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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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IV. Hokurokudo.
Ebene am Shinano-gawa, Aga-gawa und verschiedenen andern Küsten-
flüssen, welche meist durch eine Sanddüne vom Meer geschieden
wird. Der höchste Berg ist der im Nordosten von Niigata sich er-
hebende Iitoyesan.

Die bemerkenswerthesten Producte sind: aus dem Mineralreich
Erdöl, Kohlen und Kupfer, aus dem Pflanzenreich Reis, Thee, Lack
und Pflanzentalg. Niigata (d. h. Neuhafen), die Hauptstadt, liegt
37° 58' N. und 0° 44' W. Tokio. Es wurde zur Zeit der Toku-
gawa am linken Ufer des breiten, aber seichten Shinanogawa, kurz
vor dessen Mündung angelegt. Sanddünen, die theilweise mit Schwarz-
kiefern bepflanzt sind und sich 18--20 M. hoch erheben, trennen die
Stadt vom Meer und gewähren hübsche Fernsichten auf die Insel
Sado, sowie auf das hohe Grenzgebirge gen Osten und Nordosten.
Niigata hat 34000 Einwohner. Es erinnert durch seine Canäle und
die denselben entlang führenden Alleebäume, sowie seine mit Recht
gepriesene Reinlichkeit an eine holländische Stadt. Sonst ist es gleich
allen Orten des Landes aus leichten, an einander gereihten Holzbauten
aufgeführt. Wie zu Hirosaki und in mancher andern Stadt des Nor-
dens sind die Häuser den Strassen entlang mit aneinander stossenden
Vorderdächern versehen, so dass man längs den gepflasterten Pfaden
im Winter Schutz gegen den oft und reichlich fallenden Schnee, im
Sommer ebenso gegen die heissen Strahlen der Mittagssonne findet.
Unter den Industriezweigen ist die Verfertigung von Lackwaaren her-
vorzuheben, welche in 200 Häusern betrieben wird.

Niigata ist als Vertragshafen von geringer Bedeutung, da wegen
der Barre an der Flussmündung und heftiger nördlicher Winde die
Schifffahrt während des Winterhalbjahres ganz ruht. Daher findet
die Ein- und Ausfuhr der Provinz, mit Ausnahme von Reis und
Fischen für den chinesischen Markt, nicht direct, sondern über Yo-
kohama statt. In Folge dessen wohnen hier nur wenige fremde Kauf-
leute mit sehr beschränktem Geschäftsbetrieb.

Die zwei bedeutendsten Städte der Provinz nach Niigata sind
Nagaoka und Takata. Nagaoka liegt am rechten Ufer des Shinano
südlich vom Niigata. Es spielte im Bürgerkriege 1868 als treue An-
hängerin der Tokugawa eine hervorragende Rolle und brannte fast
vollständig ab. Jetzt zählt es 24000 Bewohner. Früher war es
Residenz des Makino, eines Daimio von 71000 koku. Die Strasse
von Niigata nach Mikuni-toge und Tokio führt hindurch; auch bringt
der Fluss viel Verkehr. Takata (Sakakibara, 150000 koku) hat
27500 Einwohner. Es liegt am Seki-gawa im südlichen Theile der
Provinz, da wo der Hokkoku-kaido nach Shinano abzweigt. Seine

IV. Hokurokudô.
Ebene am Shinano-gawa, Aga-gawa und verschiedenen andern Küsten-
flüssen, welche meist durch eine Sanddüne vom Meer geschieden
wird. Der höchste Berg ist der im Nordosten von Niigata sich er-
hebende Iitoyesan.

Die bemerkenswerthesten Producte sind: aus dem Mineralreich
Erdöl, Kohlen und Kupfer, aus dem Pflanzenreich Reis, Thee, Lack
und Pflanzentalg. Niigata (d. h. Neuhafen), die Hauptstadt, liegt
37° 58' N. und 0° 44' W. Tôkio. Es wurde zur Zeit der Toku-
gawa am linken Ufer des breiten, aber seichten Shinanogawa, kurz
vor dessen Mündung angelegt. Sanddünen, die theilweise mit Schwarz-
kiefern bepflanzt sind und sich 18—20 M. hoch erheben, trennen die
Stadt vom Meer und gewähren hübsche Fernsichten auf die Insel
Sado, sowie auf das hohe Grenzgebirge gen Osten und Nordosten.
Niigata hat 34000 Einwohner. Es erinnert durch seine Canäle und
die denselben entlang führenden Alleebäume, sowie seine mit Recht
gepriesene Reinlichkeit an eine holländische Stadt. Sonst ist es gleich
allen Orten des Landes aus leichten, an einander gereihten Holzbauten
aufgeführt. Wie zu Hirosaki und in mancher andern Stadt des Nor-
dens sind die Häuser den Strassen entlang mit aneinander stossenden
Vorderdächern versehen, so dass man längs den gepflasterten Pfaden
im Winter Schutz gegen den oft und reichlich fallenden Schnee, im
Sommer ebenso gegen die heissen Strahlen der Mittagssonne findet.
Unter den Industriezweigen ist die Verfertigung von Lackwaaren her-
vorzuheben, welche in 200 Häusern betrieben wird.

