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Reinkingk, Dietrich: Biblische Policey. Frankfurt (Main), 1653.

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Das dritte Buch/
Daß aber deßwegen einig Gesetz vnnd Gebott in den Buchern altes vnnd newes
Testaments vorhanden seyn solte/ findet sich nicht/ dahero es auch für kein Substan-
tial
oder wesentlich Stücke der Ehe zu halten/ noch auß dessen Vnterlassung Man-
nes vnd Weibes eheliche Verpflicht- vnd Beywohnung für vnehelich zu achten.
Welcher gestalt die Matrimonia vnnd Ehen für der Sündfluth contrahiret vnnd
gestifftet findet man keine fernere Nachrichtung/ als daß die Männer Weiber ge-
nommen vnd dieselbe erkandt/ Söhne vnd Töchter gezeuget/ Genes. Cap. 4. & 5.
Nach der Sündfluth biß auff die Levitische Gesetze findet man auch nicht anders/
vnd saget die Schrifft von Abraham vnnd seinem Bruder Nahor daß sie Weiber
genommen/ Genes. Cap. 11. v. 29. Als dem Jsaac seine Rebecca auß Mesopotamia
zugeführet/ meldet die Historia/ daß er sie in die Hütten seiner verstorbenen Mutter
Sara geführet/ sie zum Weibe genommen vnd lieb gewonnen/ Genes. Ca. 24. v. 67.
Jacob begehrte an Laban daß er jhm seine vertrawte Rahel beylegete worauff er ein
Hochzeitsmahl angestellet/ aber die Lea jhme ins Ehebett gebracht/ Genes. Cap. 29.
Jn den Levitischen Gesetzen findet sich deßwegen nichts/ auch nichts im newen Te-
stament oder der ersten Apostolischen Kirche/ es bezeugen aber die Historici daß der
Pabst oder der 12. Römische Bischoff Soter welcher im Jahr Christi 173. dem
Aniceto succediret diese Verordnung gemachet daß die ehelich Verlobte vnd Ver-
sprochene bey Christlicher Versamblug durch deß Priesters Hand copulirt, zusam-
men gegeben vnd eingesegnet/ wie solches auß dem Volat. Johan. Carion. in seiner
Chro. lib. 3. bezeuget. Weil dann durch dieser Römischen Bischoff guter Wolmey-
nung/ zu besserer Ordnung diese Solennität der Copulation erst eingeführet/ also
ist sie auch heylsamblich vnd wol in der Christenheit biß auff diese Zeit behalten/ wie-
wol dieselbe kein wesentlich Stücke noch de essentia der Ehe ist/ dann sonsten folgen
wolte daß alle Ehen so für dieses Pabsts Constitution gestifftet vnnd vollzogen in
den wesentlichen Stücken defectuos vnd mangelhafft gewesen: Es wird auch der
Ehestand ad jus Gentium oder zu der vernünfftigen Völcker Recht referiret vnnd
demselben zugeschrieben/ gestalt dann bey den vernünfftigen Heyden ein wahrer
vollkommener Ehestand gewesen/ vnnd das Ehebette bey jhnen nicht weniger
als bey Christen bey Vermeydung schwerer Straffen rein vnd vnbe-
fleckt gehalten werden müssen/ vnd die darauß gezeugte Kinder
biß auff diese Stunde für ehelich aestimirt gehalten
worden vnd noch werden.



AXIO-

Das dritte Buch/
Daß aber deßwegen einig Geſetz vnnd Gebott in den Bůchern altes vnnd newes
Teſtaments vorhanden ſeyn ſolte/ findet ſich nicht/ dahero es auch fuͤr kein Subſtan-
tial
oder weſentlich Stuͤcke der Ehe zu halten/ noch auß deſſen Vnterlaſſung Man-
nes vnd Weibes eheliche Verpflicht- vnd Beywohnung fuͤr vnehelich zu achten.
Welcher geſtalt die Matrimonia vnnd Ehen fuͤr der Suͤndfluth contrahiret vnnd
geſtifftet findet man keine fernere Nachrichtung/ als daß die Maͤnner Weiber ge-
nommen vnd dieſelbe erkandt/ Soͤhne vnd Toͤchter gezeuget/ Genes. Cap. 4. & 5.
Nach der Suͤndfluth biß auff die Levitiſche Geſetze findet man auch nicht anders/
vnd ſaget die Schrifft von Abraham vnnd ſeinem Bruder Nahor daß ſie Weiber
genommen/ Genes. Cap. 11. v. 29. Als dem Jſaac ſeine Rebecca auß Meſopotamia
zugefuͤhret/ meldet die Hiſtoria/ daß er ſie in die Huͤtten ſeiner verſtorbenen Mutter
Sara gefuͤhret/ ſie zum Weibe genommen vnd lieb gewonnen/ Genes. Ca. 24. v. 67.
Jacob begehrte an Laban daß er jhm ſeine vertrawte Rahel beylegete worauff er ein
Hochzeitsmahl angeſtellet/ aber die Lea jhme ins Ehebett gebracht/ Genes. Cap. 29.
Jn den Levitiſchen Geſetzen findet ſich deßwegen nichts/ auch nichts im newen Te-
ſtament oder der erſten Apoſtoliſchen Kirche/ es bezeugen aber die Hiſtorici daß der
Pabſt oder der 12. Roͤmiſche Biſchoff Soter welcher im Jahr Chriſti 173. dem
Aniceto ſuccediret dieſe Verordnung gemachet daß die ehelich Verlobte vnd Ver-
ſprochene bey Chriſtlicher Verſamblũg durch deß Prieſters Hand copulirt, zuſam-
men gegeben vnd eingeſegnet/ wie ſolches auß dem Volat. Johan. Carion. in ſeiner
Chro. lib. 3. bezeuget. Weil dann durch dieſer Roͤmiſchen Biſchoff guter Wolmey-
nung/ zu beſſerer Ordnung dieſe Solennitaͤt der Copulation erſt eingefuͤhret/ alſo
iſt ſie auch heylſamblich vnd wol in der Chriſtenheit biß auff dieſe Zeit behalten/ wie-
wol dieſelbe kein weſentlich Stuͤcke noch de eſſentia der Ehe iſt/ dann ſonſten folgen
wolte daß alle Ehen ſo fuͤr dieſes Pabſts Conſtitution geſtifftet vnnd vollzogen in
den weſentlichen Stuͤcken defectuos vnd mangelhafft geweſen: Es wird auch der
Eheſtand ad jus Gentium oder zu der vernuͤnfftigen Voͤlcker Recht referiret vnnd
demſelben zugeſchrieben/ geſtalt dann bey den vernuͤnfftigen Heyden ein wahrer
vollkommener Eheſtand geweſen/ vnnd das Ehebette bey jhnen nicht weniger
als bey Chriſten bey Vermeydung ſchwerer Straffen rein vnd vnbe-
fleckt gehalten werden muͤſſen/ vnd die darauß gezeugte Kinder
biß auff dieſe Stunde fuͤr ehelich æſtimirt gehalten
worden vnd noch werden.



