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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Vorrede
An den geneigten und ungeneigten
Leser.

SAlomon spricht: Die Göttliche Weißheit führe ihr Spiel auf dem Erdboden/ Prov. VIII. 31. Die Probe dessen nehme ich an mir selbsten: Und ob ichs solle nennen eine Comödie / ein Lust-oder Trauer-Spiel/ daran zweiffle ich fast selbsten; Dann erstlich hat mich GOtt im Päbstischen Babel gebohren auff die Schau-Bühne dieser Welt gestellet/ allwo mir nach Erreichung der in Päbstischen Schulen üblichen Wissenschafften/ endlich in dem Orden des Ignatii, zu Hildesheim/ in dem Josephinischen Gymnasio einer Vor-Mauer des Pabstuhms in Norden/ die Persohn eines Verfechters des Päbstischen Babels zu vertreten/ ist auff getragen worden; Und ware auch meine höchste Lust/ wann ich mit der Feder bey jeder Begebenheit gegen die Evangelische Kirche spielen mogte: Nach diesem habe ich in einem München-Orden des berühmten Benedicti (dannoch auß eingebildetem Eyfer GOtt embsiger zu dienen) in einer andern Persohn aufftreten müssen; Biß ich endlich durch die Bestrahlung GOttes wahrgenommen/ es wäre alles dieses Wesen nur ein lauters in GOttes Wort ungegründetes Affen-Spiel für GOtt/ und vor der Welt. Nun ob ich zwar nicht zweiffle/ es habe sich der Teufel offt in dieses Spiel eingemischet/ so preise ich dannoch die kluge Fürsehung GOttes/ welche auß dem ärgsten Ubel das höchste Gut/ und auß dem schlimmsten Schlangen-Gifft das gesundeste Heil-Mittel weiß hervorzulocken; Dann hätte GOtt nicht gestatten wollen/ daß ich in mehr als einem geistlichen Ordens-Stande die Probe versuchen solte/ hätte ich auch andern mit meinem Schaden und Beyspiel nicht witzigen können; Ja so gar/ wann GOtt hätte zugegeben/ daß ich früher zur Evangelischen Kirchen wäre abgetreten/ hätte es das Ansehen gewinnen können/ als hätte mich die erste Hitze und Unbesonnenheit ohne reiffen Vorbedacht übernommen/ nicht aber die Liebe zur Warheit auß Babel bey der Hand geführet. Dannoch gestehe ich unverholen/ daß ich meine liebste Mit-Brüder im geistlichen Orden/ alle und in besonders liebe auß unverfälschtem Hertzen/ auch an etlicher ihrer Beywohnung und Conversation ein Beliebentrage; Auch / wanns das Gewissen zuliesse/ ich bey ihnen biß in den Tod verlangte zu verharren; Aber ihren Aberglauben hasse ich wie den Teufel: Und wüste ich nicht/ was eine geistliche Ordens-Persohn darzu vermögen könte/ daß sie im Aberglauben und

Vorrede
An den geneigten und ungeneigten
Leser.

