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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

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bahnamtliche Rollfuhrunternehmer bestellt sind, ohne besondere Bezahlung statt, sofern die Fracht nach Klasse I (Eilgutfracht) oder nach höheren Sätzen berechnet ist, sonst gegen Bezahlung eines Rollgeldes. Will ein Empfänger die Güter auf einer solchen Station selbst abholen, so hat er dies schriftlich anzumelden.

In England ist das bahnseitige. A. in größeren Städten außerordentlich verbreitet.

In London bestehen seitens aller größeren Bahngesellschaften eigene Annahmestellen, die durch ihre (einspännigen) Rollwagen das A. besorgen. Die Güter werden von den Absendern geholt und zur Annahmestelle geführt. Das Einsammeln findet an Wochentagen, mit Ausnahme Samstags, wo nur bis 4 Uhr eingesammelt wird, bis 6 Uhr abends statt. Die letzte Sammelfahrt macht der Rollwagen direkt zum Bahnhof. Die Aufgabescheine übernimmt der Kutscher und bringt sie zur Annahmestelle, wo die weitere Übernahme und Versendung der Güter erfolgt.

In Manchester werden die Güter durch Rollwagen, die Bahneigentum sind, von den Absendern geholt; der mit dem Wagen fahrende Kutscher und ein ihm beigegebener Junge (nipper) übernehmen vom Absender auch die Aufgabescheine etc., übergeben diese am Bahnhof dem Güterbodenvorarbeiter (cheker) und sind bei der Abwäge der Güter gegenwärtig. Die Güter werden hierauf in die bis an die Güterschuppenbühne herangefahrenen direkten Wagen sofort verladen.

In Birmingham werden gleichfalls die Güter zumeist durch bahneigene Rollwagen abgeholt. Jeder Wagen wird von einem Kutscher und einem Buchführer (book-carrier) begleitet, der allein für die Annahme und Behandlung der Güter verantwortlich ist und die Güter in Rollkarten (carriage notes) einträgt. Dieser Buchführer läßt am Bahnhof die Rollkarten mit fortlaufenden Nummern bezeichnen, übergibt sie dem Annahmearbeiter (receiving cheker) und ladet die Güter ab, die dann auf Grund der Rollkarten vom Annahmearbeiter zur weiteren Behandlung übernommen werden.

Ähnliche Verfahren (mit oder ohne besondere Annahmestellen in den Städten) sind auch in Liverpool und Yorkshire in Anwendung.

Die auf den Güterbahnhöfen der größeren Städte Englands angekommenen Güter, die zur bahnamtlichen Abfuhr bestimmt sind, werden gleich in die Rollwagen abgeladen oder aber nach Bestellbezirken zusammengelegt. Das Einladen in die Rollwagen erfolgt auf Grund der Begleitscheine, Ablieferungsscheine oder Ablieferungslisten. Die Eisenbahngesellschaften haben die größeren Städte gewöhnlich in eine Anzahl von Bestellbezirken (delivery districts) eingeteilt und werden die Güter vom Bahnhof aus zugestellt, wobei der Kutscher des Rollwagens die Begleitpapiere übernimmt (Näheres s. Frahm, Das englische Eisenbahnwesen, Berlin 1911).

In Frankreich muß die Versanderklärung, von der jede Sendung mit Ausnahme von Gepäck begleitet sein muß, u. a. auch die Angabe enthalten, ob das Gut in die Behausung zu liefern oder auf der Station abzunehmen ist; fehlt diese Angabe, so wird das Gut in Stationen, wo ein Rollfuhrdienst eingerichtet ist, dem Empfänger in die Behausung zugeführt. Die Eisenbahnen sind auch berechtigt, alle bahnlagernd gestellten Güter, die nicht innerhalb einer Frist von 48 Stunden nach Ablauf der für ihre Abnahme festgesetzten Frist abgenommen werden, bahnamtlich zurollen zu lassen. Die Zufuhr erfolgt nach der Wohnung des Empfängers oder, wenn diese unbekannt ist, nach einem öffentlichen Lagerhaus.

