Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



tresse hatte: die er ohne Klang und Gesang in
der Stille feyerte, und bey der sonst nichts erfreu-
liches vorfiel, das ihn hätte aufmuntern können.

Jch weiß nicht, was Belton mit seiner
Thomasine machen wird, und ich habe nicht
Lust, ihm etwas zu rathen; denn ich sehe, daß der
arme Schelm nicht leiden kann, daß sie ein ande-
rer schilt, als er selbst. Er verflucht und ver-
wünscht sie von Hertzens-Grunde. Er ist so tief er-
niedriget, daß er selbst davon redet, daß er die
beyden Jungens so lieb gehabt hat, und doch zwei-
feln muß, ob sie von ihm sind. "Ein verflucht
"Ding! (sagt er) wenn mir der Heundram Haus-
"knecht die beiden Hur-Bälger gemacht haben soll-
"te." Wahr genug! die Jungen verrathen ih-
ren Vater durch ihre Gesundheit und dicken Ge-
sichter allzudeutlich. Jch mag ihn aber in dieser
Wahrheit nicht befestigen.

Von Jhnen glaubt er, daß Sie allzu lebhaft
sind, und daß eine Nachricht von seinen Umstän-
den keinen Eindruck bey Jhnen machen werde,
sonderlich da ihr gantzes Hertz jetzt von neuen An-
schlägen eingenommen ist. Den Mowbray
hält er für allzuhitzig, und sagt der habe kein mit-
leidiges Hertz. Tourville ist ihm zu unbedacht-
sam, und (hier kam ein trockner Spaaß) ob er
gleich mit seiner Thomasine ohne Ehre in der
Welt gelebet hätte, so wollte er doch die Ehre der
undanckbaren Hure nicht gar zu sehr kräncken.
Die Leute hätten zwar wohl gemerckt, daß sie seine
Frau nicht sey, ob er sie gleich nach seinem Na-

men



treſſe hatte: die er ohne Klang und Geſang in
der Stille feyerte, und bey der ſonſt nichts erfreu-
liches vorfiel, das ihn haͤtte aufmuntern koͤnnen.

Jch weiß nicht, was Belton mit ſeiner
Thomaſine machen wird, und ich habe nicht
Luſt, ihm etwas zu rathen; denn ich ſehe, daß der
arme Schelm nicht leiden kann, daß ſie ein ande-
rer ſchilt, als er ſelbſt. Er verflucht und ver-
wuͤnſcht ſie von Hertzens-Grunde. Er iſt ſo tief er-
niedriget, daß er ſelbſt davon redet, daß er die
beyden Jungens ſo lieb gehabt hat, und doch zwei-
feln muß, ob ſie von ihm ſind. „Ein verflucht
„Ding! (ſagt er) wenn mir der Heundram Haus-
„knecht die beiden Hur-Baͤlger gemacht haben ſoll-
„te.„ Wahr genug! die Jungen verrathen ih-
ren Vater durch ihre Geſundheit und dicken Ge-
ſichter allzudeutlich. Jch mag ihn aber in dieſer
Wahrheit nicht befeſtigen.

