Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
heit ihrer Anschläge selbst einsehen: und wenn sie
dieses thun, so müssen sie nothwendig das Urtheil
anderer über diese Anschläge scheuen.

Jch freue mich, daß Sie einen Weg zum
Brief-Wechsel zwischen uns ausgefunden haben,
und ich billige Jhren Vorschlag sehr. Jch werde
ihn noch mehr billigen, wenn dieses Schreiben
glücklich zu Jhren Händen kommt. Sollte es
aber auch in fremde Hände gerathen, so würde ich
gantz und gar nicht darüber betreten seyn: nur um
Jhrentwillen würde es mir leyd seyn.

Noch vor Empfang Jhres Schreibens haben
wir freylich gehört, daß es zwischen Jhnen und
den Jhrigen bey Jhrer Rückkunft nicht recht ge-
standen habe: und daß Herr Solmes Sie nicht
ohne Hoffnung eines glücklichen Ausganges be-
suchte. Jch meinte aber, es könnte ein Jrrthum
in der Person seyn, und er würde nur um Fräulein
Arabella anhalten: denn die schien mir noch viel
zu gut für ihn zu seyn, wenn sie nur so aufge-
räumt und von so ehrlichem Gemüthe wäre, als
sonst das plumpe und schwerfällige Frauenzimmer
zu seyn pflegt. Jch meinte ich hätte die gantze Sa-
che errathen, und meine allerliebste Freundin wä-
re deshalb so schleunig nach Hause gefodert, daß
sie die Zuschickung zur Hochzeit machen helfen sol-
te. Jch sagte noch zu meiner Mutter: Wer
weiß/ ob nicht der Mann einen erträgli-
chen Aufzug macht/ wenn er seine garstige
gelbe Perucke/ und seinen grossen Hut/ die
ich immer für ein Ueberbleibsel aus Crom-

wels

der Clariſſa.
heit ihrer Anſchlaͤge ſelbſt einſehen: und wenn ſie
dieſes thun, ſo muͤſſen ſie nothwendig das Urtheil
anderer uͤber dieſe Anſchlaͤge ſcheuen.

Jch freue mich, daß Sie einen Weg zum
Brief-Wechſel zwiſchen uns ausgefunden haben,
und ich billige Jhren Vorſchlag ſehr. Jch werde
ihn noch mehr billigen, wenn dieſes Schreiben
gluͤcklich zu Jhren Haͤnden kommt. Sollte es
aber auch in fremde Haͤnde gerathen, ſo wuͤrde ich
gantz und gar nicht daruͤber betreten ſeyn: nur um
Jhrentwillen wuͤrde es mir leyd ſeyn.

Noch vor Empfang Jhres Schreibens haben
wir freylich gehoͤrt, daß es zwiſchen Jhnen und
den Jhrigen bey Jhrer Ruͤckkunft nicht recht ge-
ſtanden habe: und daß Herr Solmes Sie nicht
ohne Hoffnung eines gluͤcklichen Ausganges be-
ſuchte. Jch meinte aber, es koͤnnte ein Jrrthum
in der Perſon ſeyn, und er wuͤrde nur um Fraͤulein
Arabella anhalten: denn die ſchien mir noch viel
zu gut fuͤr ihn zu ſeyn, wenn ſie nur ſo aufge-
raͤumt und von ſo ehrlichem Gemuͤthe waͤre, als
ſonſt das plumpe und ſchwerfaͤllige Frauenzimmer
zu ſeyn pflegt. Jch meinte ich haͤtte die gantze Sa-
che errathen, und meine allerliebſte Freundin waͤ-
re deshalb ſo ſchleunig nach Hauſe gefodert, daß
ſie die Zuſchickung zur Hochzeit machen helfen ſol-
te. Jch ſagte noch zu meiner Mutter: Wer
weiß/ ob nicht der Mann einen ertraͤgli-
chen Aufzug macht/ wenn er ſeine garſtige
gelbe Perucke/ und ſeinen groſſen Hut/ die
ich immer fuͤr ein Ueberbleibſel aus Crom-