Niigata ist als Vertragshafen von geringer Bedeutung, da wegen
der Barre an der Flussmündung und heftiger nördlicher Winde die
Schifffahrt während des Winterhalbjahres ganz ruht. Daher findet
die Ein- und Ausfuhr der Provinz, mit Ausnahme von Reis und
Fischen für den chinesischen Markt, nicht direct, sondern über Yo-
kohama statt. In Folge dessen wohnen hier nur wenige fremde Kauf-
leute mit sehr beschränktem Geschäftsbetrieb.

Die zwei bedeutendsten Städte der Provinz nach Niigata sind
Nagaoka und Takata. Nagaoka liegt am rechten Ufer des Shinano
südlich vom Niigata. Es spielte im Bürgerkriege 1868 als treue An-
hängerin der Tokugawa eine hervorragende Rolle und brannte fast
vollständig ab. Jetzt zählt es 24000 Bewohner. Früher war es
Residenz des Makino, eines Daimio von 71000 koku. Die Strasse
von Niigata nach Mikuni-tôge und Tôkio führt hindurch; auch bringt
der Fluss viel Verkehr. Takata (Sakakibara, 150000 koku) hat
27500 Einwohner. Es liegt am Seki-gawa im südlichen Theile der
Provinz, da wo der Hokkoku-kaidô nach Shinano abzweigt. Seine

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[581/0627] IV. Hokurokudô. Ebene am Shinano-gawa, Aga-gawa und verschiedenen andern Küsten- flüssen, welche meist durch eine Sanddüne vom Meer geschieden wird. Der höchste Berg ist der im Nordosten von Niigata sich er- hebende Iitoyesan. Die bemerkenswerthesten Producte sind: aus dem Mineralreich Erdöl, Kohlen und Kupfer, aus dem Pflanzenreich Reis, Thee, Lack und Pflanzentalg. Niigata (d. h. Neuhafen), die Hauptstadt, liegt 37° 58' N. und 0° 44' W. Tôkio. Es wurde zur Zeit der Toku- gawa am linken Ufer des breiten, aber seichten Shinanogawa, kurz vor dessen Mündung angelegt. Sanddünen, die theilweise mit Schwarz- kiefern bepflanzt sind und sich 18—20 M. hoch erheben, trennen die Stadt vom Meer und gewähren hübsche Fernsichten auf die Insel Sado, sowie auf das hohe Grenzgebirge gen Osten und Nordosten. Niigata hat 34000 Einwohner. Es erinnert durch seine Canäle und die denselben entlang führenden Alleebäume, sowie seine mit Recht gepriesene Reinlichkeit an eine holländische Stadt. Sonst ist es gleich allen Orten des Landes aus leichten, an einander gereihten Holzbauten aufgeführt. Wie zu Hirosaki und in mancher andern Stadt des Nor- dens sind die Häuser den Strassen entlang mit aneinander stossenden Vorderdächern versehen, so dass man längs den gepflasterten Pfaden im Winter Schutz gegen den oft und reichlich fallenden Schnee, im Sommer ebenso gegen die heissen Strahlen der Mittagssonne findet. Unter den Industriezweigen ist die Verfertigung von Lackwaaren her- vorzuheben, welche in 200 Häusern betrieben wird. Niigata ist als Vertragshafen von geringer Bedeutung, da wegen der Barre an der Flussmündung und heftiger nördlicher Winde die Schifffahrt während des Winterhalbjahres ganz ruht. Daher findet die Ein- und Ausfuhr der Provinz, mit Ausnahme von Reis und Fischen für den chinesischen Markt, nicht direct, sondern über Yo- kohama statt. In Folge dessen wohnen hier nur wenige fremde Kauf- leute mit sehr beschränktem Geschäftsbetrieb. Die zwei bedeutendsten Städte der Provinz nach Niigata sind Nagaoka und Takata. Nagaoka liegt am rechten Ufer des Shinano südlich vom Niigata. Es spielte im Bürgerkriege 1868 als treue An- hängerin der Tokugawa eine hervorragende Rolle und brannte fast vollständig ab. Jetzt zählt es 24000 Bewohner. Früher war es Residenz des Makino, eines Daimio von 71000 koku. Die Strasse von Niigata nach Mikuni-tôge und Tôkio führt hindurch; auch bringt der Fluss viel Verkehr. Takata (Sakakibara, 150000 koku) hat 27500 Einwohner. Es liegt am Seki-gawa im südlichen Theile der Provinz, da wo der Hokkoku-kaidô nach Shinano abzweigt. Seine

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/627>, abgerufen am 29.04.2024.