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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

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Schließlich wäre noch darauf hinzuweisen, daß bei der Anlage von derlei Wohnhäusern und Wohnhausanlagen, sowohl kleineren als auch größeren Umfanges, die ästhetische Ausgestaltung nicht als nebensächlich betrachtet werden soll. Bei aller in der Regel durch die Bauökonomie gebotenen Einfachheit der äußeren und inneren Ausstattung soll doch ein nüchternes, allzu einförmiges Äußere vermieden und ein freundlicher, einladender Eindruck angestrebt werden. Hierzu empfiehlt es sich, von reichen, ohne Notwendigkeit angewendeten architektonischen Formen abzusehen und die Anlehnung an gute Vorbilder der einfachen heimischen Bauweise zu suchen. Die wechselnde Anwendung von verputzten Flächen, Ziegel- oder Bruchsteinmauerwerk mit sauberer Verfügung, von glattem und verschiedenartigem rauhem Verputze, eine geschickte Austeilung der Fenster mit einiger Abwechslung in deren Form und Größe, die Anbringung von Veranden, Erkern und Baikonen, eine geschmackvolle Wahl des Anstriches, die Anbringung von Blumengittern bei Fenstern zur Ausschmückung durch die Inwohner mit selbstgezogenen Blumen, eine kräftig wirkende Dachform u. dgl. reichen hin, eine nüchterne Eintönigkeit zu vermeiden. Sowohl bei der inneren als auch bei der äußeren Ausstattung ist auf eine saubere, sorgfältige, keine häufigen Erhaltungsarbeiten erfordernde, dauerhafte Ausführungsweise besonderes Augenmerk zu richten. Bei größeren Wohnhausanlagen bietet die ohnehin erwünschte und notwendige Verschiedenheit der Größe der Wohnungen Gelegenheit, durch wechselnde Grundrißformen und Gruppierung der Fenster, Vermeidung zu strenger Symmetrie, verschiedenartige Dachausbildung u. dgl. eine genügende Abwechslung in die äußere Erscheinung der einzelnen Häuser oder Häusergruppen zu bringen.

Im folgenden soll noch kurz die Vorsorge für die Unterbringung alleinstehender Personen besprochen werden. Beim Eisenbahnbetrieb kommen als solche hauptsächlich Angehörige der Diener- oder Unterbeamtenkategorien und allenfalls auch höher qualifizierte Arbeiter in Betracht, für die entweder entsprechende abgesonderte Räume in Familienwohnhäusern geschaffen oder besondere, eigens für diesen Zweck erbaute Ledigenheime zur Ausführung gelangen.

Zur Erbauung von sog. Schlaf- oder Logierhäusern, wie solche in Großstädten zur gemeinsamen Beherbergung alleinstehender Personen von den städtischen Körperschaften oder von gemeinnützigen Vereinen errichtet wurden, und die mehr oder weniger den Charakter von Massenquartieren an sich tragen, liegt bei den Eisenbahnen kein Bedürfnis vor. Für derartige Logierhäuser, Männer- oder Frauenheime, sind die Anlagen, die von der nach ihrem Begründer Lord Rowton benannten "Gesellschaft m. b. H. Rowton houses" in England geschaffen wurden, vorbildlich geworden.