SAlomon spricht: Die Göttliche Weißheit führe ihr Spiel auf dem Erdboden/ Prov. VIII. 31. Die Probe dessen nehme ich an mir selbsten: Und ob ichs solle nennen eine Comödie / ein Lust-oder Trauer-Spiel/ daran zweiffle ich fast selbsten; Dann erstlich hat mich GOtt im Päbstischen Babel gebohren auff die Schau-Bühne dieser Welt gestellet/ allwo mir nach Erreichung der in Päbstischen Schulen üblichen Wissenschafften/ endlich in dem Orden des Ignatii, zu Hildesheim/ in dem Josephinischen Gymnasio einer Vor-Mauer des Pabstuhms in Norden/ die Persohn eines Verfechters des Päbstischen Babels zu vertreten/ ist auff getragen worden; Und ware auch meine höchste Lust/ wann ich mit der Feder bey jeder Begebenheit gegen die Evangelische Kirche spielen mogte: Nach diesem habe ich in einem München-Orden des berühmten Benedicti (dannoch auß eingebildetem Eyfer GOtt embsiger zu dienen) in einer andern Persohn aufftreten müssen; Biß ich endlich durch die Bestrahlung GOttes wahrgenommen/ es wäre alles dieses Wesen nur ein lauters in GOttes Wort ungegründetes Affen-Spiel für GOtt/ und vor der Welt. Nun ob ich zwar nicht zweiffle/ es habe sich der Teufel offt in dieses Spiel eingemischet/ so preise ich dannoch die kluge Fürsehung GOttes/ welche auß dem ärgsten Ubel das höchste Gut/ und auß dem schlim̃sten Schlangen-Gifft das gesundeste Heil-Mittel weiß hervorzulocken; Dann hätte GOtt nicht gestatten wollen/ daß ich in mehr als einem geistlichen Ordens-Stande die Probe versuchen solte/ hätte ich auch andern mit meinem Schaden und Beyspiel nicht witzigen können; Ja so gar/ wann GOtt hätte zugegeben/ daß ich früher zur Evangelischen Kirchen wäre abgetreten/ hätte es das Ansehen gewinnen können/ als hätte mich die erste Hitze und Unbesonnenheit ohne reiffen Vorbedacht übernommen/ nicht aber die Liebe zur Warheit auß Babel bey der Hand geführet. Dannoch gestehe ich unverholen/ daß ich meine liebste Mit-Brüder im geistlichen Orden/ alle und in besonders liebe auß unverfälschtem Hertzen/ auch an etlicher ihrer Beywohnung und Conversation ein Beliebentrage; Auch / wanns das Gewissen zuliesse/ ich bey ihnen biß in den Tod verlangte zu verharren; Aber ihren Aberglauben hasse ich wie den Teufel: Und wüste ich nicht/ was eine geistliche Ordens-Persohn darzu vermögen könte/ daß sie im Aberglauben und

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[1/0013] Vorrede An den geneigten und ungeneigten Leser. SAlomon spricht: Die Göttliche Weißheit führe ihr Spiel auf dem Erdboden/ Prov. VIII. 31. Die Probe dessen nehme ich an mir selbsten: Und ob ichs solle nennen eine Comödie / ein Lust-oder Trauer-Spiel/ daran zweiffle ich fast selbsten; Dann erstlich hat mich GOtt im Päbstischen Babel gebohren auff die Schau-Bühne dieser Welt gestellet/ allwo mir nach Erreichung der in Päbstischen Schulen üblichen Wissenschafften/ endlich in dem Orden des Ignatii, zu Hildesheim/ in dem Josephinischen Gymnasio einer Vor-Mauer des Pabstuhms in Norden/ die Persohn eines Verfechters des Päbstischen Babels zu vertreten/ ist auff getragen worden; Und ware auch meine höchste Lust/ wann ich mit der Feder bey jeder Begebenheit gegen die Evangelische Kirche spielen mogte: Nach diesem habe ich in einem München-Orden des berühmten Benedicti (dannoch auß eingebildetem Eyfer GOtt embsiger zu dienen) in einer andern Persohn aufftreten müssen; Biß ich endlich durch die Bestrahlung GOttes wahrgenommen/ es wäre alles dieses Wesen nur ein lauters in GOttes Wort ungegründetes Affen-Spiel für GOtt/ und vor der Welt. Nun ob ich zwar nicht zweiffle/ es habe sich der Teufel offt in dieses Spiel eingemischet/ so preise ich dannoch die kluge Fürsehung GOttes/ welche auß dem ärgsten Ubel das höchste Gut/ und auß dem schlim̃sten Schlangen-Gifft das gesundeste Heil-Mittel weiß hervorzulocken; Dann hätte GOtt nicht gestatten wollen/ daß ich in mehr als einem geistlichen Ordens-Stande die Probe versuchen solte/ hätte ich auch andern mit meinem Schaden und Beyspiel nicht witzigen können; Ja so gar/ wann GOtt hätte zugegeben/ daß ich früher zur Evangelischen Kirchen wäre abgetreten/ hätte es das Ansehen gewinnen können/ als hätte mich die erste Hitze und Unbesonnenheit ohne reiffen Vorbedacht übernommen/ nicht aber die Liebe zur Warheit auß Babel bey der Hand geführet. Dannoch gestehe ich unverholen/ daß ich meine liebste Mit-Brüder im geistlichen Orden/ alle und in besonders liebe auß unverfälschtem Hertzen/ auch an etlicher ihrer Beywohnung und Conversation ein Beliebentrage; Auch / wanns das Gewissen zuliesse/ ich bey ihnen biß in den Tod verlangte zu verharren; Aber ihren Aberglauben hasse ich wie den Teufel: Und wüste ich nicht/ was eine geistliche Ordens-Persohn darzu vermögen könte/ daß sie im Aberglauben und

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/13>, abgerufen am 30.04.2024.