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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Mühsal" 1) im tiefen Tartaros, "wo endlos Finsterniss ausspeien
die trägen Flüsse der dunklen Nacht", und Vergessenheit die
Gestraften umfängt 2). Die Frommen gehen zu den unterirdi-

Lübbert meint, Ind. Schol. Bonn. hib. 1887 p. XVIII, -- der übrigens
p. XIX f. in ganz unerlaubter Weise specifisch Platonische Phantasmen
in Pindar hineindeutet --) trifft nicht zu: dem thanonton men 57 entspricht
erst 68 osoi detolmasan --, sowie dem autika 57 entgegensteht das erst
viel später nach dreimaliger Wiederholung des Lebens Geschehende, das
68 ff. geschildert wird. Die de 58. 61 sind dem mit men 57 Eingeleiteten
untergeordnet (nicht entgegengesetzt) und führen es aus. Das enthade 57
könnte man ja, bei im übrigen richtiger Auslegung, mit einem Scholi-
asten mit apalamnoi phrenes verbinden: die hier auf Erden frevelhaft ge-
wesenen phrenes. Aber apalamnos heisst nicht sceleratus, impius (auch
nicht an den von Zacher, Diss. Hallens. III p. 234 hiefür angeführten
Stellen: Theognis 281, Simonid. 5, 3). Die apalamnoi phrenes sind jeden-
falls synonym mit den amenena karena des Homer, eine passende Bezeich-
nung der psukhai der Todten (freilich gar nicht der Wiedergeborenen, wie
Aristarch wollte). Es bleibt nichts übrig, als zu verbinden: thanonton en-
thade: simulac mortui sunt hic, s. decedunt hinc (Dissen). Der Satz ta
den tade -- muss entweder als genauere Ausführung des vorher schon
allgemein bezeichneten: poinas etisan angesehen werden (so mit einem
Schol. Mommsen a. a. O.), oder als zusammen mit seinem Gegensatz isais
de -- (61 ff.) untergeordnet dem poinas etisan. poina bedeutet bei Pindar
Vergeltung überhaupt, sowohl Busse als auch Lohn für gute That (vgl.
Pyth. 1, 59. Nem. 1, 70). Nähme man an, dass mit einer bei Pindar kaum
undenkbaren Brachylogie poinas etisan gesagt sei, statt p. etisan kai edexanto,
so wäre der Sinn: nach dem Tode empfangen die Seelen alsbald Vergel-
tung ihrer Thaten -- und nun erst Scheidung der Bösen 58 ff., und der
Guten 61 ff. Man kann sich aber vielleicht bei Mommsens Erklärung be-
ruhigen.
1) Olymp. 2, 67.
2) Plutarch, de occ. viv. 7, die Verse des Pindar (fr. 130) citirend,
setzt hinzu: (die Flüsse des Erebos) dekhomenoi kai apokruptontes agnoia
kai lethe tous kolazomenous. Das könnte möglicher Weise Plutarchs
eigener Zusatz sein, da er von dem eis agnoian auton embalein u. ä., in dem
Kampfe gegen das Epikureische lathe biosas vielfach geredet hat, und das
nun etwa auch von sich aus dem Erebos schenkte. Es ist aber doch wohl
eine Paraphrase der Pindarischen Worte. Wenigstens stammt das was
bei Plutarch, in deutlicher Parallele zu der lethe der asebeis, gesagt wird,
von den mnemai kai logoi der eusebeis aus Pindar selbst: wie die An-
spielung hierauf bei Aristides I p. 146, 1 (Dind.) beweist. Aus dieser
Parallele geht übrigens mit Bestimmtheit hervor, dass die lethe nicht
(wie Lehrs, Popul. Aufs. 313 meint) Vergessenheit der kolazomenoi durch
die Ueberlebenden bedeutet, sondern Vergessenheit des frühern Lebens