Derartige Gebäude sind meist in langgestreckte, schmale Trakte aufgelöst, die in den Stockwerken aneinandergereihte gemeinschaftliche Schlafsäle mit beiderseits eines Mittelganges eingebauten Schlafkabinen enthalten. Die schmalen Trakte erhalten an beiden Längsseiten Fenster, so daß es möglich wird, jede Schlafkabine durch ein eigenes Fenster oder einen eigenen Fensterflügel unmittelbar beleuchten und ins Freie lüften zu können. Die Größe der Schlafkabinen wird verschieden bemessen; in den Rowton houses beträgt sie 1·5 x 2·3 m (3·5 m2 Bodenfläche). Eine mustergültige Anlage dieser Art ist das von der Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumsstiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrichtungen im Jahre 1910 erbaute fünfte Männerheim in Wien, XVII. Bezirk, bei dem alle bei den früheren Bauten gewonnen Erfahrungen verwertet wurden. Es enthält Schlafkabinen von zweierlei Größe, 1·55 x 2·25 m (3·5 m2) und 1·90 x 2·60 m (4·94 m2). Die größeren Kabinen haben als Einrichtung ein vollständiges Bett, ein Waschbecken mit Wasserzulauf, einen Klapptisch, einen Wandspiegel, einen Stuhl mit Unterfach und einen Kleiderrechen. Bei den kleineren Kabinen entfällt das Waschbecken, der Klapptisch und der Spiegel, hingegen sind im gleichen Stockwerke für die Bewohner der kleineren Kabinen gemeinsame Waschgelegenheiten vorgesehen. Um bei den kleinen Ausmaßen der Kabinen den Luftraum des gemeinschaftlichen Mittelganges auszunutzen, sind die festen Abteilungswände der Kabinen nicht bis an die Decke, sondern nur 2 m hoch über dem Fußboden geführt; der restliche Zwischenraum bis zur Decke der 2·85 m hohen Säle ist zum sicheren Abschluß der einzelnen Kabinen mit Drahtgittern verschlossen. Die Trennungswände haben unten Ausschnitte, um die Luftzirkulation zu fördern. Das hochgelegene Erdgeschoß ist zur Unterbringung der Verwaltungsräume, der Tagesaufenthaltsräume für die Schlafgäste (Saal für Raucher, Saal für Nichtraucher, Lesesaal, Schreibzimmer, Speisesaal), für Kochräume und die Anstaltsküche, das Souterraingeschoß für das Gepäcksmagazin, für den Kastenraum zur Aufbewahrung der Kleider, für Umkleideräume, für Putzräume, Badegelegenheiten u. dgl. ausgenutzt. Abortgruppen sind in allen Stockwerken vorhanden.

Schließlich wäre noch darauf hinzuweisen, daß bei der Anlage von derlei Wohnhäusern und Wohnhausanlagen, sowohl kleineren als auch größeren Umfanges, die ästhetische Ausgestaltung nicht als nebensächlich betrachtet werden soll. Bei aller in der Regel durch die Bauökonomie gebotenen Einfachheit der äußeren und inneren Ausstattung soll doch ein nüchternes, allzu einförmiges Äußere vermieden und ein freundlicher, einladender Eindruck angestrebt werden. Hierzu empfiehlt es sich, von reichen, ohne Notwendigkeit angewendeten architektonischen Formen abzusehen und die Anlehnung an gute Vorbilder der einfachen heimischen Bauweise zu suchen. Die wechselnde Anwendung von verputzten Flächen, Ziegel- oder Bruchsteinmauerwerk mit sauberer Verfügung, von glattem und verschiedenartigem rauhem Verputze, eine geschickte Austeilung der Fenster mit einiger Abwechslung in deren Form und Größe, die Anbringung von Veranden, Erkern und Baikonen, eine geschmackvolle Wahl des Anstriches, die Anbringung von Blumengittern bei Fenstern zur Ausschmückung durch die Inwohner mit selbstgezogenen Blumen, eine kräftig wirkende Dachform u. dgl. reichen hin, eine nüchterne Eintönigkeit zu vermeiden. Sowohl bei der inneren als auch bei der äußeren Ausstattung ist auf eine saubere, sorgfältige, keine häufigen Erhaltungsarbeiten erfordernde, dauerhafte Ausführungsweise besonderes Augenmerk zu richten. Bei größeren Wohnhausanlagen bietet die ohnehin erwünschte und notwendige Verschiedenheit der Größe der Wohnungen Gelegenheit, durch wechselnde Grundrißformen und Gruppierung der Fenster, Vermeidung zu strenger Symmetrie, verschiedenartige Dachausbildung u. dgl. eine genügende Abwechslung in die äußere Erscheinung der einzelnen Häuser oder Häusergruppen zu bringen.

Im folgenden soll noch kurz die Vorsorge für die Unterbringung alleinstehender Personen besprochen werden. Beim Eisenbahnbetrieb kommen als solche hauptsächlich Angehörige der Diener- oder Unterbeamtenkategorien und allenfalls auch höher qualifizierte Arbeiter in Betracht, für die entweder entsprechende abgesonderte Räume in Familienwohnhäusern geschaffen oder besondere, eigens für diesen Zweck erbaute Ledigenheime zur Ausführung gelangen.

Zur Erbauung von sog. Schlaf- oder Logierhäusern, wie solche in Großstädten zur gemeinsamen Beherbergung alleinstehender Personen von den städtischen Körperschaften oder von gemeinnützigen Vereinen errichtet wurden, und die mehr oder weniger den Charakter von Massenquartieren an sich tragen, liegt bei den Eisenbahnen kein Bedürfnis vor. Für derartige Logierhäuser, Männer- oder Frauenheime, sind die Anlagen, die von der nach ihrem Begründer Lord Rowton benannten „Gesellschaft m. b. H. Rowton houses“ in England geschaffen wurden, vorbildlich geworden.