AXIO-
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[40/0674] Das dritte Buch/ Daß aber deßwegen einig Geſetz vnnd Gebott in den Bůchern altes vnnd newes Teſtaments vorhanden ſeyn ſolte/ findet ſich nicht/ dahero es auch fuͤr kein Subſtan- tial oder weſentlich Stuͤcke der Ehe zu halten/ noch auß deſſen Vnterlaſſung Man- nes vnd Weibes eheliche Verpflicht- vnd Beywohnung fuͤr vnehelich zu achten. Welcher geſtalt die Matrimonia vnnd Ehen fuͤr der Suͤndfluth contrahiret vnnd geſtifftet findet man keine fernere Nachrichtung/ als daß die Maͤnner Weiber ge- nommen vnd dieſelbe erkandt/ Soͤhne vnd Toͤchter gezeuget/ Genes. Cap. 4. & 5. Nach der Suͤndfluth biß auff die Levitiſche Geſetze findet man auch nicht anders/ vnd ſaget die Schrifft von Abraham vnnd ſeinem Bruder Nahor daß ſie Weiber genommen/ Genes. Cap. 11. v. 29. Als dem Jſaac ſeine Rebecca auß Meſopotamia zugefuͤhret/ meldet die Hiſtoria/ daß er ſie in die Huͤtten ſeiner verſtorbenen Mutter Sara gefuͤhret/ ſie zum Weibe genommen vnd lieb gewonnen/ Genes. Ca. 24. v. 67. Jacob begehrte an Laban daß er jhm ſeine vertrawte Rahel beylegete worauff er ein Hochzeitsmahl angeſtellet/ aber die Lea jhme ins Ehebett gebracht/ Genes. Cap. 29. Jn den Levitiſchen Geſetzen findet ſich deßwegen nichts/ auch nichts im newen Te- ſtament oder der erſten Apoſtoliſchen Kirche/ es bezeugen aber die Hiſtorici daß der Pabſt oder der 12. Roͤmiſche Biſchoff Soter welcher im Jahr Chriſti 173. dem Aniceto ſuccediret dieſe Verordnung gemachet daß die ehelich Verlobte vnd Ver- ſprochene bey Chriſtlicher Verſamblũg durch deß Prieſters Hand copulirt, zuſam- men gegeben vnd eingeſegnet/ wie ſolches auß dem Volat. Johan. Carion. in ſeiner Chro. lib. 3. bezeuget. Weil dann durch dieſer Roͤmiſchen Biſchoff guter Wolmey- nung/ zu beſſerer Ordnung dieſe Solennitaͤt der Copulation erſt eingefuͤhret/ alſo iſt ſie auch heylſamblich vnd wol in der Chriſtenheit biß auff dieſe Zeit behalten/ wie- wol dieſelbe kein weſentlich Stuͤcke noch de eſſentia der Ehe iſt/ dann ſonſten folgen wolte daß alle Ehen ſo fuͤr dieſes Pabſts Conſtitution geſtifftet vnnd vollzogen in den weſentlichen Stuͤcken defectuos vnd mangelhafft geweſen: Es wird auch der Eheſtand ad jus Gentium oder zu der vernuͤnfftigen Voͤlcker Recht referiret vnnd demſelben zugeſchrieben/ geſtalt dann bey den vernuͤnfftigen Heyden ein wahrer vollkommener Eheſtand geweſen/ vnnd das Ehebette bey jhnen nicht weniger als bey Chriſten bey Vermeydung ſchwerer Straffen rein vnd vnbe- fleckt gehalten werden muͤſſen/ vnd die darauß gezeugte Kinder biß auff dieſe Stunde fuͤr ehelich æſtimirt gehalten worden vnd noch werden. AXIO-

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Zitationshilfe: Reinkingk, Dietrich: Biblische Policey. Frankfurt (Main), 1653, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reinkingk_policey_1653/674>, abgerufen am 29.04.2024.