Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

der jungen Stämme
"und delicat seyn, als das Obst gewesen, daraus
"der Kern genommen worden.

Allein was hier gesaget worden, hat keinen
Grund, und ich kan es nicht zusammen reimen,
daß durch das östere Umsetzen, die Bäume und
ihre Früchte sollen geschlachter werden. Denn
es ist ohnstreitig, was einmal in die Natur eines
Baumes geleget worden, das wird gewislich
durch das Umsetzen nimmermehr geändert wer-
den. Es ist auch eine aus algemeiner Erfah-
rung bekante Sache, daß ein wilder Stam, wor-
auf gepfropfet worden, weder durch das aufge-
setzte Reis, noch durch das öftere Umsetzen ver-
bessert werde; sondern es behält derselbe seine
Natur und Eigenschaft bis ins Feuer. Dieses
kan man daran sonnenklar erkennen, wenn ein
Reis aus einem gepfropften Baume ausschlä-
get, und zwar über der Gegend, wo der wilde
Stam abgeschnitten worden, so werden die Rei-
ser und Früchte eben so gut; hingegen, wenn
der Zweig unter den aufgesetzten Pfropf-Reisern
oder aus der Wurtzel ausschlägt, so wird dieses
Reis eben der Art, wie vorhero der Stam ge-
wesen.

Jn denen Leipziger Samlungen p. 456.
im 2ten Bande sind gar feine Gedancken angege-
ben worden, wie aus denen Borstorfferäpfel-Kern
wiederum Borstorffer-Bäume könten erzogen
werden. Wer es thun und versuchen will, dem
wird es niemand wehren; allein ich werde die-
sen Versuch gewiß nicht vornehmen, noch auch

jeman-
Abh. v. Bäum. C

der jungen Staͤmme
„und delicat ſeyn, als das Obſt geweſen, daraus
„der Kern genommen worden.

Allein was hier geſaget worden, hat keinen
Grund, und ich kan es nicht zuſammen reimen,
daß durch das oͤſtere Umſetzen, die Baͤume und
ihre Fruͤchte ſollen geſchlachter werden. Denn
es iſt ohnſtreitig, was einmal in die Natur eines
Baumes geleget worden, das wird gewislich
durch das Umſetzen nimmermehr geaͤndert wer-
den. Es iſt auch eine aus algemeiner Erfah-
rung bekante Sache, daß ein wilder Stam, wor-
auf gepfropfet worden, weder durch das aufge-
ſetzte Reis, noch durch das oͤftere Umſetzen ver-
beſſert werde; ſondern es behaͤlt derſelbe ſeine
Natur und Eigenſchaft bis ins Feuer. Dieſes
kan man daran ſonnenklar erkennen, wenn ein
Reis aus einem gepfropften Baume ausſchlaͤ-
get, und zwar uͤber der Gegend, wo der wilde
Stam abgeſchnitten worden, ſo werden die Rei-
ſer und Fruͤchte eben ſo gut; hingegen, wenn
der Zweig unter den aufgeſetzten Pfropf-Reiſern
oder aus der Wurtzel ausſchlaͤgt, ſo wird dieſes
Reis eben der Art, wie vorhero der Stam ge-
weſen.

Jn denen Leipziger Samlungen p. 456.
im 2ten Bande ſind gar feine Gedancken angege-
ben worden, wie aus denen Borſtorfferaͤpfel-Kern
wiederum Borſtorffer-Baͤume koͤnten erzogen
werden. Wer es thun und verſuchen will, dem
wird es niemand wehren; allein ich werde die-
ſen Verſuch gewiß nicht vornehmen, noch auch