Derartige Gebäude sind meist in langgestreckte, schmale Trakte aufgelöst, die in den Stockwerken aneinandergereihte gemeinschaftliche Schlafsäle mit beiderseits eines Mittelganges eingebauten Schlafkabinen enthalten. Die schmalen Trakte erhalten an beiden Längsseiten Fenster, so daß es möglich wird, jede Schlafkabine durch ein eigenes Fenster oder einen eigenen Fensterflügel unmittelbar beleuchten und ins Freie lüften zu können. Die Größe der Schlafkabinen wird verschieden bemessen; in den Rowton houses beträgt sie 1·5 × 2·3 m (3·5 m2 Bodenfläche). Eine mustergültige Anlage dieser Art ist das von der Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumsstiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrichtungen im Jahre 1910 erbaute fünfte Männerheim in Wien, XVII. Bezirk, bei dem alle bei den früheren Bauten gewonnen Erfahrungen verwertet wurden. Es enthält Schlafkabinen von zweierlei Größe, 1·55 × 2·25 m (3·5 m2) und 1·90 × 2·60 m (4·94 m2). Die größeren Kabinen haben als Einrichtung ein vollständiges Bett, ein Waschbecken mit Wasserzulauf, einen Klapptisch, einen Wandspiegel, einen Stuhl mit Unterfach und einen Kleiderrechen. Bei den kleineren Kabinen entfällt das Waschbecken, der Klapptisch und der Spiegel, hingegen sind im gleichen Stockwerke für die Bewohner der kleineren Kabinen gemeinsame Waschgelegenheiten vorgesehen. Um bei den kleinen Ausmaßen der Kabinen den Luftraum des gemeinschaftlichen Mittelganges auszunutzen, sind die festen Abteilungswände der Kabinen nicht bis an die Decke, sondern nur 2 m hoch über dem Fußboden geführt; der restliche Zwischenraum bis zur Decke der 2·85 m hohen Säle ist zum sicheren Abschluß der einzelnen Kabinen mit Drahtgittern verschlossen. Die Trennungswände haben unten Ausschnitte, um die Luftzirkulation zu fördern. Das hochgelegene Erdgeschoß ist zur Unterbringung der Verwaltungsräume, der Tagesaufenthaltsräume für die Schlafgäste (Saal für Raucher, Saal für Nichtraucher, Lesesaal, Schreibzimmer, Speisesaal), für Kochräume und die Anstaltsküche, das Souterraingeschoß für das Gepäcksmagazin, für den Kastenraum zur Aufbewahrung der Kleider, für Umkleideräume, für Putzräume, Badegelegenheiten u. dgl. ausgenutzt. Abortgruppen sind in allen Stockwerken vorhanden.