In Italien ist es der Eisenbahnverwaltung überlassen, den Dienst für das Abholen und die Zufuhr der Güter von und nach der Wohnung des Absenders bzw. Empfängers einzurichten. Die Stationen, wo ein solcher Dienst besteht, die Gebühren und die Fristen für die Übergabe sowie die sonstigen Bedingungen werden durch Anschlag verlautbart. Der Absender, der sich dieses Dienstes nicht bedienen will, muß dies im Beförderungsantrag (Speditionsnote, Frachtbrief) in der hierfür bestimmten Stelle unter Eintragung der Worte "in stazione" (bahnlagernd) angeben. Mangels dieser Erklärung hat die Eisenbahn das Recht, die Zufuhr am Bestimmungsort zu besorgen. In den Niederlanden ist die Eisenbahn berechtigt, auf Verlangen des Absenders Eil- und Frachtgüter abzuholen und, sofern dies auf dem Frachtbriefe vorgeschrieben ist, dem Empfänger zuzuführen. Stückgüter, sowohl Eil- als Frachtgut, können durch die Eisenbahn von Amts wegen zugeführt werden, wenn nicht der Absender durch eine Vorschrift auf dem Frachtbriefe, wie z. B. "bahnlagernd", den Wunsch zu erkennen gegeben hat, daß die Güter durch den Empfänger abgeholt werden. Die Gebühr für das Abholen und Zuführen wird in den Tarifen festgesetzt; doch sind besondere Vereinbarungen mit Absendern oder Empfängern wegen Abholung oder Zuführung ihrer Güter nach einem niedrigeren als dem allgemein geltenden Tarife gestattet, wenn es sich um große Gütermengen oder um ein Abonnement handelt und unter gleichen Umständen dieselbe Vergünstigung jedem anderen gewährt wird. Die Zuführung der Frachtgüter geschieht innerhalb 24 Stunden nach Ankunft auf der Bestimmungsstation. Eilgüter, die am Vormittag ankommen, werden am selben Tage, Eilgüter, die am Nachmittag ankommen, am Vormittag des folgenden Tages zugeführt. Unter außergewöhnlichen Umständen oder bei großem Güterandrang gelten diese Fristen nicht. Vorbehaltlich besonderer Vereinbarung zwischen Absender und Eisenbahn und unbeschadet der Bestimmungen über die Sonntagsruhe werden Eil- und Frachtgüter, die vor 3 Uhr nachmittags angemeldet worden sind, spätestens

bahnamtliche Rollfuhrunternehmer bestellt sind, ohne besondere Bezahlung statt, sofern die Fracht nach Klasse I (Eilgutfracht) oder nach höheren Sätzen berechnet ist, sonst gegen Bezahlung eines Rollgeldes. Will ein Empfänger die Güter auf einer solchen Station selbst abholen, so hat er dies schriftlich anzumelden.

In England ist das bahnseitige. A. in größeren Städten außerordentlich verbreitet.

In London bestehen seitens aller größeren Bahngesellschaften eigene Annahmestellen, die durch ihre (einspännigen) Rollwagen das A. besorgen. Die Güter werden von den Absendern geholt und zur Annahmestelle geführt. Das Einsammeln findet an Wochentagen, mit Ausnahme Samstags, wo nur bis 4 Uhr eingesammelt wird, bis 6 Uhr abends statt. Die letzte Sammelfahrt macht der Rollwagen direkt zum Bahnhof. Die Aufgabescheine übernimmt der Kutscher und bringt sie zur Annahmestelle, wo die weitere Übernahme und Versendung der Güter erfolgt.

In Manchester werden die Güter durch Rollwagen, die Bahneigentum sind, von den Absendern geholt; der mit dem Wagen fahrende Kutscher und ein ihm beigegebener Junge (nipper) übernehmen vom Absender auch die Aufgabescheine etc., übergeben diese am Bahnhof dem Güterbodenvorarbeiter (cheker) und sind bei der Abwäge der Güter gegenwärtig. Die Güter werden hierauf in die bis an die Güterschuppenbühne herangefahrenen direkten Wagen sofort verladen.

