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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

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von Ausartung derer Samen.
ses Geschlecht, nemlich weiß Kraut, (von welchen
in denen Samlungen und jetzo die Rede ist) in
Rüben, welches ganz ein ander Genus oder Ge-
schlecht ist. Und wer wird wohl glauben, daß
mit allerhand Kohl (worunter ich verstehe 1) weiß
und roth Kraut oder Cappus, 2) Kohlrabi über
der Erden, 3) Wirsing oder Pörsch, 4) Gros-
gelber Savoyer-Kohl, 5) Blauer und grüner
Kohl) eine solche starke Veränderung in der Na-
tur vorgehen und Rüben daraus werden sol-
ten. Jedoch ist gewiß und obligire mich, daß
ich von jeztbesagten 5. Sorten derer Kohle (NB.
wenn mir die Jahre darzu gelassen werden) aus
jeder Sorte, besonders nach und nach, eine an-
dere Speciem eines Kohls heraus bringen wil.
Denn es ist bekant, wenn auch die Gärtner noch
so wohl und noch so meisterlich die allerbesten
Stauden und Häupter zum Samen aussuchen,
daß doch unter so vielen eines versehen werden
kan, welches in einer Sorte etwan grauser, grün-
licher, oder röthlicher ist. Dahero geschiehet es,
daß unterweilen hier und da unter denen Pflan-
zen etwas degeneriret, und wenn diese degenerirte
Pflanze genommen und Samen davon gezogen
wird, so bekomt man gleich eine andere Speciem.
Doch alhier muß man pur und lediglich bey dem
Kohl mit seinen Gedanken stehen bleiben: denn
es sind diese fünf Sorten nach und nach eine aus
der andern entsprungen, und diese mögen dege-
neriren wie sie wollen, so bleibet es dennoch
Kohl. Und so gehet es auch mit denen vielerley

Rüben
C 2

von Ausartung derer Samen.
ſes Geſchlecht, nemlich weiß Kraut, (von welchen
in denen Samlungen und jetzo die Rede iſt) in
Ruͤben, welches ganz ein ander Genus oder Ge-
ſchlecht iſt. Und wer wird wohl glauben, daß
mit allerhand Kohl (worunter ich verſtehe 1) weiß
und roth Kraut oder Cappus, 2) Kohlrabi uͤber
der Erden, 3) Wirſing oder Poͤrſch, 4) Gros-
gelber Savoyer-Kohl, 5) Blauer und gruͤner
Kohl) eine ſolche ſtarke Veraͤnderung in der Na-
tur vorgehen und Ruͤben daraus werden ſol-
ten. Jedoch iſt gewiß und obligire mich, daß
ich von jeztbeſagten 5. Sorten derer Kohle (NB.
wenn mir die Jahre darzu gelaſſen werden) aus
jeder Sorte, beſonders nach und nach, eine an-
dere Speciem eines Kohls heraus bringen wil.
Denn es iſt bekant, wenn auch die Gaͤrtner noch
ſo wohl und noch ſo meiſterlich die allerbeſten
Stauden und Haͤupter zum Samen ausſuchen,
daß doch unter ſo vielen eines verſehen werden
kan, welches in einer Sorte etwan grauſer, gruͤn-
licher, oder roͤthlicher iſt. Dahero geſchiehet es,
daß unterweilen hier und da unter denen Pflan-
zen etwas degeneriret, und wenn dieſe degenerirte
Pflanze genommen und Samen davon gezogen
wird, ſo bekomt man gleich eine andere Speciem.
Doch alhier muß man pur und lediglich bey dem
Kohl mit ſeinen Gedanken ſtehen bleiben: denn
es ſind dieſe fuͤnf Sorten nach und nach eine aus
der andern entſprungen, und dieſe moͤgen dege-
neriren wie ſie wollen, ſo bleibet es dennoch
Kohl. Und ſo gehet es auch mit denen vielerley

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C 2
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[35/0056] von Ausartung derer Samen. ſes Geſchlecht, nemlich weiß Kraut, (von welchen in denen Samlungen und jetzo die Rede iſt) in Ruͤben, welches ganz ein ander Genus oder Ge- ſchlecht iſt. Und wer wird wohl glauben, daß mit allerhand Kohl (worunter ich verſtehe 1) weiß und roth Kraut oder Cappus, 2) Kohlrabi uͤber der Erden, 3) Wirſing oder Poͤrſch, 4) Gros- gelber Savoyer-Kohl, 5) Blauer und gruͤner Kohl) eine ſolche ſtarke Veraͤnderung in der Na- tur vorgehen und Ruͤben daraus werden ſol- ten. Jedoch iſt gewiß und obligire mich, daß ich von jeztbeſagten 5. Sorten derer Kohle (NB. wenn mir die Jahre darzu gelaſſen werden) aus jeder Sorte, beſonders nach und nach, eine an- dere Speciem eines Kohls heraus bringen wil. Denn es iſt bekant, wenn auch die Gaͤrtner noch ſo wohl und noch ſo meiſterlich die allerbeſten Stauden und Haͤupter zum Samen ausſuchen, daß doch unter ſo vielen eines verſehen werden kan, welches in einer Sorte etwan grauſer, gruͤn- licher, oder roͤthlicher iſt. Dahero geſchiehet es, daß unterweilen hier und da unter denen Pflan- zen etwas degeneriret, und wenn dieſe degenerirte Pflanze genommen und Samen davon gezogen wird, ſo bekomt man gleich eine andere Speciem. Doch alhier muß man pur und lediglich bey dem Kohl mit ſeinen Gedanken ſtehen bleiben: denn es ſind dieſe fuͤnf Sorten nach und nach eine aus der andern entſprungen, und dieſe moͤgen dege- neriren wie ſie wollen, ſo bleibet es dennoch Kohl. Und ſo gehet es auch mit denen vielerley Ruͤben C 2

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/56>, abgerufen am 27.04.2024.