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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

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Samen auf einen Acker säen sol.
im Finstern und stolpern in Besäung derer Aecker
gewaltig, welches ich gar unzehligmahl observi-
ret. Sie wollen sich nach dem alten Sprichwort
richten: Wer reichlich säet, sol reichlich
ernten.
Allein wie die gemeinen Sprichwörter
ordentlich nichts beweisen und keine Regel ab-
geben können, indem sie entweder grundfalsch
sind, oder doch meistens unrecht verstanden und
angewendet werden; so bleibt es auch in seiner
völligen Richtigkeit, daß es bey dem Ackerbau
einer der grösten Fehler ist, wenn ein Acker über-
samet wird. Es mögen Korn- oder andere Früch-
te darauf bestellet worden seyn, so kan nimmer-
mehr was rechtes daraus werden; sondern die
Früchte müssen klein bleiben, geringe werden und
wohl gar verderben, wie ich solches aus vielfälti-
ger Erfahrung habe. Die Ursache ist gar leicht
zu begreifen, nemlich, weil immer eine Staude
der andern die Luft und den Nahrungs-Saft hin-
weg nimt, wenn auch noch so viele Salia und
Besserung in denen Ländereyen sich befänden.
Hiervon habe in meinem annoch unedirten Land-
und Garten-Schatz weitläuftig gehandelt und ge-
zeiget, wie weit die Früchte von einander stehen
und Raum haben sollen, und wie dem Ueberflus-
se derer aufgegangenen Früchte müsse abgeholfen
werden. (Besiehe auch, was hiervon bereits im
zwölften Capitel p. 79. erinnert worden.) Meine
Meinung, welche ich auch schon p. 71. eröfnet,
gehet daher kurz dahin, daß man die Aecker et-
was sparsamer besäen und keinesweges zu viel

Sa-

Samen auf einen Acker ſaͤen ſol.
im Finſtern und ſtolpern in Beſaͤung derer Aecker
gewaltig, welches ich gar unzehligmahl obſervi-
ret. Sie wollen ſich nach dem alten Sprichwort
richten: Wer reichlich ſaͤet, ſol reichlich
ernten.
Allein wie die gemeinen Sprichwoͤrter
ordentlich nichts beweiſen und keine Regel ab-
geben koͤnnen, indem ſie entweder grundfalſch
ſind, oder doch meiſtens unrecht verſtanden und
angewendet werden; ſo bleibt es auch in ſeiner
voͤlligen Richtigkeit, daß es bey dem Ackerbau
einer der groͤſten Fehler iſt, wenn ein Acker uͤber-
ſamet wird. Es moͤgen Korn- oder andere Fruͤch-
te darauf beſtellet worden ſeyn, ſo kan nimmer-
mehr was rechtes daraus werden; ſondern die
Fruͤchte muͤſſen klein bleiben, geringe werden und
wohl gar verderben, wie ich ſolches aus vielfaͤlti-
ger Erfahrung habe. Die Urſache iſt gar leicht
zu begreifen, nemlich, weil immer eine Staude
der andern die Luft und den Nahrungs-Saft hin-
weg nimt, wenn auch noch ſo viele Salia und
Beſſerung in denen Laͤndereyen ſich befaͤnden.
Hiervon habe in meinem annoch unedirten Land-
und Garten-Schatz weitlaͤuftig gehandelt und ge-
zeiget, wie weit die Fruͤchte von einander ſtehen
und Raum haben ſollen, und wie dem Ueberfluſ-
ſe derer aufgegangenen Fruͤchte muͤſſe abgeholfen
werden. (Beſiehe auch, was hiervon bereits im
zwoͤlften Capitel p. 79. erinnert worden.) Meine
Meinung, welche ich auch ſchon p. 71. eroͤfnet,
gehet daher kurz dahin, daß man die Aecker et-
was ſparſamer beſaͤen und keinesweges zu viel

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[109/0130] Samen auf einen Acker ſaͤen ſol. im Finſtern und ſtolpern in Beſaͤung derer Aecker gewaltig, welches ich gar unzehligmahl obſervi- ret. Sie wollen ſich nach dem alten Sprichwort richten: Wer reichlich ſaͤet, ſol reichlich ernten. Allein wie die gemeinen Sprichwoͤrter ordentlich nichts beweiſen und keine Regel ab- geben koͤnnen, indem ſie entweder grundfalſch ſind, oder doch meiſtens unrecht verſtanden und angewendet werden; ſo bleibt es auch in ſeiner voͤlligen Richtigkeit, daß es bey dem Ackerbau einer der groͤſten Fehler iſt, wenn ein Acker uͤber- ſamet wird. Es moͤgen Korn- oder andere Fruͤch- te darauf beſtellet worden ſeyn, ſo kan nimmer- mehr was rechtes daraus werden; ſondern die Fruͤchte muͤſſen klein bleiben, geringe werden und wohl gar verderben, wie ich ſolches aus vielfaͤlti- ger Erfahrung habe. Die Urſache iſt gar leicht zu begreifen, nemlich, weil immer eine Staude der andern die Luft und den Nahrungs-Saft hin- weg nimt, wenn auch noch ſo viele Salia und Beſſerung in denen Laͤndereyen ſich befaͤnden. Hiervon habe in meinem annoch unedirten Land- und Garten-Schatz weitlaͤuftig gehandelt und ge- zeiget, wie weit die Fruͤchte von einander ſtehen und Raum haben ſollen, und wie dem Ueberfluſ- ſe derer aufgegangenen Fruͤchte muͤſſe abgeholfen werden. (Beſiehe auch, was hiervon bereits im zwoͤlften Capitel p. 79. erinnert worden.) Meine Meinung, welche ich auch ſchon p. 71. eroͤfnet, gehet daher kurz dahin, daß man die Aecker et- was ſparſamer beſaͤen und keinesweges zu viel Sa-

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/130>, abgerufen am 29.04.2024.