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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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Haftung (§ 426 BGB.). Ist der Schaden sowohl durch eine Eisenbahn als auch durch ein Kraftfahrzeug verursacht worden, so hängt das Bestehen von Regreßrechten der Bahn gegen Fahrzeughalter und -führer oder umgekehrt "von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teile verursacht worden ist" (§§ 17, 18 Reichsges. vom 3. Mai 1909). Über das Regreßrecht öffentlicher Verbände gegen ihre Beamten s. o.

3. Ersatzberechtigt ist der "andere" (s. o. Nr. 1 lit. a - c). Sein Anspruch umfaßt sowohl die positive Vermögenseinbuße (damnum emergens) als den entgangenen Gewinn (lucrum cessans), der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Die Ersatzleistung beruht in erster Linie in der Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Ist diese Herstellung nicht möglich oder zur vollen Entschädigung nicht genügend, oder hat der Ersatzberechtigte der Bahn fruchtlos eine angemessene Frist zur Herstellung bestimmt, so tritt an deren Stelle der Ersatz des Vermögensschadens in Geld; ist die Herstellung nur mit unverhältnismäßig großen Kosten möglich, so hat die Bahn das Recht, zur Geldentschädigung überzugehen. Der Geldwert ist von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, der der Wertbestimmung zu grunde gelegt wird. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten als Ursache im Rechtssinne mitgewirkt, so hängen Ersatzpflicht und ihr Umfang "von den Umständen" ab (§§ 249-254, 849 BGB.).

4. Die sämtlichen erwähnten Ersatzansprüche verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis aber jedenfalls in 30 Jahren seit der schädigenden Handlung (§ 852 BGB.).

II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.

Neben den Haftungsgrundsätzen des BGB. können im Hinblick auf Art. 105 EBGB., landesgesetzliche Vorschriften in Betracht kommen, die den Unternehmer eines Eisenbahnbetriebs für den aus dem Betrieb erwachsenen Schaden - soweit er in Sachbeschädigungen besteht (vgl. § 9 des Reichshaftpflichtgesetzes) - in weiterem Umfang als das BGB. verantwortlich machen. Solche Spezialbestimmungen haben Preußen (§ 25 des Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838), Bayern (Art. 58 ABGB.), Württemberg (Ges. vom 4. Juni 1903), Elsaß-Lothringen (Ges. vom 15. Juni 1845 sur la police des chemins de fer) und eine Reihe kleinerer deutscher Staaten getroffen.

Nach der preußischen Vorschrift ist die Bahn "zum Ersatz verpflichtet für allen Schaden, welcher bei der Beförderung auf der Bahn an den beförderten Gütern oder an andern Sachen entsteht und sie kann sich von dieser Verpflichtung nur durch den Beweis befreien, daß der Schaden entweder durch eigene Schuld des Beschädigten oder durch einen unabwendbaren äußeren Zufall bewirkt worden ist. Die gefährliche Natur der Unternehmung selber ist als solcher befreiender Zufall nicht zu betrachten". Nach bayerischem Recht ist der Unternehmer einer Eisenbahn, zu deren Betrieb mit behördlicher Genehmigung öffentliche Straßen oder Plätze benützt werden, auch für den Schaden verantwortlich, der "bei dem Betriebe infolge des öffentlichen Gebrauchs der Straßen oder Plätze an einer fremden Sache entsteht, sofern nicht der Unfall durch höhere Gewalt oder durch Verschulden des Inhabers der Sache verursacht ist"; der Ersatzanspruch verjährt in zwei Jahren von dem Unfall an (Art. 58 ABGB.).

B. Österreich.

I. Allgemeines bürgerliches Recht.

1. Voraussetzung der Ersatzpflicht ist nach dem ABGB. in der Regel die schuldhafte, d. h. vorsätzlich ("aus böser Absicht") oder fahrlässig ("aus Versehen") verursachte Schädigung eines andern (§§ 1294, 1295 ABGB.). Die Beweislast trifft den Kläger (§ 1296); Haftausschließungsgründe wie Unzurechnungsfähigkeit oder mangelnde Rechtswidrigkeit hat der Beklagte nachzuweisen. Ist die Höhe eines dem Grunde nach feststehenden Schadens nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten nachzuweisen, so wird sie vom Gericht auf Antrag oder von Amts wegen, u. U. sogar unter Zurückweisung der von den Parteien angebotenen Beweise, nach freier Überzeugung festgestellt.

