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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765.

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Das sechste Capitel. Von einigen

Wenn die Sonne auf das Gespinste scheinet,
so siehet es aus wie Silber-Glanz, oder seitener
Watt.

Jn diesen Nestern bleiben sie den ganzen Win-
ter über, ohne alle Nahrung lebendig, und schadet
ihnen weder Frost, noch Regen und Schnee, indem
an ihrem Gespinste keine Nässe haften kan. Jhr
dickes Gewebe in einigen festen Blättern, nebst
ihrem eigenen Kothe, gibt ihnen auch eine noth-
dürftige Bedeckung wider die Kälte. Ja, sie selbst,
indem sie dichte beysammen liegen, erwärmen
einander in etwas. Daher kan man das Leben
allezeit deutlich an ihnen spüren, wenn man sie
anrühret, ob sie gleich sonst als todt da liegen.

Wenn man nun ein solches Raupen-Nest zur Win-
ters-Zeit bey grosser Kälte abbricht, und solches
von einander reisset, so scheinet es, als wenn kein
Leben mehr in den darinnen befindlichen Maden
wäre.

So man aber ein solches Nest in eine warme
Stube bringet, so wird binnen einer halben Stun-
de darinnen alles lebendig, ja die Räuplein krie-
chen wohl gar aus ihrem Neste hervor.

So bald nun die Bäume im Früh-Jahre aus-
schlagen wollen, so kriegen sie zeitig heraus, und
nähren sich so lange von den Blättern, bis sie
endlich wieder in Sommer-Vögel verwandelt
werden.

§. 39.
Vertilgung
der Gespinst-
Raupe.

Was die Vertilgung dieser Raupen betrist, so

kan
Das ſechſte Capitel. Von einigen

Wenn die Sonne auf das Geſpinſte ſcheinet,
ſo ſiehet es aus wie Silber-Glanz, oder ſeitener
Watt.

Jn dieſen Neſtern bleiben ſie den ganzen Win-
ter uͤber, ohne alle Nahrung lebendig, und ſchadet
ihnen weder Froſt, noch Regen und Schnee, indem
an ihrem Geſpinſte keine Naͤſſe haften kan. Jhr
dickes Gewebe in einigen feſten Blaͤttern, nebſt
ihrem eigenen Kothe, gibt ihnen auch eine noth-
duͤrftige Bedeckung wider die Kaͤlte. Ja, ſie ſelbſt,
indem ſie dichte beyſammen liegen, erwaͤrmen
einander in etwas. Daher kan man das Leben
allezeit deutlich an ihnen ſpuͤren, wenn man ſie
anruͤhret, ob ſie gleich ſonſt als todt da liegen.

Wenn man nun ein ſolches Raupen-Neſt zur Win-
ters-Zeit bey groſſer Kaͤlte abbricht, und ſolches
von einander reiſſet, ſo ſcheinet es, als wenn kein
Leben mehr in den darinnen befindlichen Maden
waͤre.

So man aber ein ſolches Neſt in eine warme
Stube bringet, ſo wird binnen einer halben Stun-
de darinnen alles lebendig, ja die Raͤuplein krie-
chen wohl gar aus ihrem Neſte hervor.

So bald nun die Baͤume im Fruͤh-Jahre aus-
ſchlagen wollen, ſo kriegen ſie zeitig heraus, und
naͤhren ſich ſo lange von den Blaͤttern, bis ſie
endlich wieder in Sommer-Voͤgel verwandelt
werden.

§. 39.
Vertilgung
der Geſpinſt-
Raupe.

Was die Vertilgung dieſer Raupen betriſt, ſo

kan
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[228/0242] Das ſechſte Capitel. Von einigen Wenn die Sonne auf das Geſpinſte ſcheinet, ſo ſiehet es aus wie Silber-Glanz, oder ſeitener Watt. Jn dieſen Neſtern bleiben ſie den ganzen Win- ter uͤber, ohne alle Nahrung lebendig, und ſchadet ihnen weder Froſt, noch Regen und Schnee, indem an ihrem Geſpinſte keine Naͤſſe haften kan. Jhr dickes Gewebe in einigen feſten Blaͤttern, nebſt ihrem eigenen Kothe, gibt ihnen auch eine noth- duͤrftige Bedeckung wider die Kaͤlte. Ja, ſie ſelbſt, indem ſie dichte beyſammen liegen, erwaͤrmen einander in etwas. Daher kan man das Leben allezeit deutlich an ihnen ſpuͤren, wenn man ſie anruͤhret, ob ſie gleich ſonſt als todt da liegen. Wenn man nun ein ſolches Raupen-Neſt zur Win- ters-Zeit bey groſſer Kaͤlte abbricht, und ſolches von einander reiſſet, ſo ſcheinet es, als wenn kein Leben mehr in den darinnen befindlichen Maden waͤre. So man aber ein ſolches Neſt in eine warme Stube bringet, ſo wird binnen einer halben Stun- de darinnen alles lebendig, ja die Raͤuplein krie- chen wohl gar aus ihrem Neſte hervor. So bald nun die Baͤume im Fruͤh-Jahre aus- ſchlagen wollen, ſo kriegen ſie zeitig heraus, und naͤhren ſich ſo lange von den Blaͤttern, bis ſie endlich wieder in Sommer-Voͤgel verwandelt werden. §. 39. Was die Vertilgung dieſer Raupen betriſt, ſo kan

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz06_1755/242>, abgerufen am 30.04.2024.