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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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Die Wahl des B. kann erfolgen, sobald die Linienführung und die allgemeinen beim Bau einzuhaltenden Grundsätze soweit bestimmt sind, daß ein genügend ausführlicher Entwurf vorliegt, und der Bauherr sich darüber klar geworden ist, welchen Einfluß er sich auf die Gestaltung der Anlage im allgemeinen und im einzelnen sichern will. Bei der Wahl des B. sind, - da von der Einleitung und Durchführung des Baues die sachgemäße Gestalt der ganzen Anlage und das wirtschaftliche Schlußergebnis des Baugeschäftes wesentlich abhängig sind, - folgende Umstände in Erwägung zu ziehen:

Zu 1. Beim Regiebau tritt der Bauherr dem einzelnen Arbeiter gegenüber unmittelbar oder mittelbar als Arbeitgeber auf, je nachdem er die verschiedenen Arbeiten durch von ihm selbst angeworbene, im Zeit- oder Stücklohn stehende Arbeiter - reiner Regiebau - oder durch im Handakkord stehende Arbeitergruppen oder Schächte besorgen läßt, - gemischtes System. Der reine Regiebau wird nur bei ganz unbedeutenden Herstellungen angewendet, während der gemischte Regiebau vielfach, besonders in Deutschland, mit bestem Erfolge selbst bei größeren Eisenbahnbauten durchgeführt wurde. Da beim Regiebau der Bauherr im Rahmen der behördlich genehmigten Entwürfe die Einzelbearbeitung und die Ausführung aller Teile der Anlage in der Hand hat, so hängt das Gelingen des Baugeschäftes nur von den Verfügungen des Bauherrn und seiner Bevollmächtigten ab. Der Regiebau setzt daher voraus, daß dem Bauherrn ein vollkommen vertrauenswürdiges und technisch gut gebildetes Personal zur Verfügung steht, das auch hinsichtlich der Einzelheiten der eigentlichen Bauarbeiten alle Erfahrungen eines tüchtigen Unternehmers besitzt; das Personal darf nicht durch kleinliche Vorschriften gehemmt sein, die Eigenschaften des Unternehmers zu betätigen, sondern muß durch Beteiligung an dem Geschäft, Einräumung entsprechender Vollmachten u. s. w. angespornt werden, seine ganze Tatkraft dem Unternehmen zu widmen. Während bei Vergebung der Arbeiten an einen Unternehmer der Bauherr und sein Personal sich nahezu ausschließlich mit rein technischen Aufgaben zu beschäftigen haben, treten an die Leiter eines Regiebaues auch zahlreiche praktische und kaufmännische Fragen heran, deren wirtschaftlich richtige Lösung eine vielseitige und langjährige Bauerfahrung erfordert und voraussetzt, daß während der praktischen Schulung die theoretische Fortbildung nicht vernachlässigt wurde. Ist es schon schwer, einen derartig geschulten Beamtenkörper für ein größeres Baugeschäft zu finden, so stellt sich der Durchführung eines Eisenbahnbaues in eigener Regie meist noch eine andere Schwierigkeit entgegen. Beim Regiebau hat der Bauherr seinen Arbeitern oder Schächten alle Hilfswerkzeuge selbst bereitzustellen und muß daher je nach dem Umfange und den örtlichen Schwierigkeiten des Baugeschäftes über einen mehr oder weniger bedeutenden Besitz an Werkzeugen der verschiedensten Art (Arbeitsmaschinen, Rollbahngleisen, Wagen u. s. w.) verfügen; oder er muß sie anschaffen, was nur dann wirtschaftlich gerechtfertigt ist, wenn es sich um den Ausbau eines größeren Bahnnetzes innerhalb eines größeren Zeitraumes handelt, wobei ihm Gelegenheit geboten ist, das Inventar auszunutzen und das darin angelegte Kapital zu tilgen. Gerade dieser Umstand führt meist zur Wahl eines anderen Bausystemes, und darum wird der Regiebau in der Regel nur auf die Ausführung einzelner besonders wichtiger Bauwerke oder bei den Vorbereitungsarbeiten angewendet, um dem Unternehmer den bei der Durchführung einzuhaltenden Weg genau vorzuzeichnen. Ein Nachteil des Regiebaues liegt auch darin, daß er meist eine sehr lange Bauzeit erfordert, weil der Bauherr sein Hauptaugenmerk im allgemeinen weniger einer raschen als einer vollkommen soliden Ausführung zuwendet, und selten an eine engbegrenzte Zeit gebunden ist. Immerhin sichert der Regiebau bei Vorhandensein aller angeführten Voraussetzungen die größte Wirtschaftlichkeit und eine sachgemäße und den Absichten des Bauherrn vollkommen entsprechende Bauausführung. Als ein sehr hoch anzuschlagender Nebenvorteil des Regiebaues ist der anzusehen, daß er den jüngeren technischen Kräften eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Sammlung von praktischen Erfahrungen gibt.

