Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

und Schäden der Bäume.
den und fragten, warum ich denn so bald von der
Lausche aufgestanden, da ich doch gar wohl meinen
Hasen hätte bekommen können, wenn ich noch ei-
ne Zeit lang an meinem Orte geblieben wäre. Jch
antwortete Jhnen, daß der Kuckuck möchte an ei-
nem solchen Orte länger geblieben seyn; es wären
um und neben mir viele Schüsse geschehen, da ich
doch gleichwol niemanden gesehen und gehört, auch
weder den Geruch noch Rauch des Pulvers em-
pfinden und wahrnehmen können. Hierüber wurde
ich, wie leicht zu erachten, erbärmlich ausgelachet.
Mein Vater gab mir hernach zur Antwort: ob
mir noch nicht bekant wäre, daß in einer solchen
Kälte die Bäume von einander platzten, und daß
solches einen Schal gäbe, der einen Pistolen-
Schusse gleich käme: er wolle mir morgen des
Tages die geschehenen Risse an den Bäumen zei-
gen. Solches geschahe auch, und ich sahe wirk-
lich, daß sich an den Weiden, Zwetschgen und
Pflaumen-Bäumen Spalte eines Messer-Rückens
breit befanden. An den Aepfel- und Birn-Bäu-
men aber konte man dieselben nicht so deutlich
gewahr werden. Nachdem sich hernach die Wit-
terung geändert und die Sonne die gefrornen
Bäume aufgethauet hatte, so waren die Risse nicht
sonderlich mehr zu sehen, indem sie sich wieder zu-
sammen gezogen hatten. Den darauf folgenden
Sommer und Herbst hatten die mehresten Bäu-
me ihre Spalte wieder verwachsen, ausgenom-
men die alten Pflaumen- und Weiden-Bäume,
welche dieselben behielten. Bey den Weiden-

Bäu-

und Schaͤden der Baͤume.
den und fragten, warum ich denn ſo bald von der
Lauſche aufgeſtanden, da ich doch gar wohl meinen
Haſen haͤtte bekommen koͤnnen, wenn ich noch ei-
ne Zeit lang an meinem Orte geblieben waͤre. Jch
antwortete Jhnen, daß der Kuckuck moͤchte an ei-
nem ſolchen Orte laͤnger geblieben ſeyn; es waͤren
um und neben mir viele Schuͤſſe geſchehen, da ich
doch gleichwol niemanden geſehen und gehoͤrt, auch
weder den Geruch noch Rauch des Pulvers em-
pfinden und wahrnehmen koͤnnen. Hieruͤber wurde
ich, wie leicht zu erachten, erbaͤrmlich ausgelachet.
Mein Vater gab mir hernach zur Antwort: ob
mir noch nicht bekant waͤre, daß in einer ſolchen
Kaͤlte die Baͤume von einander platzten, und daß
ſolches einen Schal gaͤbe, der einen Piſtolen-
Schuſſe gleich kaͤme: er wolle mir morgen des
Tages die geſchehenen Riſſe an den Baͤumen zei-
gen. Solches geſchahe auch, und ich ſahe wirk-
lich, daß ſich an den Weiden, Zwetſchgen und
Pflaumen-Baͤumen Spalte eines Meſſer-Ruͤckens
breit befanden. An den Aepfel- und Birn-Baͤu-
men aber konte man dieſelben nicht ſo deutlich
gewahr werden. Nachdem ſich hernach die Wit-
terung geaͤndert und die Sonne die gefrornen
Baͤume aufgethauet hatte, ſo waren die Riſſe nicht
ſonderlich mehr zu ſehen, indem ſie ſich wieder zu-
ſammen gezogen hatten. Den darauf folgenden
Sommer und Herbſt hatten die mehreſten Baͤu-
me ihre Spalte wieder verwachſen, ausgenom-
men die alten Pflaumen- und Weiden-Baͤume,
welche dieſelben behielten. Bey den Weiden-

