Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Hoffnung gemacht haben sollte, daß sie nicht
durch böse Gemeinschaft angesteckt werden
könnte; wenn ein oder zween Briefe wären er-
laubet worden. Dieß verlange ich inzwischen
nicht: da ich denke, daß ich nichts anders zu
thun habe, als Gott zu bitten, der, wie ich
hoffe, mir seine Gnade noch nicht entzogen hat,
ob es ihm gleich gefällt, seine Gerechtigkeit ge-
gen meine Fehler walten zu lassen, damit er mir
einen wahrhaftig zerschlagenen Geist verleihe, wo
er nicht schon genug zerschlagen ist, und als-
denn zu seiner Gnade und Barmherzigkeit auf-
nehme,

die unglückliche
Clarissa Harlowe.

Eine gedoppelte Gewogenheit, gnädige Frau,
habe ich noch von Jhnen zu erbitten. Die
eine - - daß Sie keinen von meinen Anver-
wandten wissen lassen, daß Sie von mir
Nachricht haben. Die andere - - daß keine
Seele erfahren möge, wo man von mir Nach-
richt haben, oder unter welcher Aufschrift man
sich an mich wenden kann. Dieß ist ein
Punct, woran mir mehr gelegen ist, als ich
mit Worten auszudrücken vermögend bin. - -
Kurz, meine Sicherheit vor fernern Uebeln
mag davon abhangen.



Der



Hoffnung gemacht haben ſollte, daß ſie nicht
durch boͤſe Gemeinſchaft angeſteckt werden
koͤnnte; wenn ein oder zween Briefe waͤren er-
laubet worden. Dieß verlange ich inzwiſchen
nicht: da ich denke, daß ich nichts anders zu
thun habe, als Gott zu bitten, der, wie ich
hoffe, mir ſeine Gnade noch nicht entzogen hat,
ob es ihm gleich gefaͤllt, ſeine Gerechtigkeit ge-
gen meine Fehler walten zu laſſen, damit er mir
einen wahrhaftig zerſchlagenen Geiſt verleihe, wo
er nicht ſchon genug zerſchlagen iſt, und als-
denn zu ſeiner Gnade und Barmherzigkeit auf-
nehme,

die ungluͤckliche
Clariſſa Harlowe.

Eine gedoppelte Gewogenheit, gnaͤdige Frau,
habe ich noch von Jhnen zu erbitten. Die
eine ‒ ‒ daß Sie keinen von meinen Anver-
wandten wiſſen laſſen, daß Sie von mir
Nachricht haben. Die andere ‒ ‒ daß keine
Seele erfahren moͤge, wo man von mir Nach-
richt haben, oder unter welcher Aufſchrift man
ſich an mich wenden kann. Dieß iſt ein
Punct, woran mir mehr gelegen iſt, als ich
mit Worten auszudruͤcken vermoͤgend bin. ‒ ‒
Kurz, meine Sicherheit vor fernern Uebeln
mag davon abhangen.



Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <p><pb facs="#f0030" n="24"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Hoffnung gemacht haben &#x017F;ollte, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
durch <hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;e Gemein&#x017F;chaft</hi> ange&#x017F;teckt werden<lb/>
ko&#x0364;nnte; wenn ein oder zween Briefe wa&#x0364;ren er-<lb/>
laubet worden. Dieß verlange ich inzwi&#x017F;chen<lb/>
nicht: da ich denke, daß ich nichts anders zu<lb/>
thun habe, als Gott zu bitten, der, wie ich<lb/>
hoffe, mir &#x017F;eine Gnade noch nicht entzogen hat,<lb/>
ob es ihm gleich gefa&#x0364;llt, &#x017F;eine Gerechtigkeit ge-<lb/>
gen meine Fehler walten zu la&#x017F;&#x017F;en, damit er mir<lb/>
einen wahrhaftig zer&#x017F;chlagenen Gei&#x017F;t verleihe, wo<lb/>
er nicht &#x017F;chon genug zer&#x017F;chlagen i&#x017F;t, und als-<lb/>
denn zu &#x017F;einer Gnade und Barmherzigkeit auf-<lb/>
nehme,</p><lb/>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et">die unglu&#x0364;ckliche<lb/><hi rendition="#fr">Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe.</hi></hi> </salute>
              </closer>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Eine gedoppelte Gewogenheit, gna&#x0364;dige Frau,<lb/>
habe ich noch von Jhnen zu erbitten. Die<lb/>
eine &#x2012; &#x2012; daß Sie keinen von meinen Anver-<lb/>
wandten wi&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, daß Sie von mir<lb/>
Nachricht haben. Die andere &#x2012; &#x2012; daß keine<lb/>
Seele erfahren mo&#x0364;ge, wo man von mir Nach-<lb/>
richt haben, oder unter welcher Auf&#x017F;chrift man<lb/>
&#x017F;ich an mich wenden kann. Dieß i&#x017F;t ein<lb/>
Punct, woran mir mehr gelegen i&#x017F;t, als ich<lb/>
mit Worten auszudru&#x0364;cken vermo&#x0364;gend bin. &#x2012; &#x2012;<lb/>
Kurz, meine Sicherheit vor fernern Uebeln<lb/>
mag davon abhangen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Der</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0030] Hoffnung gemacht haben ſollte, daß ſie nicht durch boͤſe Gemeinſchaft angeſteckt werden koͤnnte; wenn ein oder zween Briefe waͤren er- laubet worden. Dieß verlange ich inzwiſchen nicht: da ich denke, daß ich nichts anders zu thun habe, als Gott zu bitten, der, wie ich hoffe, mir ſeine Gnade noch nicht entzogen hat, ob es ihm gleich gefaͤllt, ſeine Gerechtigkeit ge- gen meine Fehler walten zu laſſen, damit er mir einen wahrhaftig zerſchlagenen Geiſt verleihe, wo er nicht ſchon genug zerſchlagen iſt, und als- denn zu ſeiner Gnade und Barmherzigkeit auf- nehme, die ungluͤckliche Clariſſa Harlowe. Eine gedoppelte Gewogenheit, gnaͤdige Frau, habe ich noch von Jhnen zu erbitten. Die eine ‒ ‒ daß Sie keinen von meinen Anver- wandten wiſſen laſſen, daß Sie von mir Nachricht haben. Die andere ‒ ‒ daß keine Seele erfahren moͤge, wo man von mir Nach- richt haben, oder unter welcher Aufſchrift man ſich an mich wenden kann. Dieß iſt ein Punct, woran mir mehr gelegen iſt, als ich mit Worten auszudruͤcken vermoͤgend bin. ‒ ‒ Kurz, meine Sicherheit vor fernern Uebeln mag davon abhangen. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/30
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/30>, abgerufen am 29.04.2024.