Zu 2. Der Bau nach Einheitspreisen führt bei entsprechender Wahrung des Einflusses des Bauherrn auf die Entwurfsarbeit und Überwachung des Baues fast zu gleich günstigen. Ergebnissen wie der Regiebau. Dieses System beruht auf einer zweckmäßigen Arbeitsteilung zwischen Bauherrn und Bauunternehmer, wobei das Gelingen des Baugeschäftes ebenfalls größtenteils in der Hand des ersteren liegt. Dem Bauherrn obliegt die Aufstellung des Entwurfs mit allen Einzelheiten; seine Aufgabe ist es, alle für die Ausführung erforderlichen technischen Grundlagen zu schaffen und die Güte der Arbeiten durch Aufstellung richtiger, den örtlichen Verhältnissen entsprechender Ausschreibungen (Baubedingnisse) sowie durch eine genaue aber

Die Wahl des B. kann erfolgen, sobald die Linienführung und die allgemeinen beim Bau einzuhaltenden Grundsätze soweit bestimmt sind, daß ein genügend ausführlicher Entwurf vorliegt, und der Bauherr sich darüber klar geworden ist, welchen Einfluß er sich auf die Gestaltung der Anlage im allgemeinen und im einzelnen sichern will. Bei der Wahl des B. sind, – da von der Einleitung und Durchführung des Baues die sachgemäße Gestalt der ganzen Anlage und das wirtschaftliche Schlußergebnis des Baugeschäftes wesentlich abhängig sind, – folgende Umstände in Erwägung zu ziehen:

Zu 1. Beim Regiebau tritt der Bauherr dem einzelnen Arbeiter gegenüber unmittelbar oder mittelbar als Arbeitgeber auf, je nachdem er die verschiedenen Arbeiten durch von ihm selbst angeworbene, im Zeit- oder Stücklohn stehende Arbeiter – reiner Regiebau – oder durch im Handakkord stehende Arbeitergruppen oder Schächte besorgen läßt, – gemischtes System. Der reine Regiebau wird nur bei ganz unbedeutenden Herstellungen angewendet, während der gemischte Regiebau vielfach, besonders in Deutschland, mit bestem Erfolge selbst bei größeren Eisenbahnbauten durchgeführt wurde. Da beim Regiebau der Bauherr im Rahmen der behördlich genehmigten Entwürfe die Einzelbearbeitung und die Ausführung aller Teile der Anlage in der Hand hat, so hängt das Gelingen des Baugeschäftes nur von den Verfügungen des Bauherrn und seiner Bevollmächtigten ab. Der Regiebau setzt daher voraus, daß dem Bauherrn ein vollkommen vertrauenswürdiges und technisch gut gebildetes Personal zur Verfügung steht, das auch hinsichtlich der Einzelheiten der eigentlichen Bauarbeiten alle Erfahrungen eines tüchtigen Unternehmers besitzt; das Personal darf nicht durch kleinliche Vorschriften gehemmt sein, die Eigenschaften des Unternehmers zu betätigen, sondern muß durch Beteiligung an dem Geschäft, Einräumung entsprechender Vollmachten u. s. w. angespornt werden, seine ganze Tatkraft dem Unternehmen zu widmen. Während bei Vergebung der Arbeiten an einen Unternehmer der Bauherr und sein Personal sich nahezu ausschließlich mit rein technischen Aufgaben zu beschäftigen haben, treten an die Leiter eines Regiebaues auch zahlreiche praktische und kaufmännische Fragen heran, deren wirtschaftlich richtige Lösung eine vielseitige und langjährige Bauerfahrung erfordert und voraussetzt, daß während der praktischen Schulung die theoretische Fortbildung nicht vernachlässigt wurde. Ist es schon schwer, einen derartig geschulten Beamtenkörper für ein größeres Baugeschäft zu finden, so stellt sich der Durchführung eines Eisenbahnbaues in eigener Regie meist noch eine andere Schwierigkeit entgegen. Beim Regiebau hat der Bauherr seinen Arbeitern oder Schächten alle Hilfswerkzeuge selbst bereitzustellen und muß daher je nach dem Umfange und den örtlichen Schwierigkeiten des Baugeschäftes über einen mehr oder weniger bedeutenden Besitz an Werkzeugen der verschiedensten Art (Arbeitsmaschinen, Rollbahngleisen, Wagen u. s. w.) verfügen; oder er muß sie anschaffen, was nur dann wirtschaftlich gerechtfertigt ist, wenn es sich um den Ausbau eines größeren Bahnnetzes innerhalb eines größeren Zeitraumes handelt, wobei ihm Gelegenheit geboten ist, das Inventar auszunutzen und das darin angelegte Kapital zu tilgen. Gerade dieser Umstand führt meist zur Wahl eines anderen Bausystemes, und darum wird der Regiebau in der Regel nur auf die Ausführung einzelner besonders wichtiger Bauwerke oder bei den Vorbereitungsarbeiten angewendet, um dem Unternehmer den bei der Durchführung einzuhaltenden Weg genau vorzuzeichnen. Ein Nachteil des Regiebaues liegt auch darin, daß er meist eine sehr lange Bauzeit erfordert, weil der Bauherr sein Hauptaugenmerk im allgemeinen weniger einer raschen als einer vollkommen soliden Ausführung zuwendet, und selten an eine engbegrenzte Zeit gebunden ist. Immerhin sichert der Regiebau bei Vorhandensein aller angeführten Voraussetzungen die größte Wirtschaftlichkeit und eine sachgemäße und den Absichten des Bauherrn vollkommen entsprechende Bauausführung. Als ein sehr hoch anzuschlagender Nebenvorteil des Regiebaues ist der anzusehen, daß er den jüngeren technischen Kräften eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Sammlung von praktischen Erfahrungen gibt.