Baͤu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0157" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Scha&#x0364;den der Ba&#x0364;ume.</hi></fw><lb/>
den und fragten, warum ich denn &#x017F;o bald von der<lb/>
Lau&#x017F;che aufge&#x017F;tanden, da ich doch gar wohl meinen<lb/>
Ha&#x017F;en ha&#x0364;tte bekommen ko&#x0364;nnen, wenn ich noch ei-<lb/>
ne Zeit lang an meinem Orte geblieben wa&#x0364;re. Jch<lb/>
antwortete Jhnen, daß der Kuckuck mo&#x0364;chte an ei-<lb/>
nem &#x017F;olchen Orte la&#x0364;nger geblieben &#x017F;eyn; es wa&#x0364;ren<lb/>
um und neben mir viele Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;chehen, da ich<lb/>
doch gleichwol niemanden ge&#x017F;ehen und geho&#x0364;rt, auch<lb/>
weder den Geruch noch Rauch des Pulvers em-<lb/>
pfinden und wahrnehmen ko&#x0364;nnen. Hieru&#x0364;ber wurde<lb/>
ich, wie leicht zu erachten, erba&#x0364;rmlich ausgelachet.<lb/>
Mein Vater gab mir hernach zur Antwort: ob<lb/>
mir noch nicht bekant wa&#x0364;re, daß in einer &#x017F;olchen<lb/>
Ka&#x0364;lte die Ba&#x0364;ume von einander platzten, und daß<lb/>
&#x017F;olches einen Schal ga&#x0364;be, der einen Pi&#x017F;tolen-<lb/>
Schu&#x017F;&#x017F;e gleich ka&#x0364;me: er wolle mir morgen des<lb/>
Tages die ge&#x017F;chehenen Ri&#x017F;&#x017F;e an den Ba&#x0364;umen zei-<lb/>
gen. Solches ge&#x017F;chahe auch, und ich &#x017F;ahe wirk-<lb/>
lich, daß &#x017F;ich an den Weiden, Zwet&#x017F;chgen und<lb/>
Pflaumen-Ba&#x0364;umen Spalte eines Me&#x017F;&#x017F;er-Ru&#x0364;ckens<lb/>
breit befanden. An den Aepfel- und Birn-Ba&#x0364;u-<lb/>
men aber konte man die&#x017F;elben nicht &#x017F;o deutlich<lb/>
gewahr werden. Nachdem &#x017F;ich hernach die Wit-<lb/>
terung gea&#x0364;ndert und die Sonne die gefrornen<lb/>
Ba&#x0364;ume aufgethauet hatte, &#x017F;o waren die Ri&#x017F;&#x017F;e nicht<lb/>
&#x017F;onderlich mehr zu &#x017F;ehen, indem &#x017F;ie &#x017F;ich wieder zu-<lb/>
&#x017F;ammen gezogen hatten. Den darauf folgenden<lb/>
Sommer und Herb&#x017F;t hatten die mehre&#x017F;ten Ba&#x0364;u-<lb/>
me ihre Spalte wieder verwach&#x017F;en, ausgenom-<lb/>
men die alten Pflaumen- und Weiden-Ba&#x0364;ume,<lb/>
welche die&#x017F;elben behielten. Bey den Weiden-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ba&#x0364;u-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0157] und Schaͤden der Baͤume. den und fragten, warum ich denn ſo bald von der Lauſche aufgeſtanden, da ich doch gar wohl meinen Haſen haͤtte bekommen koͤnnen, wenn ich noch ei- ne Zeit lang an meinem Orte geblieben waͤre. Jch antwortete Jhnen, daß der Kuckuck moͤchte an ei- nem ſolchen Orte laͤnger geblieben ſeyn; es waͤren um und neben mir viele Schuͤſſe geſchehen, da ich doch gleichwol niemanden geſehen und gehoͤrt, auch weder den Geruch noch Rauch des Pulvers em- pfinden und wahrnehmen koͤnnen. Hieruͤber wurde ich, wie leicht zu erachten, erbaͤrmlich ausgelachet. Mein Vater gab mir hernach zur Antwort: ob mir noch nicht bekant waͤre, daß in einer ſolchen Kaͤlte die Baͤume von einander platzten, und daß ſolches einen Schal gaͤbe, der einen Piſtolen- Schuſſe gleich kaͤme: er wolle mir morgen des Tages die geſchehenen Riſſe an den Baͤumen zei- gen. Solches geſchahe auch, und ich ſahe wirk- lich, daß ſich an den Weiden, Zwetſchgen und Pflaumen-Baͤumen Spalte eines Meſſer-Ruͤckens breit befanden. An den Aepfel- und Birn-Baͤu- men aber konte man dieſelben nicht ſo deutlich gewahr werden. Nachdem ſich hernach die Wit- terung geaͤndert und die Sonne die gefrornen Baͤume aufgethauet hatte, ſo waren die Riſſe nicht ſonderlich mehr zu ſehen, indem ſie ſich wieder zu- ſammen gezogen hatten. Den darauf folgenden Sommer und Herbſt hatten die mehreſten Baͤu- me ihre Spalte wieder verwachſen, ausgenom- men die alten Pflaumen- und Weiden-Baͤume, welche dieſelben behielten. Bey den Weiden- Baͤu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/157
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/157>, abgerufen am 04.05.2024.