Mühsal“ 1) im tiefen Tartaros, „wo endlos Finsterniss ausspeien
die trägen Flüsse der dunklen Nacht“, und Vergessenheit die
Gestraften umfängt 2). Die Frommen gehen zu den unterirdi-

Lübbert meint, Ind. Schol. Bonn. hib. 1887 p. XVIII, — der übrigens
p. XIX f. in ganz unerlaubter Weise specifisch Platonische Phantasmen
in Pindar hineindeutet —) trifft nicht zu: dem ϑανόντων μέν 57 entspricht
erst 68 ὅσοι δ̕ἐτόλμασαν —, sowie dem αὐτίκα 57 entgegensteht das erst
viel später nach dreimaliger Wiederholung des Lebens Geschehende, das
68 ff. geschildert wird. Die δέ 58. 61 sind dem mit μέν 57 Eingeleiteten
untergeordnet (nicht entgegengesetzt) und führen es aus. Das ἐνϑάδε 57
könnte man ja, bei im übrigen richtiger Auslegung, mit einem Scholi-
asten mit ἀπάλαμνοι φρένες verbinden: die hier auf Erden frevelhaft ge-
wesenen φρένες. Aber ἀπάλαμνος heisst nicht sceleratus, impius (auch
nicht an den von Zacher, Diss. Hallens. III p. 234 hiefür angeführten
Stellen: Theognis 281, Simonid. 5, 3). Die ἀπάλαμνοι φρένες sind jeden-
falls synonym mit den ἀμενηνὰ κάρηνα des Homer, eine passende Bezeich-
nung der ψυχαί der Todten (freilich gar nicht der Wiedergeborenen, wie
Aristarch wollte). Es bleibt nichts übrig, als zu verbinden: ϑανόντων ἐν-
ϑάδε: simulac mortui sunt hic, s. decedunt hinc (Dissen). Der Satz τὰ
δ̕ἐν τᾷδε — muss entweder als genauere Ausführung des vorher schon
allgemein bezeichneten: ποινὰς ἔτισαν angesehen werden (so mit einem
Schol. Mommsen a. a. O.), oder als zusammen mit seinem Gegensatz ἴσαις
δὲ — (61 ff.) untergeordnet dem ποινὰς ἔτισαν. ποινά bedeutet bei Pindar
Vergeltung überhaupt, sowohl Busse als auch Lohn für gute That (vgl.
Pyth. 1, 59. Nem. 1, 70). Nähme man an, dass mit einer bei Pindar kaum
undenkbaren Brachylogie ποινὰς ἔτισαν gesagt sei, statt π. ἔτισαν καὶ ἐδέξαντο,
so wäre der Sinn: nach dem Tode empfangen die Seelen alsbald Vergel-
tung ihrer Thaten — und nun erst Scheidung der Bösen 58 ff., und der
Guten 61 ff. Man kann sich aber vielleicht bei Mommsens Erklärung be-
ruhigen.
1) Olymp. 2, 67.
2) Plutarch, de occ. viv. 7, die Verse des Pindar (fr. 130) citirend,
setzt hinzu: (die Flüsse des Erebos) δεχόμενοι καὶ ἀποκρύπτοντες ἀγνοίᾳ
καὶ λήϑῃ τοὺς κολαζομένους. Das könnte möglicher Weise Plutarchs
eigener Zusatz sein, da er von dem εἰς ἄγνοιαν αὑτὸν ἐμβαλεῖν u. ä., in dem
Kampfe gegen das Epikureische λάϑε βιώσας vielfach geredet hat, und das
nun etwa auch von sich aus dem Erebos schenkte. Es ist aber doch wohl
eine Paraphrase der Pindarischen Worte. Wenigstens stammt das was
bei Plutarch, in deutlicher Parallele zu der λήϑη der ἀσεβεῖς, gesagt wird,
von den μνῆμαι καὶ λόγοι der εὐσεβεῖς aus Pindar selbst: wie die An-
spielung hierauf bei Aristides I p. 146, 1 (Dind.) beweist. Aus dieser
Parallele geht übrigens mit Bestimmtheit hervor, dass die λήϑη nicht
(wie Lehrs, Popul. Aufs. 313 meint) Vergessenheit der κολαζόμενοι durch
die Ueberlebenden bedeutet, sondern Vergessenheit des frühern Lebens