Ohne daß es eines näheren Nachweises des Verschuldens bedürfte, besteht ferner eine allgemeine Ersatzpflicht bei Schädigungen, die zwar unmittelbar durch Naturereignisse ("Zufall"), mittelbar aber dadurch veranlaßt sind, daß der Haftpflichtige ein Gesetz übertreten hat, das solchen zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht (§ 1311 ABGB.). Derartige Bestimmungen enthält z. B. die Eisenbahnbetriebsordnung vom 16. November 1851.

Außerdem können die §§ 1318 (Beschädigung durch herabgefallene oder herabgeworfene Gegenstände), 1320 ABGB. (Tierhalterhaftung) und das Automobilgesetz vom 9. August 1908 in Betracht kommen.

2. Der Bahnunternehmer (meist eine juristische Person) haftet außer für eigenes Verschulden auch unbedingt für das Verschulden seiner "Beamten und Diener" in ihren dienstlichen Obliegenheiten; dies folgert der oberste Gerichtshof aus § 19 der EBO. Die Bestimmung gilt dem Wortlaut nach (§ 92 EBO.) zunächst nur für die mit Dampfkraft betriebenen Bahnen,

Haftung (§ 426 BGB.). Ist der Schaden sowohl durch eine Eisenbahn als auch durch ein Kraftfahrzeug verursacht worden, so hängt das Bestehen von Regreßrechten der Bahn gegen Fahrzeughalter und -führer oder umgekehrt „von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teile verursacht worden ist“ (§§ 17, 18 Reichsges. vom 3. Mai 1909). Über das Regreßrecht öffentlicher Verbände gegen ihre Beamten s. o.

3. Ersatzberechtigt ist der „andere“ (s. o. Nr. 1 lit. ac). Sein Anspruch umfaßt sowohl die positive Vermögenseinbuße (damnum emergens) als den entgangenen Gewinn (lucrum cessans), der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Die Ersatzleistung beruht in erster Linie in der Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Ist diese Herstellung nicht möglich oder zur vollen Entschädigung nicht genügend, oder hat der Ersatzberechtigte der Bahn fruchtlos eine angemessene Frist zur Herstellung bestimmt, so tritt an deren Stelle der Ersatz des Vermögensschadens in Geld; ist die Herstellung nur mit unverhältnismäßig großen Kosten möglich, so hat die Bahn das Recht, zur Geldentschädigung überzugehen. Der Geldwert ist von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, der der Wertbestimmung zu grunde gelegt wird. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten als Ursache im Rechtssinne mitgewirkt, so hängen Ersatzpflicht und ihr Umfang „von den Umständen“ ab (§§ 249–254, 849 BGB.).

4. Die sämtlichen erwähnten Ersatzansprüche verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis aber jedenfalls in 30 Jahren seit der schädigenden Handlung (§ 852 BGB.).

II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.

Neben den Haftungsgrundsätzen des BGB. können im Hinblick auf Art. 105 EBGB., landesgesetzliche Vorschriften in Betracht kommen, die den Unternehmer eines Eisenbahnbetriebs für den aus dem Betrieb erwachsenen Schaden – soweit er in Sachbeschädigungen besteht (vgl. § 9 des Reichshaftpflichtgesetzes) – in weiterem Umfang als das BGB. verantwortlich machen. Solche Spezialbestimmungen haben Preußen (§ 25 des Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838), Bayern (Art. 58 ABGB.), Württemberg (Ges. vom 4. Juni 1903), Elsaß-Lothringen (Ges. vom 15. Juni 1845 sur la police des chemins de fer) und eine Reihe kleinerer deutscher Staaten getroffen.