In Birmingham werden gleichfalls die Güter zumeist durch bahneigene Rollwagen abgeholt. Jeder Wagen wird von einem Kutscher und einem Buchführer (book-carrier) begleitet, der allein für die Annahme und Behandlung der Güter verantwortlich ist und die Güter in Rollkarten (carriage notes) einträgt. Dieser Buchführer läßt am Bahnhof die Rollkarten mit fortlaufenden Nummern bezeichnen, übergibt sie dem Annahmearbeiter (receiving cheker) und ladet die Güter ab, die dann auf Grund der Rollkarten vom Annahmearbeiter zur weiteren Behandlung übernommen werden.

Ähnliche Verfahren (mit oder ohne besondere Annahmestellen in den Städten) sind auch in Liverpool und Yorkshire in Anwendung.

Die auf den Güterbahnhöfen der größeren Städte Englands angekommenen Güter, die zur bahnamtlichen Abfuhr bestimmt sind, werden gleich in die Rollwagen abgeladen oder aber nach Bestellbezirken zusammengelegt. Das Einladen in die Rollwagen erfolgt auf Grund der Begleitscheine, Ablieferungsscheine oder Ablieferungslisten. Die Eisenbahngesellschaften haben die größeren Städte gewöhnlich in eine Anzahl von Bestellbezirken (delivery districts) eingeteilt und werden die Güter vom Bahnhof aus zugestellt, wobei der Kutscher des Rollwagens die Begleitpapiere übernimmt (Näheres s. Frahm, Das englische Eisenbahnwesen, Berlin 1911).

In Frankreich muß die Versanderklärung, von der jede Sendung mit Ausnahme von Gepäck begleitet sein muß, u. a. auch die Angabe enthalten, ob das Gut in die Behausung zu liefern oder auf der Station abzunehmen ist; fehlt diese Angabe, so wird das Gut in Stationen, wo ein Rollfuhrdienst eingerichtet ist, dem Empfänger in die Behausung zugeführt. Die Eisenbahnen sind auch berechtigt, alle bahnlagernd gestellten Güter, die nicht innerhalb einer Frist von 48 Stunden nach Ablauf der für ihre Abnahme festgesetzten Frist abgenommen werden, bahnamtlich zurollen zu lassen. Die Zufuhr erfolgt nach der Wohnung des Empfängers oder, wenn diese unbekannt ist, nach einem öffentlichen Lagerhaus.

In Italien ist es der Eisenbahnverwaltung überlassen, den Dienst für das Abholen und die Zufuhr der Güter von und nach der Wohnung des Absenders bzw. Empfängers einzurichten. Die Stationen, wo ein solcher Dienst besteht, die Gebühren und die Fristen für die Übergabe sowie die sonstigen Bedingungen werden durch Anschlag verlautbart. Der Absender, der sich dieses Dienstes nicht bedienen will, muß dies im Beförderungsantrag (Speditionsnote, Frachtbrief) in der hierfür bestimmten Stelle unter Eintragung der Worte „in stazione“ (bahnlagernd) angeben. Mangels dieser Erklärung hat die Eisenbahn das Recht, die Zufuhr am Bestimmungsort zu besorgen. In den Niederlanden ist die Eisenbahn berechtigt, auf Verlangen des Absenders Eil- und Frachtgüter abzuholen und, sofern dies auf dem Frachtbriefe vorgeschrieben ist, dem Empfänger zuzuführen. Stückgüter, sowohl Eil- als Frachtgut, können durch die Eisenbahn von Amts wegen zugeführt werden, wenn nicht der Absender durch eine Vorschrift auf dem Frachtbriefe, wie z. B. „bahnlagernd“, den Wunsch zu erkennen gegeben hat, daß die Güter durch den Empfänger abgeholt werden. Die Gebühr für das Abholen und Zuführen wird in den Tarifen festgesetzt; doch sind besondere Vereinbarungen mit Absendern oder Empfängern wegen Abholung oder Zuführung ihrer Güter nach einem niedrigeren als dem allgemein geltenden Tarife gestattet, wenn es sich um große Gütermengen oder um ein Abonnement handelt und unter gleichen Umständen dieselbe Vergünstigung jedem anderen gewährt wird. Die Zuführung der Frachtgüter geschieht innerhalb 24 Stunden nach Ankunft auf der Bestimmungsstation. Eilgüter, die am Vormittag ankommen, werden am selben Tage, Eilgüter, die am Nachmittag ankommen, am Vormittag des folgenden Tages zugeführt. Unter außergewöhnlichen Umständen oder bei großem Güterandrang gelten diese Fristen nicht. Vorbehaltlich besonderer Vereinbarung zwischen Absender und Eisenbahn und unbeschadet der Bestimmungen über die Sonntagsruhe werden Eil- und Frachtgüter, die vor 3 Uhr nachmittags angemeldet worden sind, spätestens