Zu 2. Der Bau nach Einheitspreisen führt bei entsprechender Wahrung des Einflusses des Bauherrn auf die Entwurfsarbeit und Überwachung des Baues fast zu gleich günstigen. Ergebnissen wie der Regiebau. Dieses System beruht auf einer zweckmäßigen Arbeitsteilung zwischen Bauherrn und Bauunternehmer, wobei das Gelingen des Baugeschäftes ebenfalls größtenteils in der Hand des ersteren liegt. Dem Bauherrn obliegt die Aufstellung des Entwurfs mit allen Einzelheiten; seine Aufgabe ist es, alle für die Ausführung erforderlichen technischen Grundlagen zu schaffen und die Güte der Arbeiten durch Aufstellung richtiger, den örtlichen Verhältnissen entsprechender Ausschreibungen (Baubedingnisse) sowie durch eine genaue aber

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[34/0042] Die Wahl des B. kann erfolgen, sobald die Linienführung und die allgemeinen beim Bau einzuhaltenden Grundsätze soweit bestimmt sind, daß ein genügend ausführlicher Entwurf vorliegt, und der Bauherr sich darüber klar geworden ist, welchen Einfluß er sich auf die Gestaltung der Anlage im allgemeinen und im einzelnen sichern will. Bei der Wahl des B. sind, – da von der Einleitung und Durchführung des Baues die sachgemäße Gestalt der ganzen Anlage und das wirtschaftliche Schlußergebnis des Baugeschäftes wesentlich abhängig sind, – folgende Umstände in Erwägung zu ziehen: Zu 1. Beim Regiebau tritt der Bauherr dem einzelnen Arbeiter gegenüber unmittelbar oder mittelbar als Arbeitgeber auf, je nachdem er die verschiedenen Arbeiten durch von ihm selbst angeworbene, im Zeit- oder Stücklohn stehende Arbeiter – reiner Regiebau – oder durch im Handakkord stehende Arbeitergruppen oder Schächte besorgen läßt, – gemischtes System. Der reine Regiebau wird nur bei ganz unbedeutenden Herstellungen angewendet, während der gemischte Regiebau vielfach, besonders in Deutschland, mit bestem Erfolge selbst bei größeren Eisenbahnbauten durchgeführt wurde. Da beim Regiebau der Bauherr im Rahmen der behördlich genehmigten Entwürfe die Einzelbearbeitung und die Ausführung aller Teile der Anlage in der Hand hat, so hängt das Gelingen des Baugeschäftes nur von den Verfügungen des Bauherrn und seiner Bevollmächtigten ab. Der Regiebau setzt daher voraus, daß dem Bauherrn ein vollkommen vertrauenswürdiges und technisch gut gebildetes Personal zur Verfügung steht, das auch hinsichtlich der Einzelheiten der eigentlichen Bauarbeiten alle Erfahrungen eines tüchtigen Unternehmers besitzt; das Personal darf nicht durch kleinliche Vorschriften gehemmt sein, die Eigenschaften des Unternehmers zu betätigen, sondern muß durch Beteiligung an dem Geschäft, Einräumung entsprechender Vollmachten u. s. w. angespornt werden, seine ganze Tatkraft dem Unternehmen zu widmen. Während bei Vergebung der Arbeiten an einen Unternehmer der Bauherr und sein Personal sich nahezu ausschließlich mit rein technischen Aufgaben zu beschäftigen haben, treten an die