Von Jhnen glaubt er, daß Sie allzu lebhaft
ſind, und daß eine Nachricht von ſeinen Umſtaͤn-
den keinen Eindruck bey Jhnen machen werde,
ſonderlich da ihr gantzes Hertz jetzt von neuen An-
ſchlaͤgen eingenommen iſt. Den Mowbray
haͤlt er fuͤr allzuhitzig, und ſagt der habe kein mit-
leidiges Hertz. Tourville iſt ihm zu unbedacht-
ſam, und (hier kam ein trockner Spaaß) ob er
gleich mit ſeiner Thomaſine ohne Ehre in der
Welt gelebet haͤtte, ſo wollte er doch die Ehre der
undanckbaren Hure nicht gar zu ſehr kraͤncken.
Die Leute haͤtten zwar wohl gemerckt, daß ſie ſeine
Frau nicht ſey, ob er ſie gleich nach ſeinem Na-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="142"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
tre&#x017F;&#x017F;e hatte: die er ohne Klang und Ge&#x017F;ang in<lb/>
der Stille feyerte, und bey der &#x017F;on&#x017F;t nichts erfreu-<lb/>
liches vorfiel, das ihn ha&#x0364;tte aufmuntern ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Jch weiß nicht, was <hi rendition="#fr">Belton</hi> mit &#x017F;einer<lb/><hi rendition="#fr">Thoma&#x017F;ine</hi> machen wird, und ich habe nicht<lb/>
Lu&#x017F;t, ihm etwas zu rathen; denn ich &#x017F;ehe, daß der<lb/>
arme Schelm nicht leiden kann, daß &#x017F;ie ein ande-<lb/>
rer &#x017F;chilt, als er &#x017F;elb&#x017F;t. Er verflucht und ver-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;cht &#x017F;ie von Hertzens-Grunde. Er i&#x017F;t &#x017F;o tief er-<lb/>
niedriget, daß er &#x017F;elb&#x017F;t davon redet, daß er die<lb/>
beyden Jungens &#x017F;o lieb gehabt hat, und doch zwei-<lb/>
feln muß, ob &#x017F;ie von ihm &#x017F;ind. &#x201E;Ein verflucht<lb/>
&#x201E;Ding! (&#x017F;agt er) wenn mir der Heundram Haus-<lb/>
&#x201E;knecht die beiden Hur-Ba&#x0364;lger gemacht haben &#x017F;oll-<lb/>
&#x201E;te.&#x201E; Wahr genug! die Jungen verrathen ih-<lb/>
ren Vater durch ihre Ge&#x017F;undheit und dicken Ge-<lb/>
&#x017F;ichter allzudeutlich. Jch mag ihn aber in die&#x017F;er<lb/>
Wahrheit nicht befe&#x017F;tigen.</p><lb/>
          <p>Von Jhnen glaubt er, daß Sie allzu lebhaft<lb/>
&#x017F;ind, und daß eine Nachricht von &#x017F;einen Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den keinen Eindruck bey Jhnen machen werde,<lb/>
&#x017F;onderlich da ihr gantzes Hertz jetzt von neuen An-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gen eingenommen i&#x017F;t. Den <hi rendition="#fr">Mowbray</hi><lb/>
ha&#x0364;lt er fu&#x0364;r allzuhitzig, und &#x017F;agt der habe kein mit-<lb/>
leidiges Hertz. <hi rendition="#fr">Tourville</hi> i&#x017F;t ihm zu unbedacht-<lb/>
&#x017F;am, und (hier kam ein trockner Spaaß) ob er<lb/>
gleich mit &#x017F;einer <hi rendition="#fr">Thoma&#x017F;ine</hi> ohne Ehre in der<lb/>
Welt gelebet ha&#x0364;tte, &#x017F;o wollte er doch die Ehre der<lb/>
undanckbaren Hure nicht gar zu &#x017F;ehr kra&#x0364;ncken.<lb/>
Die Leute ha&#x0364;tten zwar wohl gemerckt, daß &#x017F;ie &#x017F;eine<lb/>
Frau nicht &#x017F;ey, ob er &#x017F;ie gleich nach &#x017F;einem Na-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0148] treſſe hatte: die er ohne Klang und Geſang in der Stille feyerte, und bey der ſonſt nichts erfreu- liches vorfiel, das ihn haͤtte aufmuntern koͤnnen. Jch weiß nicht, was Belton mit ſeiner Thomaſine machen wird, und ich habe nicht Luſt, ihm etwas zu rathen; denn ich ſehe, daß der arme Schelm nicht leiden kann, daß ſie ein ande- rer ſchilt, als er ſelbſt. Er verflucht und ver- wuͤnſcht ſie von Hertzens-Grunde. Er iſt ſo tief er- niedriget, daß er ſelbſt davon redet, daß er die beyden Jungens ſo lieb gehabt hat, und doch zwei- feln muß, ob ſie von ihm ſind. „Ein verflucht „Ding! (ſagt er) wenn mir der Heundram Haus- „knecht die beiden Hur-Baͤlger gemacht haben ſoll- „te.„ Wahr genug! die Jungen verrathen ih- ren Vater durch ihre Geſundheit und dicken Ge- ſichter allzudeutlich. Jch mag ihn aber in dieſer Wahrheit nicht befeſtigen. Von Jhnen glaubt er, daß Sie allzu lebhaft ſind, und daß eine Nachricht von ſeinen Umſtaͤn- den keinen Eindruck bey Jhnen machen werde, ſonderlich da ihr gantzes Hertz jetzt von neuen An- ſchlaͤgen eingenommen iſt. Den Mowbray haͤlt er fuͤr allzuhitzig, und ſagt der habe kein mit- leidiges Hertz. Tourville iſt ihm zu unbedacht- ſam, und (hier kam ein trockner Spaaß) ob er gleich mit ſeiner Thomaſine ohne Ehre in der Welt gelebet haͤtte, ſo wollte er doch die Ehre der undanckbaren Hure nicht gar zu ſehr kraͤncken. Die Leute haͤtten zwar wohl gemerckt, daß ſie ſeine Frau nicht ſey, ob er ſie gleich nach ſeinem Na- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/148
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/148>, abgerufen am 29.04.2024.