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bahnamtliche Rollfuhrunternehmer bestellt sind, ohne besondere Bezahlung statt, sofern die Fracht nach Klasse I (Eilgutfracht) oder nach höheren Sätzen berechnet ist, sonst gegen Bezahlung eines Rollgeldes. Will ein Empfänger die Güter auf einer solchen Station selbst abholen, so hat er dies schriftlich anzumelden.</p><lb/>
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[78/0086] bahnamtliche Rollfuhrunternehmer bestellt sind, ohne besondere Bezahlung statt, sofern die Fracht nach Klasse I (Eilgutfracht) oder nach höheren Sätzen berechnet ist, sonst gegen Bezahlung eines Rollgeldes. Will ein Empfänger die Güter auf einer solchen Station selbst abholen, so hat er dies schriftlich anzumelden. In England ist das bahnseitige. A. in größeren Städten außerordentlich verbreitet. In London bestehen seitens aller größeren Bahngesellschaften eigene Annahmestellen, die durch ihre (einspännigen) Rollwagen das A. besorgen. Die Güter werden von den Absendern geholt und zur Annahmestelle geführt. Das Einsammeln findet an Wochentagen, mit Ausnahme Samstags, wo nur bis 4 Uhr eingesammelt wird, bis 6 Uhr abends statt. Die letzte Sammelfahrt macht der Rollwagen direkt zum Bahnhof. Die Aufgabescheine übernimmt der Kutscher und bringt sie zur Annahmestelle, wo die weitere Übernahme und Versendung der Güter erfolgt. In Manchester werden die Güter durch Rollwagen, die Bahneigentum sind, von den Absendern geholt; der mit dem Wagen fahrende Kutscher und ein ihm beigegebener Junge (nipper) übernehmen vom Absender auch die Aufgabescheine etc., übergeben diese am Bahnhof dem Güterbodenvorarbeiter (cheker) und sind bei der Abwäge der Güter gegenwärtig. Die Güter werden hierauf in die bis an die Güterschuppenbühne herangefahrenen direkten Wagen sofort verladen. In Birmingham werden gleichfalls die Güter zumeist durch bahneigene Rollwagen abgeholt. Jeder Wagen wird von einem Kutscher und einem Buchführer (book-carrier) begleitet, der allein für die Annahme und Behandlung der Güter verantwortlich ist und die Güter in Rollkarten (carriage notes) einträgt. Dieser Buchführer läßt am Bahnhof die Rollkarten mit fortlaufenden Nummern bezeichnen, übergibt sie dem Annahmearbeiter (receiving cheker) und ladet die Güter ab, die dann auf Grund der Rollkarten vom Annahmearbeiter zur weiteren Behandlung übernommen werden. Ähnliche Verfahren (mit oder ohne besondere Annahmestellen in den Städten) sind auch in Liverpool und Yorkshire in Anwendung. Die auf den Güterbahnhöfen der größeren Städte Englands angekommenen Güter, die zur bahnamtlichen Abfuhr bestimmt sind, werden gleich in die Rollwagen abgeladen oder aber nach Bestellbezirken zusammengelegt. Das Einladen in die Rollwagen erfolgt auf Grund der Begleitscheine, Ablieferungsscheine oder Ablieferungslisten. Die Eisenbahngesellschaften haben die größeren Städte gewöhnlich in eine Anzahl von Bestellbezirken (delivery districts) eingeteilt und werden die Güter vom