Nach der preußischen Vorschrift ist die Bahn „zum Ersatz verpflichtet für allen Schaden, welcher bei der Beförderung auf der Bahn an den beförderten Gütern oder an andern Sachen entsteht und sie kann sich von dieser Verpflichtung nur durch den Beweis befreien, daß der Schaden entweder durch eigene Schuld des Beschädigten oder durch einen unabwendbaren äußeren Zufall bewirkt worden ist. Die gefährliche Natur der Unternehmung selber ist als solcher befreiender Zufall nicht zu betrachten“. Nach bayerischem Recht ist der Unternehmer einer Eisenbahn, zu deren Betrieb mit behördlicher Genehmigung öffentliche Straßen oder Plätze benützt werden, auch für den Schaden verantwortlich, der „bei dem Betriebe infolge des öffentlichen Gebrauchs der Straßen oder Plätze an einer fremden Sache entsteht, sofern nicht der Unfall durch höhere Gewalt oder durch Verschulden des Inhabers der Sache verursacht ist“; der Ersatzanspruch verjährt in zwei Jahren von dem Unfall an (Art. 58 ABGB.).

B. Österreich.

I. Allgemeines bürgerliches Recht.

1. Voraussetzung der Ersatzpflicht ist nach dem ABGB. in der Regel die schuldhafte, d. h. vorsätzlich („aus böser Absicht“) oder fahrlässig („aus Versehen“) verursachte Schädigung eines andern (§§ 1294, 1295 ABGB.). Die Beweislast trifft den Kläger (§ 1296); Haftausschließungsgründe wie Unzurechnungsfähigkeit oder mangelnde Rechtswidrigkeit hat der Beklagte nachzuweisen. Ist die Höhe eines dem Grunde nach feststehenden Schadens nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten nachzuweisen, so wird sie vom Gericht auf Antrag oder von Amts wegen, u. U. sogar unter Zurückweisung der von den Parteien angebotenen Beweise, nach freier Überzeugung festgestellt.

Ohne daß es eines näheren Nachweises des Verschuldens bedürfte, besteht ferner eine allgemeine Ersatzpflicht bei Schädigungen, die zwar unmittelbar durch Naturereignisse („Zufall“), mittelbar aber dadurch veranlaßt sind, daß der Haftpflichtige ein Gesetz übertreten hat, das solchen zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht (§ 1311 ABGB.). Derartige Bestimmungen enthält z. B. die Eisenbahnbetriebsordnung vom 16. November 1851.

Außerdem können die §§ 1318 (Beschädigung durch herabgefallene oder herabgeworfene Gegenstände), 1320 ABGB. (Tierhalterhaftung) und das Automobilgesetz vom 9. August 1908 in Betracht kommen.

2. Der Bahnunternehmer (meist eine juristische Person) haftet außer für eigenes Verschulden auch unbedingt für das Verschulden seiner „Beamten und Diener“ in ihren dienstlichen Obliegenheiten; dies folgert der oberste Gerichtshof aus § 19 der EBO. Die Bestimmung gilt dem Wortlaut nach (§ 92 EBO.) zunächst nur für die mit Dampfkraft betriebenen Bahnen,