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[232/0241] Schließlich wäre noch darauf hinzuweisen, daß bei der Anlage von derlei Wohnhäusern und Wohnhausanlagen, sowohl kleineren als auch größeren Umfanges, die ästhetische Ausgestaltung nicht als nebensächlich betrachtet werden soll. Bei aller in der Regel durch die Bauökonomie gebotenen Einfachheit der äußeren und inneren Ausstattung soll doch ein nüchternes, allzu einförmiges Äußere vermieden und ein freundlicher, einladender Eindruck angestrebt werden. Hierzu empfiehlt es sich, von reichen, ohne Notwendigkeit angewendeten architektonischen Formen abzusehen und die Anlehnung an gute Vorbilder der einfachen heimischen Bauweise zu suchen. Die wechselnde Anwendung von verputzten Flächen, Ziegel- oder Bruchsteinmauerwerk mit sauberer Verfügung, von glattem und verschiedenartigem rauhem Verputze, eine geschickte Austeilung der Fenster mit einiger Abwechslung in deren Form und Größe, die Anbringung von Veranden, Erkern und Baikonen, eine geschmackvolle Wahl des Anstriches, die Anbringung von Blumengittern bei Fenstern zur Ausschmückung durch die Inwohner mit selbstgezogenen Blumen, eine kräftig wirkende Dachform u. dgl. reichen hin, eine nüchterne Eintönigkeit zu vermeiden. Sowohl bei der inneren als auch bei der äußeren Ausstattung ist auf eine saubere, sorgfältige, keine häufigen Erhaltungsarbeiten erfordernde, dauerhafte Ausführungsweise besonderes Augenmerk zu richten. Bei größeren Wohnhausanlagen bietet die ohnehin erwünschte und notwendige Verschiedenheit der Größe der Wohnungen Gelegenheit, durch wechselnde Grundrißformen und Gruppierung der Fenster, Vermeidung zu strenger Symmetrie, verschiedenartige Dachausbildung u. dgl. eine genügende Abwechslung in die äußere Erscheinung der einzelnen Häuser oder Häusergruppen zu bringen. Im folgenden soll noch kurz die Vorsorge für die Unterbringung alleinstehender Personen besprochen werden. Beim Eisenbahnbetrieb kommen als solche hauptsächlich Angehörige der Diener- oder Unterbeamtenkategorien und allenfalls auch höher qualifizierte Arbeiter in Betracht, für die entweder entsprechende abgesonderte Räume in Familienwohnhäusern geschaffen oder besondere, eigens für diesen Zweck erbaute Ledigenheime zur Ausführung gelangen. Zur Erbauung von sog. Schlaf- oder Logierhäusern, wie solche in Großstädten zur gemeinsamen Beherbergung alleinstehender Personen von den städtischen Körperschaften oder von gemeinnützigen Vereinen errichtet wurden, und die mehr oder weniger den Charakter von Massenquartieren an sich tragen, liegt bei den Eisenbahnen kein Bedürfnis vor. Für derartige Logierhäuser, Männer- oder Frauenheime, sind die Anlagen, die von der nach ihrem Begründer Lord Rowton benannten „Gesellschaft m. b. H. Rowton houses“ in England geschaffen wurden, vorbildlich geworden. Derartige Gebäude sind meist in langgestreckte, schmale Trakte aufgelöst, die in den Stockwerken aneinandergereihte gemeinschaftliche Schlafsäle mit beiderseits eines Mittelganges eingebauten Schlafkabinen enthalten. Die schmalen Trakte erhalten an beiden Längsseiten Fenster, so daß es möglich wird, jede Schlafkabine durch ein eigenes Fenster oder einen eigenen Fensterflügel unmittelbar beleuchten und ins Freie lüften zu können. Die Größe der Schlafkabinen wird verschieden bemessen; in den Rowton houses beträgt sie 1·5 × 2·3 m (3·5 m2 Bodenfläche). Eine mustergültige Anlage dieser Art ist das von der Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumsstiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrichtungen im Jahre 1910 erbaute fünfte Männerheim in Wien, XVII. Bezirk, bei dem alle bei den früheren Bauten gewonnen Erfahrungen verwertet wurden. Es enthält Schlafkabinen von zweierlei Größe, 1·55 × 2·25 m (3·5 m2) und 1·90 × 2·60 m (4·94 m2). Die größeren Kabinen haben als Einrichtung ein vollständiges Bett, ein Waschbecken mit Wasserzulauf, einen Klapptisch, einen Wandspiegel, einen Stuhl mit Unterfach und einen Kleiderrechen. Bei den kleineren Kabinen entfällt das Waschbecken, der Klapptisch und der Spiegel, hingegen sind im gleichen Stockwerke für die Bewohner der kleineren Kabinen gemeinsame Waschgelegenheiten vorgesehen. Um bei den kleinen Ausmaßen der Kabinen den Luftraum des gemeinschaftlichen Mittelganges auszunutzen, sind die festen Abteilungswände der Kabinen nicht bis an die Decke, sondern nur 2 m hoch über dem Fußboden geführt; der restliche Zwischenraum bis zur Decke der 2·85 m hohen Säle ist zum sicheren Abschluß der einzelnen Kabinen mit Drahtgittern verschlossen. Die Trennungswände haben unten Ausschnitte, um die Luftzirkulation zu fördern. Das hochgelegene Erdgeschoß ist zur Unterbringung der Verwaltungsräume, der Tagesaufenthaltsräume für die Schlafgäste (Saal für Raucher, Saal für Nichtraucher, Lesesaal, Schreibzimmer, Speisesaal), für Kochräume und die Anstaltsküche, das Souterraingeschoß für das Gepäcksmagazin, für den Kastenraum zur Aufbewahrung der Kleider, für Umkleideräume, für Putzräume, Badegelegenheiten u. dgl. ausgenutzt. Abortgruppen sind in allen Stockwerken vorhanden.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/241>, abgerufen am 04.06.2024.