Bahnhof aus zugestellt, wobei der Kutscher des Rollwagens die Begleitpapiere übernimmt (Näheres s. Frahm, Das englische Eisenbahnwesen, Berlin 1911). In Frankreich muß die Versanderklärung, von der jede Sendung mit Ausnahme von Gepäck begleitet sein muß, u. a. auch die Angabe enthalten, ob das Gut in die Behausung zu liefern oder auf der Station abzunehmen ist; fehlt diese Angabe, so wird das Gut in Stationen, wo ein Rollfuhrdienst eingerichtet ist, dem Empfänger in die Behausung zugeführt. Die Eisenbahnen sind auch berechtigt, alle bahnlagernd gestellten Güter, die nicht innerhalb einer Frist von 48 Stunden nach Ablauf der für ihre Abnahme festgesetzten Frist abgenommen werden, bahnamtlich zurollen zu lassen. Die Zufuhr erfolgt nach der Wohnung des Empfängers oder, wenn diese unbekannt ist, nach einem öffentlichen Lagerhaus. In Italien ist es der Eisenbahnverwaltung überlassen, den Dienst für das Abholen und die Zufuhr der Güter von und nach der Wohnung des Absenders bzw. Empfängers einzurichten. Die Stationen, wo ein solcher Dienst besteht, die Gebühren und die Fristen für die Übergabe sowie die sonstigen Bedingungen werden durch Anschlag verlautbart. Der Absender, der sich dieses Dienstes nicht bedienen will, muß dies im Beförderungsantrag (Speditionsnote, Frachtbrief) in der hierfür bestimmten Stelle unter Eintragung der Worte „in stazione“ (bahnlagernd) angeben. Mangels dieser Erklärung hat die Eisenbahn das Recht, die Zufuhr am Bestimmungsort zu besorgen. In den Niederlanden ist die Eisenbahn berechtigt, auf Verlangen des Absenders Eil- und Frachtgüter abzuholen und, sofern dies auf dem Frachtbriefe vorgeschrieben ist, dem Empfänger zuzuführen. Stückgüter, sowohl Eil- als Frachtgut, können durch die Eisenbahn von Amts wegen zugeführt werden, wenn nicht der Absender durch eine Vorschrift auf dem Frachtbriefe, wie z. B. „bahnlagernd“, den Wunsch zu erkennen gegeben hat, daß die Güter durch den Empfänger abgeholt werden. Die Gebühr für das Abholen und Zuführen wird in den Tarifen festgesetzt; doch sind besondere Vereinbarungen mit Absendern oder Empfängern wegen Abholung oder Zuführung ihrer Güter nach einem niedrigeren als dem allgemein geltenden Tarife gestattet, wenn es sich um große Gütermengen oder um ein Abonnement handelt und unter gleichen Umständen dieselbe Vergünstigung jedem anderen gewährt wird. Die Zuführung der Frachtgüter geschieht innerhalb 24 Stunden nach Ankunft auf der Bestimmungsstation. Eilgüter, die am Vormittag ankommen, werden am selben Tage, Eilgüter, die am Nachmittag ankommen, am Vormittag des folgenden Tages zugeführt. Unter außergewöhnlichen Umständen oder bei großem Güterandrang gelten diese Fristen nicht. Vorbehaltlich besonderer Vereinbarung zwischen Absender und Eisenbahn und unbeschadet der Bestimmungen über die Sonntagsruhe werden Eil- und Frachtgüter, die vor 3 Uhr nachmittags angemeldet worden sind, spätestens

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/86>, abgerufen am 09.06.2024.