Leiter eines Regiebaues auch zahlreiche praktische und kaufmännische Fragen heran, deren wirtschaftlich richtige Lösung eine vielseitige und langjährige Bauerfahrung erfordert und voraussetzt, daß während der praktischen Schulung die theoretische Fortbildung nicht vernachlässigt wurde. Ist es schon schwer, einen derartig geschulten Beamtenkörper für ein größeres Baugeschäft zu finden, so stellt sich der Durchführung eines Eisenbahnbaues in eigener Regie meist noch eine andere Schwierigkeit entgegen. Beim Regiebau hat der Bauherr seinen Arbeitern oder Schächten alle Hilfswerkzeuge selbst bereitzustellen und muß daher je nach dem Umfange und den örtlichen Schwierigkeiten des Baugeschäftes über einen mehr oder weniger bedeutenden Besitz an Werkzeugen der verschiedensten Art (Arbeitsmaschinen, Rollbahngleisen, Wagen u. s. w.) verfügen; oder er muß sie anschaffen, was nur dann wirtschaftlich gerechtfertigt ist, wenn es sich um den Ausbau eines größeren Bahnnetzes innerhalb eines größeren Zeitraumes handelt, wobei ihm Gelegenheit geboten ist, das Inventar auszunutzen und das darin angelegte Kapital zu tilgen. Gerade dieser Umstand führt meist zur Wahl eines anderen Bausystemes, und darum wird der Regiebau in der Regel nur auf die Ausführung einzelner besonders wichtiger Bauwerke oder bei den Vorbereitungsarbeiten angewendet, um dem Unternehmer den bei der Durchführung einzuhaltenden Weg genau vorzuzeichnen. Ein Nachteil des Regiebaues liegt auch darin, daß er meist eine sehr lange Bauzeit erfordert, weil der Bauherr sein Hauptaugenmerk im allgemeinen weniger einer raschen als einer vollkommen soliden Ausführung zuwendet, und selten an eine engbegrenzte Zeit gebunden ist. Immerhin sichert der Regiebau bei Vorhandensein aller angeführten Voraussetzungen die größte Wirtschaftlichkeit und eine sachgemäße und den Absichten des Bauherrn vollkommen entsprechende Bauausführung. Als ein sehr hoch anzuschlagender Nebenvorteil des Regiebaues ist der anzusehen, daß er den jüngeren technischen Kräften eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Sammlung von praktischen Erfahrungen gibt. Zu 2. Der Bau nach Einheitspreisen führt bei entsprechender Wahrung des Einflusses des Bauherrn auf die Entwurfsarbeit und Überwachung des Baues fast zu gleich günstigen. Ergebnissen wie der Regiebau. Dieses System beruht auf einer zweckmäßigen Arbeitsteilung zwischen Bauherrn und Bauunternehmer, wobei das Gelingen des Baugeschäftes ebenfalls größtenteils in der Hand des ersteren liegt. Dem Bauherrn obliegt die Aufstellung des Entwurfs mit allen Einzelheiten; seine Aufgabe ist es, alle für die Ausführung erforderlichen technischen Grundlagen zu schaffen und die Güte der Arbeiten durch Aufstellung richtiger, den örtlichen Verhältnissen entsprechender Ausschreibungen (Baubedingnisse) sowie durch eine genaue aber

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/42>, abgerufen am 20.05.2024.