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Reimarus, Johann Albert Heinrich: Die Ursache des Einschlagens vom Blitze. Langensalza, 1769.

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wissen Weltgegend zu kehren suchte, in dem man
etwa den Stein, oder eine daran gestrichene
Nadel an einen Faden gehänget, oder vermit-
telst eines Stückchen Gorks auf dem Wasser
schwimmen lassen. Vielleicht diente auch die-
ses noch eine Zeitlang nur zu Kunstspielen. End-
lich hat es zu Anfange des 14ten Jahrhunderts
ein guter Kopf anzuwenden gewußt, und es ist
daraus die so nützliche Erfindung der Seecom-
passe
entsprungen *), dadurch der Schiffer in
den Stand gesetzet, sich von den Küsten in die
freie See zu wagen, der Weg nach beyden In-
dien ausgespüret, und die Handlung von ganz
Europa ansehnlich ausgebreitet ist. Durch den
Fleiß neuerer Zeiten ist dieses Werkzeug nach-
gerade vollkommener geworden. Besonders
aber hat die nach vielen Versuchen gemachte
Entdeckung des Hrn. Canton in England,
welcher im Jahr 1750. dem Stahle ohne Zu-
thun eines Magneten, die völlige magnetische
Kraft zu geben gelehret hat **), die Wissen-
schaft und den Nutzen dieser Kraft sehr erweitert.

§. 35.
*) Man sagt, daß die Chineser schon länger den
Magneten zu gleichem Nutzen angewendet hät-
ten. Sie sind aber dabey geblieben, ihn wie
man vor dem 14ten Jahrhunderte auch in
Europa that, vermöge eines Stückchen Holzes
auf Wasser schwimmen zu lassen, welches noch
lange nicht die Dienste thut, als eine Magnet-
Nadel, die auf einer Spitze sich umdrehen
kann.
**) S. Philos. Trans. Vol. XLVII. p. 31. Hamb. Ma-
gaz. VIII. B. p. 339.
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wiſſen Weltgegend zu kehren ſuchte, in dem man
etwa den Stein, oder eine daran geſtrichene
Nadel an einen Faden gehaͤnget, oder vermit-
telſt eines Stuͤckchen Gorks auf dem Waſſer
ſchwimmen laſſen. Vielleicht diente auch die-
ſes noch eine Zeitlang nur zu Kunſtſpielen. End-
lich hat es zu Anfange des 14ten Jahrhunderts
ein guter Kopf anzuwenden gewußt, und es iſt
daraus die ſo nuͤtzliche Erfindung der Seecom-
paſſe
entſprungen *), dadurch der Schiffer in
den Stand geſetzet, ſich von den Kuͤſten in die
freie See zu wagen, der Weg nach beyden In-
dien ausgeſpuͤret, und die Handlung von ganz
Europa anſehnlich ausgebreitet iſt. Durch den
Fleiß neuerer Zeiten iſt dieſes Werkzeug nach-
gerade vollkommener geworden. Beſonders
aber hat die nach vielen Verſuchen gemachte
Entdeckung des Hrn. Canton in England,
welcher im Jahr 1750. dem Stahle ohne Zu-
thun eines Magneten, die voͤllige magnetiſche
Kraft zu geben gelehret hat **), die Wiſſen-
ſchaft und den Nutzen dieſer Kraft ſehr erweitert.

§. 35.
*) Man ſagt, daß die Chineſer ſchon laͤnger den
Magneten zu gleichem Nutzen angewendet haͤt-
ten. Sie ſind aber dabey geblieben, ihn wie
man vor dem 14ten Jahrhunderte auch in
Europa that, vermoͤge eines Stuͤckchen Holzes
auf Waſſer ſchwimmen zu laſſen, welches noch
lange nicht die Dienſte thut, als eine Magnet-
Nadel, die auf einer Spitze ſich umdrehen
kann.
**) S. Philoſ. Tranſ. Vol. XLVII. p. 31. Hamb. Ma-
gaz. VIII. B. p. 339.
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[119/0119] wiſſen Weltgegend zu kehren ſuchte, in dem man etwa den Stein, oder eine daran geſtrichene Nadel an einen Faden gehaͤnget, oder vermit- telſt eines Stuͤckchen Gorks auf dem Waſſer ſchwimmen laſſen. Vielleicht diente auch die- ſes noch eine Zeitlang nur zu Kunſtſpielen. End- lich hat es zu Anfange des 14ten Jahrhunderts ein guter Kopf anzuwenden gewußt, und es iſt daraus die ſo nuͤtzliche Erfindung der Seecom- paſſe entſprungen *), dadurch der Schiffer in den Stand geſetzet, ſich von den Kuͤſten in die freie See zu wagen, der Weg nach beyden In- dien ausgeſpuͤret, und die Handlung von ganz Europa anſehnlich ausgebreitet iſt. Durch den Fleiß neuerer Zeiten iſt dieſes Werkzeug nach- gerade vollkommener geworden. Beſonders aber hat die nach vielen Verſuchen gemachte Entdeckung des Hrn. Canton in England, welcher im Jahr 1750. dem Stahle ohne Zu- thun eines Magneten, die voͤllige magnetiſche Kraft zu geben gelehret hat **), die Wiſſen- ſchaft und den Nutzen dieſer Kraft ſehr erweitert. §. 35. *) Man ſagt, daß die Chineſer ſchon laͤnger den Magneten zu gleichem Nutzen angewendet haͤt- ten. Sie ſind aber dabey geblieben, ihn wie man vor dem 14ten Jahrhunderte auch in Europa that, vermoͤge eines Stuͤckchen Holzes auf Waſſer ſchwimmen zu laſſen, welches noch lange nicht die Dienſte thut, als eine Magnet- Nadel, die auf einer Spitze ſich umdrehen kann. **) S. Philoſ. Tranſ. Vol. XLVII. p. 31. Hamb. Ma- gaz. VIII. B. p. 339. H 4

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Zitationshilfe: Reimarus, Johann Albert Heinrich: Die Ursache des Einschlagens vom Blitze. Langensalza, 1769, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769/119>, abgerufen am 29.04.2024.