jeman-
Abh. v. Baͤum. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der jungen Sta&#x0364;mme</hi></fw><lb/>
&#x201E;und delicat &#x017F;eyn, als das Ob&#x017F;t gewe&#x017F;en, daraus<lb/>
&#x201E;der Kern genommen worden.</p><lb/>
          <p>Allein was hier ge&#x017F;aget worden, hat keinen<lb/>
Grund, und ich kan es nicht zu&#x017F;ammen reimen,<lb/>
daß durch das o&#x0364;&#x017F;tere Um&#x017F;etzen, die Ba&#x0364;ume und<lb/>
ihre Fru&#x0364;chte &#x017F;ollen ge&#x017F;chlachter werden. Denn<lb/>
es i&#x017F;t ohn&#x017F;treitig, was einmal in die Natur eines<lb/>
Baumes geleget worden, das wird gewislich<lb/>
durch das Um&#x017F;etzen nimmermehr gea&#x0364;ndert wer-<lb/>
den. Es i&#x017F;t auch eine aus algemeiner Erfah-<lb/>
rung bekante Sache, daß ein wilder Stam, wor-<lb/>
auf gepfropfet worden, weder durch das aufge-<lb/>
&#x017F;etzte Reis, noch durch das o&#x0364;ftere Um&#x017F;etzen ver-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ert werde; &#x017F;ondern es beha&#x0364;lt der&#x017F;elbe &#x017F;eine<lb/>
Natur und Eigen&#x017F;chaft bis ins Feuer. Die&#x017F;es<lb/>
kan man daran &#x017F;onnenklar erkennen, wenn ein<lb/>
Reis aus einem gepfropften Baume aus&#x017F;chla&#x0364;-<lb/>
get, und zwar u&#x0364;ber der Gegend, wo der wilde<lb/>
Stam abge&#x017F;chnitten worden, &#x017F;o werden die Rei-<lb/>
&#x017F;er und Fru&#x0364;chte eben &#x017F;o gut; hingegen, wenn<lb/>
der Zweig unter den aufge&#x017F;etzten Pfropf-Rei&#x017F;ern<lb/>
oder aus der Wurtzel aus&#x017F;chla&#x0364;gt, &#x017F;o wird die&#x017F;es<lb/>
Reis eben der Art, wie vorhero der Stam ge-<lb/>
we&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Jn denen Leipziger Samlungen p. 456.<lb/>
im 2ten Bande &#x017F;ind gar feine Gedancken angege-<lb/>
ben worden, wie aus denen Bor&#x017F;torffera&#x0364;pfel-Kern<lb/>
wiederum Bor&#x017F;torffer-Ba&#x0364;ume ko&#x0364;nten erzogen<lb/>
werden. Wer es thun und ver&#x017F;uchen will, dem<lb/>
wird es niemand wehren; allein ich werde die-<lb/>
&#x017F;en Ver&#x017F;uch gewiß nicht vornehmen, noch auch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Abh. v. Ba&#x0364;um.</hi> C</fw><fw place="bottom" type="catch">jeman-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0065] der jungen Staͤmme „und delicat ſeyn, als das Obſt geweſen, daraus „der Kern genommen worden. Allein was hier geſaget worden, hat keinen Grund, und ich kan es nicht zuſammen reimen, daß durch das oͤſtere Umſetzen, die Baͤume und ihre Fruͤchte ſollen geſchlachter werden. Denn es iſt ohnſtreitig, was einmal in die Natur eines Baumes geleget worden, das wird gewislich durch das Umſetzen nimmermehr geaͤndert wer- den. Es iſt auch eine aus algemeiner Erfah- rung bekante Sache, daß ein wilder Stam, wor- auf gepfropfet worden, weder durch das aufge- ſetzte Reis, noch durch das oͤftere Umſetzen ver- beſſert werde; ſondern es behaͤlt derſelbe ſeine Natur und Eigenſchaft bis ins Feuer. Dieſes kan man daran ſonnenklar erkennen, wenn ein Reis aus einem gepfropften Baume ausſchlaͤ- get, und zwar uͤber der Gegend, wo der wilde Stam abgeſchnitten worden, ſo werden die Rei- ſer und Fruͤchte eben ſo gut; hingegen, wenn der Zweig unter den aufgeſetzten Pfropf-Reiſern oder aus der Wurtzel ausſchlaͤgt, ſo wird dieſes Reis eben der Art, wie vorhero der Stam ge- weſen. Jn denen Leipziger Samlungen p. 456. im 2ten Bande ſind gar feine Gedancken angege- ben worden, wie aus denen Borſtorfferaͤpfel-Kern wiederum Borſtorffer-Baͤume koͤnten erzogen werden. Wer es thun und verſuchen will, dem wird es niemand wehren; allein ich werde die- ſen Verſuch gewiß nicht vornehmen, noch auch jeman- Abh. v. Baͤum. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/65
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/65>, abgerufen am 28.04.2024.