Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

10. Cap. Von Erziehung
lerlängsamsten und nicht eher hervorkommen, bis
man keine Fröste mehr zu besorgen hat. Sol-
ten aber, wie es unterweilen zu geschehen pfleget,
einige Reiser an dem alten Stamme keine Wur-
zeln haben, und aus Versehen von demselben
in Eil mit herunter genommen worden seyn,
so schmeisse man solche nicht alsobald hinweg, son-
dern lege sie wie die Wein-Reben ein, und be-
giese sie zuweilen durchdringend, so werden sie ge-
wiß Wurzeln gewinnen. Denn es ist bekant,
daß alle Gewächse, welche einen starcken Marck
in sich haben, durch das Einlegen derer abge-
schnittenen Reiser können vermehret werden,
wovon ich im dritten Theile ein Veizeichniß ge-
ben werde. Wer ein mehreres von dieser Cultur
zu wissen verlanget, kan in den oben angeführten
Leipziger und Schlesischen Oeconomischen Sam-
lungen nachschlagen, worinnen auch zugleich von
Anlegung der Hölzer und Wälder gehandelt wor-
den, wozu auch Herr Hans Carl von Carlowitz
und Herr Cammer-Rath Kretschmar in seiner
neuerfundenen Holz-Anlage weitläuftige Mittel
an die Hand gegeben haben.

Holz-Man-
gel, woher
solcher
komt.

Es wäre zu wünschen, daß diese preiswürdi-
gen Vorschläge, bey jetzigem grossen Holz-Mangel
könten bewerckstelliget werden. Mich deucht aber,
daß bey dieser Unternehmung 2. wichtige Hinder-
nisse im Wege liegen, indem erstlich an vielen Orten
das hohe Wild alzusehre geheget wird, denn das-
selbe läst die aufschiessenden Reiser nicht in die Höhe
kommen, sondern beisset die Rüthlein ab, zerbricht,

zer-

10. Cap. Von Erziehung
lerlaͤngſamſten und nicht eher hervorkommen, bis
man keine Froͤſte mehr zu beſorgen hat. Sol-
ten aber, wie es unterweilen zu geſchehen pfleget,
einige Reiſer an dem alten Stamme keine Wur-
zeln haben, und aus Verſehen von demſelben
in Eil mit herunter genommen worden ſeyn,
ſo ſchmeiſſe man ſolche nicht alſobald hinweg, ſon-
dern lege ſie wie die Wein-Reben ein, und be-
gieſe ſie zuweilen durchdringend, ſo werden ſie ge-
wiß Wurzeln gewinnen. Denn es iſt bekant,
daß alle Gewaͤchſe, welche einen ſtarcken Marck
in ſich haben, durch das Einlegen derer abge-
ſchnittenen Reiſer koͤnnen vermehret werden,
wovon ich im dritten Theile ein Veizeichniß ge-
ben werde. Wer ein mehreres von dieſer Cultur
zu wiſſen verlanget, kan in den oben angefuͤhrten
Leipziger und Schleſiſchen Oeconomiſchen Sam-
lungen nachſchlagen, worinnen auch zugleich von
Anlegung der Hoͤlzer und Waͤlder gehandelt wor-
den, wozu auch Herr Hans Carl von Carlowitz
und Herr Cammer-Rath Kretſchmar in ſeiner
neuerfundenen Holz-Anlage weitlaͤuftige Mittel
an die Hand gegeben haben.

Holz-Man-
gel, woher
ſolcher
komt.

Es waͤre zu wuͤnſchen, daß dieſe preiswuͤrdi-
gen Vorſchlaͤge, bey jetzigem groſſen Holz-Mangel
koͤnten bewerckſtelliget werden. Mich deucht aber,
daß bey dieſer Unternehmung 2. wichtige Hinder-
niſſe im Wege liegen, indem erſtlich an vielen Orten
das hohe Wild alzuſehre geheget wird, denn daſ-
ſelbe laͤſt die aufſchieſſendẽ Reiſer nicht in die Hoͤhe
kommen, ſondern beiſſet die Ruͤthlein ab, zerbricht,