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[501/0517] Mühsal“ 1) im tiefen Tartaros, „wo endlos Finsterniss ausspeien die trägen Flüsse der dunklen Nacht“, und Vergessenheit die Gestraften umfängt 2). Die Frommen gehen zu den unterirdi- 2) 1) Olymp. 2, 67. 2) Plutarch, de occ. viv. 7, die Verse des Pindar (fr. 130) citirend, setzt hinzu: (die Flüsse des Erebos) δεχόμενοι καὶ ἀποκρύπτοντες ἀγνοίᾳ καὶ λήϑῃ τοὺς κολαζομένους. Das könnte möglicher Weise Plutarchs eigener Zusatz sein, da er von dem εἰς ἄγνοιαν αὑτὸν ἐμβαλεῖν u. ä., in dem Kampfe gegen das Epikureische λάϑε βιώσας vielfach geredet hat, und das nun etwa auch von sich aus dem Erebos schenkte. Es ist aber doch wohl eine Paraphrase der Pindarischen Worte. Wenigstens stammt das was bei Plutarch, in deutlicher Parallele zu der λήϑη der ἀσεβεῖς, gesagt wird, von den μνῆμαι καὶ λόγοι der εὐσεβεῖς aus Pindar selbst: wie die An- spielung hierauf bei Aristides I p. 146, 1 (Dind.) beweist. Aus dieser Parallele geht übrigens mit Bestimmtheit hervor, dass die λήϑη nicht (wie Lehrs, Popul. Aufs. 313 meint) Vergessenheit der κολαζόμενοι durch die Ueberlebenden bedeutet, sondern Vergessenheit des frühern Lebens 2) Lübbert meint, Ind. Schol. Bonn. hib. 1887 p. XVIII, — der übrigens p. XIX f. in ganz unerlaubter Weise specifisch Platonische Phantasmen in Pindar hineindeutet —) trifft nicht zu: dem ϑανόντων μέν 57 entspricht erst 68 ὅσοι δ̕ἐτόλμασαν —, sowie dem αὐτίκα 57 entgegensteht das erst viel später nach dreimaliger Wiederholung des Lebens Geschehende, das 68 ff. geschildert wird. Die δέ 58. 61 sind dem mit μέν 57 Eingeleiteten untergeordnet (nicht entgegengesetzt) und führen es aus. Das ἐνϑάδε 57 könnte man ja, bei im übrigen richtiger Auslegung, mit einem Scholi- asten mit ἀπάλαμνοι φρένες verbinden: die hier auf Erden frevelhaft ge- wesenen φρένες. Aber ἀπάλαμνος heisst nicht sceleratus, impius (auch nicht an den von Zacher, Diss. Hallens. III p. 234 hiefür angeführten Stellen: Theognis 281, Simonid. 5, 3). Die ἀπάλαμνοι φρένες sind jeden- falls synonym mit den ἀμενηνὰ κάρηνα des Homer, eine passende Bezeich- nung der ψυχαί der Todten (freilich gar nicht der Wiedergeborenen, wie Aristarch wollte). Es bleibt nichts übrig, als zu verbinden: ϑανόντων ἐν- ϑάδε: simulac mortui sunt hic, s. decedunt hinc (Dissen). Der Satz τὰ δ̕ἐν τᾷδε — muss entweder als genauere Ausführung des vorher schon allgemein bezeichneten: ποινὰς ἔτισαν angesehen werden (so mit einem Schol. Mommsen a. a. O.), oder als zusammen mit seinem Gegensatz ἴσαις δὲ — (61 ff.) untergeordnet dem ποινὰς ἔτισαν. ποινά bedeutet bei Pindar Vergeltung überhaupt, sowohl Busse als auch Lohn für gute That (vgl. Pyth. 1, 59. Nem. 1, 70). Nähme man an, dass mit einer bei Pindar kaum undenkbaren Brachylogie ποινὰς ἔτισαν gesagt sei, statt π. ἔτισαν καὶ ἐδέξαντο, so wäre der Sinn: nach dem Tode empfangen die Seelen alsbald Vergel- tung ihrer Thaten — und nun erst Scheidung der Bösen 58 ff., und der Guten 61 ff. Man kann sich aber vielleicht bei Mommsens Erklärung be- ruhigen.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/517>, abgerufen am 24.05.2024.