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[45/0056] Haftung (§ 426 BGB.). Ist der Schaden sowohl durch eine Eisenbahn als auch durch ein Kraftfahrzeug verursacht worden, so hängt das Bestehen von Regreßrechten der Bahn gegen Fahrzeughalter und -führer oder umgekehrt „von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teile verursacht worden ist“ (§§ 17, 18 Reichsges. vom 3. Mai 1909). Über das Regreßrecht öffentlicher Verbände gegen ihre Beamten s. o. 3. Ersatzberechtigt ist der „andere“ (s. o. Nr. 1 lit. a – c). Sein Anspruch umfaßt sowohl die positive Vermögenseinbuße (damnum emergens) als den entgangenen Gewinn (lucrum cessans), der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Die Ersatzleistung beruht in erster Linie in der Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Ist diese Herstellung nicht möglich oder zur vollen Entschädigung nicht genügend, oder hat der Ersatzberechtigte der Bahn fruchtlos eine angemessene Frist zur Herstellung bestimmt, so tritt an deren Stelle der Ersatz des Vermögensschadens in Geld; ist die Herstellung nur mit unverhältnismäßig großen Kosten möglich, so hat die Bahn das Recht, zur Geldentschädigung überzugehen. Der Geldwert ist von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, der der Wertbestimmung zu grunde gelegt wird. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten als Ursache im Rechtssinne mitgewirkt, so hängen Ersatzpflicht und ihr Umfang „von den Umständen“ ab (§§ 249–254, 849 BGB.). 4. Die sämtlichen erwähnten Ersatzansprüche verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis aber jedenfalls in 30 Jahren seit der schädigenden Handlung (§ 852 BGB.). II. Spezialrecht für die Eisenbahnen. Neben den Haftungsgrundsätzen des BGB. können im Hinblick auf Art. 105 EBGB., landesgesetzliche Vorschriften in Betracht kommen, die den Unternehmer eines Eisenbahnbetriebs für den aus dem Betrieb erwachsenen Schaden – soweit er in Sachbeschädigungen besteht (vgl. § 9 des Reichshaftpflichtgesetzes) – in weiterem Umfang als das BGB. verantwortlich machen. Solche Spezialbestimmungen haben Preußen (§ 25 des Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838), Bayern (Art. 58 ABGB.), Württemberg (Ges. vom 4. Juni 1903), Elsaß-Lothringen (Ges. vom 15. Juni 1845 sur la police des chemins de fer) und eine Reihe kleinerer deutscher Staaten getroffen. Nach der preußischen Vorschrift ist die Bahn „zum Ersatz verpflichtet für allen Schaden, welcher bei der Beförderung auf der Bahn an den beförderten Gütern oder an andern Sachen entsteht und sie kann sich von dieser Verpflichtung nur durch den Beweis befreien, daß der Schaden entweder durch eigene Schuld des Beschädigten oder durch einen unabwendbaren äußeren Zufall bewirkt worden ist. Die gefährliche Natur der Unternehmung selber ist als solcher befreiender Zufall nicht zu betrachten“. Nach bayerischem Recht ist der Unternehmer einer Eisenbahn, zu deren Betrieb mit behördlicher Genehmigung öffentliche Straßen oder Plätze benützt werden, auch für den Schaden verantwortlich, der „bei dem Betriebe infolge des öffentlichen Gebrauchs der Straßen oder Plätze an einer fremden Sache entsteht, sofern nicht der Unfall durch höhere Gewalt oder durch Verschulden des Inhabers der Sache verursacht ist“; der Ersatzanspruch verjährt in zwei Jahren von dem Unfall an (Art. 58 ABGB.). B. Österreich. I. Allgemeines bürgerliches Recht. 1. Voraussetzung der Ersatzpflicht ist nach dem ABGB. in der Regel die schuldhafte, d. h. vorsätzlich („aus böser Absicht“) oder fahrlässig („aus Versehen“) verursachte Schädigung eines andern (§§ 1294, 1295 ABGB.). Die Beweislast trifft den Kläger (§ 1296); Haftausschließungsgründe wie Unzurechnungsfähigkeit oder mangelnde Rechtswidrigkeit hat der Beklagte nachzuweisen. Ist die Höhe eines dem Grunde nach feststehenden Schadens nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten nachzuweisen, so wird sie vom Gericht auf Antrag oder von Amts wegen, u. U. sogar unter Zurückweisung der von den Parteien angebotenen Beweise, nach freier Überzeugung festgestellt. Ohne daß es eines näheren Nachweises des Verschuldens bedürfte, besteht ferner eine allgemeine Ersatzpflicht bei Schädigungen, die zwar unmittelbar durch Naturereignisse („Zufall“), mittelbar aber dadurch veranlaßt sind, daß der Haftpflichtige ein Gesetz übertreten hat, das solchen zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht (§ 1311 ABGB.). Derartige Bestimmungen enthält z. B. die Eisenbahnbetriebsordnung vom 16. November 1851. Außerdem können die §§ 1318 (Beschädigung durch herabgefallene oder herabgeworfene Gegenstände), 1320 ABGB. (Tierhalterhaftung) und das Automobilgesetz vom 9. August 1908 in Betracht kommen. 2. Der Bahnunternehmer (meist eine juristische Person) haftet außer für eigenes Verschulden auch unbedingt für das Verschulden seiner „Beamten und Diener“ in ihren dienstlichen Obliegenheiten; dies folgert der oberste Gerichtshof aus § 19 der EBO. Die Bestimmung gilt dem Wortlaut nach (§ 92 EBO.) zunächst nur für die mit Dampfkraft betriebenen Bahnen,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/56>, abgerufen am 13.06.2024.