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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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fehlen sie mir bey ihnen zu bleiben oder von ihnen
zu gehen, so werde ich blindlings gehorsam seyn.
Allein ich beziehe mich auf das, was sie selbst von
der Grausamkeit der ihrigen gegen sich wissen,
und von ihrem eingewurtzelten Groll gegen mich,
und von ihrer unüberwindlichen Zuneigung gegen
die Person, die sie ihrem Vorgeben nach hassen.
Und wahrlich, wenn sie den Kerl nicht hasseten
Fräulein, so würde ich ihr Wohlwollen schwerlich
für eine Ehre halten können, wenn sie mich auch
damit beglückten. Jch beziehe mich auf alle die
Umstände, die ihnen selbst am besten bekannt sind;
auf alles was sie ausgestanden haben; und frage sie,
ob sie noch keine Ursache finden, sich vor dem Mit-
tewochen zu fürchten, an den ich mit Zittern ge-
dencke? Ob sie diese jetzige Gelegenheit würden hof-
fen können? Da der Wagen bereit ist? Da alle mei-
ne Anverwanten mit Ungeduld auf den Erfolg der
Anstalten warten, die sie selbst angeordnet haben?
Da sie einen Anbeter auf seinen Knien vor sich
haben, der gar keinen Willen haben will, und
der sie auf den Knien bittet, daß sie sich in Frey-
heit setzen wollen? Das ist alles, darum ich bitte.
Jch will um keine Gegen-Liebe bitten, ehe ich nicht
meine Prüfungs-Zeit ausgestanden habe, und Ge-
genliebe verdiene. Gegen mein Vermögen und
Familie sind keine Einwendungen zu machen.
O liebstes Kind (mit einen abermahligen Hand-
Kuß) versäumen sie eine solche Gelegenheit nicht.
Niemahls, niemahls wird sie wieder kommen.

Jch



fehlen ſie mir bey ihnen zu bleiben oder von ihnen
zu gehen, ſo werde ich blindlings gehorſam ſeyn.
Allein ich beziehe mich auf das, was ſie ſelbſt von
der Grauſamkeit der ihrigen gegen ſich wiſſen,
und von ihrem eingewurtzelten Groll gegen mich,
und von ihrer unuͤberwindlichen Zuneigung gegen
die Perſon, die ſie ihrem Vorgeben nach haſſen.
Und wahrlich, wenn ſie den Kerl nicht haſſeten
Fraͤulein, ſo wuͤrde ich ihr Wohlwollen ſchwerlich
fuͤr eine Ehre halten koͤnnen, wenn ſie mich auch
damit begluͤckten. Jch beziehe mich auf alle die
Umſtaͤnde, die ihnen ſelbſt am beſten bekannt ſind;
auf alles was ſie ausgeſtanden haben; und frage ſie,
ob ſie noch keine Urſache finden, ſich vor dem Mit-
tewochen zu fuͤrchten, an den ich mit Zittern ge-
dencke? Ob ſie dieſe jetzige Gelegenheit wuͤrden hof-
fen koͤnnen? Da der Wagen bereit iſt? Da alle mei-
ne Anverwanten mit Ungeduld auf den Erfolg der
Anſtalten warten, die ſie ſelbſt angeordnet haben?
Da ſie einen Anbeter auf ſeinen Knien vor ſich
haben, der gar keinen Willen haben will, und
der ſie auf den Knien bittet, daß ſie ſich in Frey-
heit ſetzen wollen? Das iſt alles, darum ich bitte.
Jch will um keine Gegen-Liebe bitten, ehe ich nicht
meine Pruͤfungs-Zeit ausgeſtanden habe, und Ge-
genliebe verdiene. Gegen mein Vermoͤgen und
Familie ſind keine Einwendungen zu machen.
O liebſtes Kind (mit einen abermahligen Hand-
Kuß) verſaͤumen ſie eine ſolche Gelegenheit nicht.
Niemahls, niemahls wird ſie wieder kommen.

Jch
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[20/0034] fehlen ſie mir bey ihnen zu bleiben oder von ihnen zu gehen, ſo werde ich blindlings gehorſam ſeyn. Allein ich beziehe mich auf das, was ſie ſelbſt von der Grauſamkeit der ihrigen gegen ſich wiſſen, und von ihrem eingewurtzelten Groll gegen mich, und von ihrer unuͤberwindlichen Zuneigung gegen die Perſon, die ſie ihrem Vorgeben nach haſſen. Und wahrlich, wenn ſie den Kerl nicht haſſeten Fraͤulein, ſo wuͤrde ich ihr Wohlwollen ſchwerlich fuͤr eine Ehre halten koͤnnen, wenn ſie mich auch damit begluͤckten. Jch beziehe mich auf alle die Umſtaͤnde, die ihnen ſelbſt am beſten bekannt ſind; auf alles was ſie ausgeſtanden haben; und frage ſie, ob ſie noch keine Urſache finden, ſich vor dem Mit- tewochen zu fuͤrchten, an den ich mit Zittern ge- dencke? Ob ſie dieſe jetzige Gelegenheit wuͤrden hof- fen koͤnnen? Da der Wagen bereit iſt? Da alle mei- ne Anverwanten mit Ungeduld auf den Erfolg der Anſtalten warten, die ſie ſelbſt angeordnet haben? Da ſie einen Anbeter auf ſeinen Knien vor ſich haben, der gar keinen Willen haben will, und der ſie auf den Knien bittet, daß ſie ſich in Frey- heit ſetzen wollen? Das iſt alles, darum ich bitte. Jch will um keine Gegen-Liebe bitten, ehe ich nicht meine Pruͤfungs-Zeit ausgeſtanden habe, und Ge- genliebe verdiene. Gegen mein Vermoͤgen und Familie ſind keine Einwendungen zu machen. O liebſtes Kind (mit einen abermahligen Hand- Kuß) verſaͤumen ſie eine ſolche Gelegenheit nicht. Niemahls, niemahls wird ſie wieder kommen. Jch

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/34>, abgerufen am 30.04.2024.