wels
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0113" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi></hi></fw><lb/>
heit ihrer An&#x017F;chla&#x0364;ge &#x017F;elb&#x017F;t ein&#x017F;ehen: und wenn &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;es thun, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie nothwendig das Urtheil<lb/>
anderer u&#x0364;ber die&#x017F;e An&#x017F;chla&#x0364;ge &#x017F;cheuen.</p><lb/>
        <p>Jch freue mich, daß Sie einen Weg zum<lb/>
Brief-Wech&#x017F;el zwi&#x017F;chen uns ausgefunden haben,<lb/>
und ich billige Jhren Vor&#x017F;chlag &#x017F;ehr. Jch werde<lb/>
ihn noch mehr billigen, wenn die&#x017F;es Schreiben<lb/>
glu&#x0364;cklich zu Jhren Ha&#x0364;nden kommt. Sollte es<lb/>
aber auch in fremde Ha&#x0364;nde gerathen, &#x017F;o wu&#x0364;rde ich<lb/>
gantz und gar nicht daru&#x0364;ber betreten &#x017F;eyn: nur um<lb/>
Jhrentwillen wu&#x0364;rde es mir leyd &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Noch vor Empfang Jhres Schreibens haben<lb/>
wir freylich geho&#x0364;rt, daß es zwi&#x017F;chen Jhnen und<lb/>
den Jhrigen bey Jhrer Ru&#x0364;ckkunft nicht recht ge-<lb/>
&#x017F;tanden habe: und daß Herr <hi rendition="#fr">Solmes</hi> Sie nicht<lb/>
ohne Hoffnung eines glu&#x0364;cklichen Ausganges be-<lb/>
&#x017F;uchte. Jch meinte aber, es ko&#x0364;nnte ein Jrrthum<lb/>
in der Per&#x017F;on &#x017F;eyn, und er wu&#x0364;rde nur um Fra&#x0364;ulein<lb/><hi rendition="#fr">Arabella</hi> anhalten: denn die &#x017F;chien mir noch viel<lb/>
zu gut fu&#x0364;r ihn zu &#x017F;eyn, wenn &#x017F;ie nur &#x017F;o aufge-<lb/>
ra&#x0364;umt und von &#x017F;o ehrlichem Gemu&#x0364;the wa&#x0364;re, als<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t das plumpe und &#x017F;chwerfa&#x0364;llige Frauenzimmer<lb/>
zu &#x017F;eyn pflegt. Jch meinte ich ha&#x0364;tte die gantze Sa-<lb/>
che errathen, und meine allerlieb&#x017F;te Freundin wa&#x0364;-<lb/>
re deshalb &#x017F;o &#x017F;chleunig nach Hau&#x017F;e gefodert, daß<lb/>
&#x017F;ie die Zu&#x017F;chickung zur Hochzeit machen helfen &#x017F;ol-<lb/>
te. Jch &#x017F;agte noch zu meiner Mutter: <hi rendition="#fr">Wer<lb/>
weiß/ ob nicht der Mann einen ertra&#x0364;gli-<lb/>
chen Aufzug macht/ wenn er &#x017F;eine gar&#x017F;tige<lb/>
gelbe Perucke/ und &#x017F;einen gro&#x017F;&#x017F;en Hut/ die<lb/>
ich immer fu&#x0364;r ein Ueberbleib&#x017F;el aus Crom-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">wels</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0113] der Clariſſa. heit ihrer Anſchlaͤge ſelbſt einſehen: und wenn ſie dieſes thun, ſo muͤſſen ſie nothwendig das Urtheil anderer uͤber dieſe Anſchlaͤge ſcheuen. Jch freue mich, daß Sie einen Weg zum Brief-Wechſel zwiſchen uns ausgefunden haben, und ich billige Jhren Vorſchlag ſehr. Jch werde ihn noch mehr billigen, wenn dieſes Schreiben gluͤcklich zu Jhren Haͤnden kommt. Sollte es aber auch in fremde Haͤnde gerathen, ſo wuͤrde ich gantz und gar nicht daruͤber betreten ſeyn: nur um Jhrentwillen wuͤrde es mir leyd ſeyn. Noch vor Empfang Jhres Schreibens haben wir freylich gehoͤrt, daß es zwiſchen Jhnen und den Jhrigen bey Jhrer Ruͤckkunft nicht recht ge- ſtanden habe: und daß Herr Solmes Sie nicht ohne Hoffnung eines gluͤcklichen Ausganges be- ſuchte. Jch meinte aber, es koͤnnte ein Jrrthum in der Perſon ſeyn, und er wuͤrde nur um Fraͤulein Arabella anhalten: denn die ſchien mir noch viel zu gut fuͤr ihn zu ſeyn, wenn ſie nur ſo aufge- raͤumt und von ſo ehrlichem Gemuͤthe waͤre, als ſonſt das plumpe und ſchwerfaͤllige Frauenzimmer zu ſeyn pflegt. Jch meinte ich haͤtte die gantze Sa- che errathen, und meine allerliebſte Freundin waͤ- re deshalb ſo ſchleunig nach Hauſe gefodert, daß ſie die Zuſchickung zur Hochzeit machen helfen ſol- te. Jch ſagte noch zu meiner Mutter: Wer weiß/ ob nicht der Mann einen ertraͤgli- chen Aufzug macht/ wenn er ſeine garſtige gelbe Perucke/ und ſeinen groſſen Hut/ die ich immer fuͤr ein Ueberbleibſel aus Crom- wels

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/113
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/113>, abgerufen am 07.05.2024.