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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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der Steinobst-Bäume.
wenn sie wohl gezogen und von einem erfahrnen
Gärtner beschnitten werden. Sie ziehen hiervon
Canape, Stühle, Vögel, Pyramiden, Gelän-
der und Lehnen an den Treppen, woran ordent-
lich Leisten und Zierrathen so schöne ausgeschnitten
sind, wie die Tischler an die Treppen zu machen
pflegen. Ja so gar habe ich an einer Tax-Hecke
einen Gärtner mit einer Garten-Scheere ausge-
schnitten gesehen, welches ich 1735 und 38 zu
Mayntz in dem Churfürstlichen Garten, die Favo-
rita
genant, mit besondern Vergnügen betrachtet,
und halte davor, daß anderwärts wohl wenige der-
gleichen Hecken und ausgeschnittene Zierrathen
anzutreffen seyn werden. Jch wil also von Erzie-
hung und Anbauung dieses Baumes so viel als
ich hierinnen erfahren, eine Beschreibung geben.
Es grünet derselbe beständig, und treibet sehr viel
Nebenäste, welche dicke in einander wachsen, be-
sonders aber, wenn sie verschnitten werden. Jm
May geben sie ihre grünliche Blümlein, auf wel-
che man genan Acht haben muß, wenn man sie
betrachten wil. Aus diesen wachsen gegen den
Herbst runde rothe Beere nach Art des Spargel-
Samens hervor, worinnen sich die Samen-Kör-
ner befinden, welche schwarzbraun aussehen.
Man nimt gedachte Beere ohngefehr im Octo-
ber ab, und zerdrucket das Fleisch, welches sehr
klebricht und zähe ist, und sich wie gekochter und
kalt gewordener Leim dehnet, und verfähret
mit der Reinigung der Kern eben so, wie oben
bey den Maul-Beeren gedacht worden. Alsdenn

wer-

der Steinobſt-Baͤume.
wenn ſie wohl gezogen und von einem erfahrnen
Gaͤrtner beſchnitten werden. Sie ziehen hiervon
Canape, Stuͤhle, Voͤgel, Pyramiden, Gelaͤn-
der und Lehnen an den Treppen, woran ordent-
lich Leiſten und Zierrathen ſo ſchoͤne ausgeſchnitten
ſind, wie die Tiſchler an die Treppen zu machen
pflegen. Ja ſo gar habe ich an einer Tax-Hecke
einen Gaͤrtner mit einer Garten-Scheere ausge-
ſchnitten geſehen, welches ich 1735 und 38 zu
Mayntz in dem Churfuͤrſtlichen Garten, die Favo-
rita
genant, mit beſondern Vergnuͤgen betrachtet,
und halte davor, daß anderwaͤrts wohl wenige der-
gleichen Hecken und ausgeſchnittene Zierrathen
anzutreffen ſeyn werden. Jch wil alſo von Erzie-
hung und Anbauung dieſes Baumes ſo viel als
ich hierinnen erfahren, eine Beſchreibung geben.
Es gruͤnet derſelbe beſtaͤndig, und treibet ſehr viel
Nebenaͤſte, welche dicke in einander wachſen, be-
ſonders aber, wenn ſie verſchnitten werden. Jm
May geben ſie ihre gruͤnliche Bluͤmlein, auf wel-
che man genan Acht haben muß, wenn man ſie
betrachten wil. Aus dieſen wachſen gegen den
Herbſt runde rothe Beere nach Art des Spargel-
Samens hervor, worinnen ſich die Samen-Koͤr-
ner befinden, welche ſchwarzbraun ausſehen.
Man nimt gedachte Beere ohngefehr im Octo-
ber ab, und zerdrucket das Fleiſch, welches ſehr
klebricht und zaͤhe iſt, und ſich wie gekochter und
kalt gewordener Leim dehnet, und verfaͤhret
mit der Reinigung der Kern eben ſo, wie oben
bey den Maul-Beeren gedacht worden. Alsdenn

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[155/0187] der Steinobſt-Baͤume. wenn ſie wohl gezogen und von einem erfahrnen Gaͤrtner beſchnitten werden. Sie ziehen hiervon Canape, Stuͤhle, Voͤgel, Pyramiden, Gelaͤn- der und Lehnen an den Treppen, woran ordent- lich Leiſten und Zierrathen ſo ſchoͤne ausgeſchnitten ſind, wie die Tiſchler an die Treppen zu machen pflegen. Ja ſo gar habe ich an einer Tax-Hecke einen Gaͤrtner mit einer Garten-Scheere ausge- ſchnitten geſehen, welches ich 1735 und 38 zu Mayntz in dem Churfuͤrſtlichen Garten, die Favo- rita genant, mit beſondern Vergnuͤgen betrachtet, und halte davor, daß anderwaͤrts wohl wenige der- gleichen Hecken und ausgeſchnittene Zierrathen anzutreffen ſeyn werden. Jch wil alſo von Erzie- hung und Anbauung dieſes Baumes ſo viel als ich hierinnen erfahren, eine Beſchreibung geben. Es gruͤnet derſelbe beſtaͤndig, und treibet ſehr viel Nebenaͤſte, welche dicke in einander wachſen, be- ſonders aber, wenn ſie verſchnitten werden. Jm May geben ſie ihre gruͤnliche Bluͤmlein, auf wel- che man genan Acht haben muß, wenn man ſie betrachten wil. Aus dieſen wachſen gegen den Herbſt runde rothe Beere nach Art des Spargel- Samens hervor, worinnen ſich die Samen-Koͤr- ner befinden, welche ſchwarzbraun ausſehen. Man nimt gedachte Beere ohngefehr im Octo- ber ab, und zerdrucket das Fleiſch, welches ſehr klebricht und zaͤhe iſt, und ſich wie gekochter und kalt gewordener Leim dehnet, und verfaͤhret mit der Reinigung der Kern eben ſo, wie oben bey den Maul-Beeren gedacht worden. Alsdenn wer-

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/187>, abgerufen am 30.04.2024.