Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



scheiben herein ging, als dadurch hinein kommen
konnte.

Vier alte Stühle von türkischer Arbeit, un-
ten geborsten, daß die Ausstopfung hervorkam.

Ein alter, wacklichter, wurmstichichter Tisch,
worauf mehr Nägel verwendet waren, ihn aus-
zubessern, daß er stehen konnte, als der Tisch selbst
vor funfzig Jahren, da er neu gewesen, gekostet
hatte.

Auf dem Gesimse war ein eiserner Schiebe-
leuchter mit einem brennenden Lichte, das nur
eben, eben, schimmerte, vier auf einen Pfennig,
vermuthe ich.

Nicht weit davon, auf eben dem Gesimse
stand ein alter Spiegel, mitten durch in tausend
Stücken zerknickt, dem vielleicht in einer Wuth
der Stoß von einem Elenden gegeben war, wel-
chem er den Jammer seines Herzens in seinem
Gesichte vorgestellet hatte.

Jn dem Camin waren zween halbe Ziegel,
an einer, und ein ganzer an der andern Seite;
welches zeigte, daß er in besserm Stande gewesen
war: nun aber war der Mörtel den übrigen Zie-
geln an allen andern Stellen nachgefolget, und
hatte die Mauersteine bloß gelassen.

Ein alter Ofenrost mit halben Gittern war
in eben dem Camin, und in dem Rost stand eine
große steinerne Flasche ohne Hals, die mit trau-
rigem Eibenbaum, als einem Jmmergrün, mit
verwelktem Stabwurz, mit Feldrosen, und mit

Spröß-



ſcheiben herein ging, als dadurch hinein kommen
konnte.

Vier alte Stuͤhle von tuͤrkiſcher Arbeit, un-
ten geborſten, daß die Ausſtopfung hervorkam.

Ein alter, wacklichter, wurmſtichichter Tiſch,
worauf mehr Naͤgel verwendet waren, ihn aus-
zubeſſern, daß er ſtehen konnte, als der Tiſch ſelbſt
vor funfzig Jahren, da er neu geweſen, gekoſtet
hatte.

Auf dem Geſimſe war ein eiſerner Schiebe-
leuchter mit einem brennenden Lichte, das nur
eben, eben, ſchimmerte, vier auf einen Pfennig,
vermuthe ich.

Nicht weit davon, auf eben dem Geſimſe
ſtand ein alter Spiegel, mitten durch in tauſend
Stuͤcken zerknickt, dem vielleicht in einer Wuth
der Stoß von einem Elenden gegeben war, wel-
chem er den Jammer ſeines Herzens in ſeinem
Geſichte vorgeſtellet hatte.

Jn dem Camin waren zween halbe Ziegel,
an einer, und ein ganzer an der andern Seite;
welches zeigte, daß er in beſſerm Stande geweſen
war: nun aber war der Moͤrtel den uͤbrigen Zie-
geln an allen andern Stellen nachgefolget, und
hatte die Mauerſteine bloß gelaſſen.

Ein alter Ofenroſt mit halben Gittern war
in eben dem Camin, und in dem Roſt ſtand eine
große ſteinerne Flaſche ohne Hals, die mit trau-
rigem Eibenbaum, als einem Jmmergruͤn, mit
verwelktem Stabwurz, mit Feldroſen, und mit

Sproͤß-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0320" n="314"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;cheiben herein ging, als dadurch hinein kommen<lb/>
konnte.</p><lb/>
          <p>Vier alte Stu&#x0364;hle von tu&#x0364;rki&#x017F;cher Arbeit, un-<lb/>
ten gebor&#x017F;ten, daß die Aus&#x017F;topfung hervorkam.</p><lb/>
          <p>Ein alter, wacklichter, wurm&#x017F;tichichter Ti&#x017F;ch,<lb/>
worauf mehr Na&#x0364;gel verwendet waren, ihn aus-<lb/>
zube&#x017F;&#x017F;ern, daß er &#x017F;tehen konnte, als der Ti&#x017F;ch &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
vor funfzig Jahren, da er neu gewe&#x017F;en, geko&#x017F;tet<lb/>
hatte.</p><lb/>
          <p>Auf dem Ge&#x017F;im&#x017F;e war ein ei&#x017F;erner Schiebe-<lb/>
leuchter mit einem brennenden Lichte, das nur<lb/>
eben, eben, &#x017F;chimmerte, vier auf einen Pfennig,<lb/>
vermuthe ich.</p><lb/>
          <p>Nicht weit davon, auf eben dem Ge&#x017F;im&#x017F;e<lb/>
&#x017F;tand ein alter Spiegel, mitten durch in tau&#x017F;end<lb/>
Stu&#x0364;cken zerknickt, dem vielleicht in einer Wuth<lb/>
der Stoß von einem Elenden gegeben war, wel-<lb/>
chem er den Jammer &#x017F;eines Herzens in &#x017F;einem<lb/>
Ge&#x017F;ichte vorge&#x017F;tellet hatte.</p><lb/>
          <p>Jn dem Camin waren zween halbe Ziegel,<lb/>
an einer, und ein ganzer an der andern Seite;<lb/>
welches zeigte, daß er in be&#x017F;&#x017F;erm Stande gewe&#x017F;en<lb/>
war: nun aber war der Mo&#x0364;rtel den u&#x0364;brigen Zie-<lb/>
geln an allen andern Stellen nachgefolget, und<lb/>
hatte die Mauer&#x017F;teine bloß gela&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Ein alter Ofenro&#x017F;t mit halben Gittern war<lb/>
in eben dem Camin, und in dem Ro&#x017F;t &#x017F;tand eine<lb/>
große &#x017F;teinerne Fla&#x017F;che ohne Hals, die mit trau-<lb/>
rigem Eibenbaum, als einem Jmmergru&#x0364;n, mit<lb/>
verwelktem Stabwurz, mit Feldro&#x017F;en, und mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Spro&#x0364;ß-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0320] ſcheiben herein ging, als dadurch hinein kommen konnte. Vier alte Stuͤhle von tuͤrkiſcher Arbeit, un- ten geborſten, daß die Ausſtopfung hervorkam. Ein alter, wacklichter, wurmſtichichter Tiſch, worauf mehr Naͤgel verwendet waren, ihn aus- zubeſſern, daß er ſtehen konnte, als der Tiſch ſelbſt vor funfzig Jahren, da er neu geweſen, gekoſtet hatte. Auf dem Geſimſe war ein eiſerner Schiebe- leuchter mit einem brennenden Lichte, das nur eben, eben, ſchimmerte, vier auf einen Pfennig, vermuthe ich. Nicht weit davon, auf eben dem Geſimſe ſtand ein alter Spiegel, mitten durch in tauſend Stuͤcken zerknickt, dem vielleicht in einer Wuth der Stoß von einem Elenden gegeben war, wel- chem er den Jammer ſeines Herzens in ſeinem Geſichte vorgeſtellet hatte. Jn dem Camin waren zween halbe Ziegel, an einer, und ein ganzer an der andern Seite; welches zeigte, daß er in beſſerm Stande geweſen war: nun aber war der Moͤrtel den uͤbrigen Zie- geln an allen andern Stellen nachgefolget, und hatte die Mauerſteine bloß gelaſſen. Ein alter Ofenroſt mit halben Gittern war in eben dem Camin, und in dem Roſt ſtand eine große ſteinerne Flaſche ohne Hals, die mit trau- rigem Eibenbaum, als einem Jmmergruͤn, mit verwelktem Stabwurz, mit Feldroſen, und mit Sproͤß-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/320
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/320>, abgerufen am 17.06.2024.