zer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0182" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">10. Cap. Von Erziehung</hi></fw><lb/>
lerla&#x0364;ng&#x017F;am&#x017F;ten und nicht eher hervorkommen, bis<lb/>
man keine Fro&#x0364;&#x017F;te mehr zu be&#x017F;orgen hat. Sol-<lb/>
ten aber, wie es unterweilen zu ge&#x017F;chehen pfleget,<lb/>
einige Rei&#x017F;er an dem alten Stamme keine Wur-<lb/>
zeln haben, und aus Ver&#x017F;ehen von dem&#x017F;elben<lb/>
in Eil mit herunter genommen worden &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;e man &#x017F;olche nicht al&#x017F;obald hinweg, &#x017F;on-<lb/>
dern lege &#x017F;ie wie die Wein-Reben ein, und be-<lb/>
gie&#x017F;e &#x017F;ie zuweilen durchdringend, &#x017F;o werden &#x017F;ie ge-<lb/>
wiß Wurzeln gewinnen. Denn es i&#x017F;t bekant,<lb/>
daß alle Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, welche einen &#x017F;tarcken Marck<lb/>
in &#x017F;ich haben, durch das Einlegen derer abge-<lb/>
&#x017F;chnittenen Rei&#x017F;er ko&#x0364;nnen vermehret werden,<lb/>
wovon ich im dritten Theile ein Veizeichniß ge-<lb/>
ben werde. Wer ein mehreres von die&#x017F;er Cultur<lb/>
zu wi&#x017F;&#x017F;en verlanget, kan in den oben angefu&#x0364;hrten<lb/>
Leipziger und Schle&#x017F;i&#x017F;chen Oeconomi&#x017F;chen Sam-<lb/>
lungen nach&#x017F;chlagen, worinnen auch zugleich von<lb/>
Anlegung der Ho&#x0364;lzer und Wa&#x0364;lder gehandelt wor-<lb/>
den, wozu auch Herr Hans Carl von Carlowitz<lb/>
und Herr Cammer-Rath Kret&#x017F;chmar in &#x017F;einer<lb/>
neuerfundenen Holz-Anlage weitla&#x0364;uftige Mittel<lb/>
an die Hand gegeben haben.</p><lb/>
          <note place="left">Holz-Man-<lb/>
gel, woher<lb/>
&#x017F;olcher<lb/>
komt.</note>
          <p>Es wa&#x0364;re zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß die&#x017F;e preiswu&#x0364;rdi-<lb/>
gen Vor&#x017F;chla&#x0364;ge, bey jetzigem gro&#x017F;&#x017F;en Holz-Mangel<lb/>
ko&#x0364;nten bewerck&#x017F;telliget werden. Mich deucht aber,<lb/>
daß bey die&#x017F;er Unternehmung 2. wichtige Hinder-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e im Wege liegen, indem er&#x017F;tlich an vielen Orten<lb/>
das hohe Wild alzu&#x017F;ehre geheget wird, denn da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe la&#x0364;&#x017F;t die auf&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;ende&#x0303; Rei&#x017F;er nicht in die Ho&#x0364;he<lb/>
kommen, &#x017F;ondern bei&#x017F;&#x017F;et die Ru&#x0364;thlein ab, zerbricht,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zer-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0182] 10. Cap. Von Erziehung lerlaͤngſamſten und nicht eher hervorkommen, bis man keine Froͤſte mehr zu beſorgen hat. Sol- ten aber, wie es unterweilen zu geſchehen pfleget, einige Reiſer an dem alten Stamme keine Wur- zeln haben, und aus Verſehen von demſelben in Eil mit herunter genommen worden ſeyn, ſo ſchmeiſſe man ſolche nicht alſobald hinweg, ſon- dern lege ſie wie die Wein-Reben ein, und be- gieſe ſie zuweilen durchdringend, ſo werden ſie ge- wiß Wurzeln gewinnen. Denn es iſt bekant, daß alle Gewaͤchſe, welche einen ſtarcken Marck in ſich haben, durch das Einlegen derer abge- ſchnittenen Reiſer koͤnnen vermehret werden, wovon ich im dritten Theile ein Veizeichniß ge- ben werde. Wer ein mehreres von dieſer Cultur zu wiſſen verlanget, kan in den oben angefuͤhrten Leipziger und Schleſiſchen Oeconomiſchen Sam- lungen nachſchlagen, worinnen auch zugleich von Anlegung der Hoͤlzer und Waͤlder gehandelt wor- den, wozu auch Herr Hans Carl von Carlowitz und Herr Cammer-Rath Kretſchmar in ſeiner neuerfundenen Holz-Anlage weitlaͤuftige Mittel an die Hand gegeben haben. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß dieſe preiswuͤrdi- gen Vorſchlaͤge, bey jetzigem groſſen Holz-Mangel koͤnten bewerckſtelliget werden. Mich deucht aber, daß bey dieſer Unternehmung 2. wichtige Hinder- niſſe im Wege liegen, indem erſtlich an vielen Orten das hohe Wild alzuſehre geheget wird, denn daſ- ſelbe laͤſt die aufſchieſſendẽ Reiſer nicht in die Hoͤhe kommen, ſondern beiſſet die Ruͤthlein ab, zerbricht, zer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/182
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/182>, abgerufen am 04.05.2024.