu dem großen Erfolg einer<lb/>
Her&#x017F;tellung des Kai&#x017F;erthums in dem einmal aufgefaßten Sinne<lb/>
und einer Befe&#x017F;tigung de&#x017F;&#x017F;elben im Hau&#x017F;e Ö&#x017F;treich-Burgund,<lb/>
älterer Linie, zu&#x017F;ammenzuwirken.</p><lb/>
          <p>Aber inde&#x017F;&#x017F;en haben &#x017F;ich die alten Feinde im O&#x017F;ten und<lb/>
We&#x017F;ten, zur See und im innern Lande, mit denen der Kai-<lb/>
&#x017F;er früher &#x017F;o oft gekämpft und die &#x017F;ich eine Zeitlang ruhig<lb/>
gehalten, aufs neue erhoben. Und nicht die&#x017F;e allein, &#x017F;on-<lb/>
dern auch die be&#x017F;iegten Oppo&#x017F;itionen regen &#x017F;ich wieder, und<lb/>
zwar in ganz unerwarteter Ge&#x017F;talt; neue in der unmittelbar-<lb/>
&#x017F;ten Nähe bilden &#x017F;ich an.</p><lb/>
          <p>Wird es dem Kai&#x017F;er gelingen dort das Ziel zu errei-<lb/>
chen, &#x017F;o daß er &#x017F;ich dann mit neu gerechtfertigten Waffen<lb/>
gegen &#x017F;eine Feinde, einen nach dem andern, wird wenden<lb/>
können?</p><lb/>
          <p>Oder werden die Feinde ihm zuvorkommen? Werden<lb/>
namentlich die ver&#x017F;chiedenen Gegner &#x017F;ich unter einander fin-<lb/>
den und zu einem Angriff auf ihn ver&#x017F;tehn?</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Ranke D. Ge&#x017F;ch. <hi rendition="#aq">V.</hi> 14</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0221] Allgemeine Lage der Dinge. lium zu Trient hegt man die Meinung, und darf ſie hegen, daß die Zeit gekommen ſey wo alle Entwürfe deſſelben ſich erfüllen ſollen. Die verſchiedenſten von ferne her angelegten Fäden werden verknüpft, alle entlegnen und zweifelhaften Sympathien aufgerufen, um zu dem großen Erfolg einer Herſtellung des Kaiſerthums in dem einmal aufgefaßten Sinne und einer Befeſtigung deſſelben im Hauſe Öſtreich-Burgund, älterer Linie, zuſammenzuwirken. Aber indeſſen haben ſich die alten Feinde im Oſten und Weſten, zur See und im innern Lande, mit denen der Kai- ſer früher ſo oft gekämpft und die ſich eine Zeitlang ruhig gehalten, aufs neue erhoben. Und nicht dieſe allein, ſon- dern auch die beſiegten Oppoſitionen regen ſich wieder, und zwar in ganz unerwarteter Geſtalt; neue in der unmittelbar- ſten Nähe bilden ſich an. Wird es dem Kaiſer gelingen dort das Ziel zu errei- chen, ſo daß er ſich dann mit neu gerechtfertigten Waffen gegen ſeine Feinde, einen nach dem andern, wird wenden können? Oder werden die Feinde ihm zuvorkommen? Werden namentlich die verſchiedenen Gegner ſich unter einander fin- den und zu einem Angriff auf ihn verſtehn? Ranke D. Geſch. V. 14

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/221
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/221>, abgerufen am 26.04.2024.