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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Complimens.
peln frommer und heiliger Männer göttlicher heili-
ger Schrifft, welche nach Art der damahligen Zeit
ebenfalls ihre Complimens gegen einander ge-
macht. Abraham redet in dem XVIII. Cap. 3. v.
des ersten Buches Mosis, die drey ihm damahls
unbekandten Männer, oder vielmehr den vornehm-
sten unter ihnen, folgender gestalt an: HErr, habe
ich Gnade funden, so gehe nicht vor deinen Knecht
über. Jngleichen findet man, daß Jacob zu unter-
schiedenen mahlen seinen Bruder Esau compli-
mentient
angeredet, bald bedienet er sich der Re-
dens-Art gegen ihn: daß ich Gnade für meinen
Herrn finde, bald sagt er von ihm: ich sahe dein An-
gesicht, als sähe ich GOttes Angesicht. S. 1. Buch
Mosis am XXXII. v. 8. und 10. Der seelige
Lutherus füget in seinen Wittenbergischen Wer-
cken Tom. X. p. 274. diese Anmerckung hinzu:
Daß sich aber an diesem Ort Jacob also gedemü-
thiget und geneiget vor seinem Bruder, soll man
nicht also verstehen, als ob ihm damit an seinem
Seegen und Ehre etwas abgebrochen wäre, son-
dern wie man gemeiniglich zu sagen pflegt: Es sind
verba honoris, die binden nicht; und diese Reve-
renz,
Ehrerbietung und Gehorsam, bringt nicht mit
sich, daß ihm eben damit das Erbe und die Herr-
schafft wäre übergeben worden, wiewohl sich Ja-
cob einen Knecht, Esau aber einen Herrn nennt, so
hat aber doch Esau darinnen das Regiment noch
nicht, und dasselbe auch niemahls bekommen. So
sagt er auch bald darauf: Darnach pflegt es in

die-
K

Von Complimens.
peln frommer und heiliger Maͤnner goͤttlicher heili-
ger Schrifft, welche nach Art der damahligen Zeit
ebenfalls ihre Complimens gegen einander ge-
macht. Abraham redet in dem XVIII. Cap. 3. v.
des erſten Buches Moſis, die drey ihm damahls
unbekandten Maͤnner, oder vielmehr den vornehm-
ſten unter ihnen, folgender geſtalt an: HErr, habe
ich Gnade funden, ſo gehe nicht vor deinen Knecht
uͤber. Jngleichen findet man, daß Jacob zu unter-
ſchiedenen mahlen ſeinen Bruder Eſau compli-
mentient
angeredet, bald bedienet er ſich der Re-
dens-Art gegen ihn: daß ich Gnade fuͤr meinen
Herrn finde, bald ſagt er von ihm: ich ſahe dein An-
geſicht, als ſaͤhe ich GOttes Angeſicht. S. 1. Buch
Moſis am XXXII. v. 8. und 10. Der ſeelige
Lutherus fuͤget in ſeinen Wittenbergiſchen Wer-
cken Tom. X. p. 274. dieſe Anmerckung hinzu:
Daß ſich aber an dieſem Ort Jacob alſo gedemuͤ-
thiget und geneiget vor ſeinem Bruder, ſoll man
nicht alſo verſtehen, als ob ihm damit an ſeinem
Seegen und Ehre etwas abgebrochen waͤre, ſon-
dern wie man gemeiniglich zu ſagen pflegt: Es ſind
verba honoris, die binden nicht; und dieſe Reve-
renz,
Ehrerbietung und Gehorſam, bringt nicht mit
ſich, daß ihm eben damit das Erbe und die Herr-
ſchafft waͤre uͤbergeben worden, wiewohl ſich Ja-
cob einen Knecht, Eſau aber einen Herrn nennt, ſo
hat aber doch Eſau darinnen das Regiment noch
nicht, und daſſelbe auch niemahls bekommen. So
ſagt er auch bald darauf: Darnach pflegt es in

die-
K
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[145/0165] Von Complimens. peln frommer und heiliger Maͤnner goͤttlicher heili- ger Schrifft, welche nach Art der damahligen Zeit ebenfalls ihre Complimens gegen einander ge- macht. Abraham redet in dem XVIII. Cap. 3. v. des erſten Buches Moſis, die drey ihm damahls unbekandten Maͤnner, oder vielmehr den vornehm- ſten unter ihnen, folgender geſtalt an: HErr, habe ich Gnade funden, ſo gehe nicht vor deinen Knecht uͤber. Jngleichen findet man, daß Jacob zu unter- ſchiedenen mahlen ſeinen Bruder Eſau compli- mentient angeredet, bald bedienet er ſich der Re- dens-Art gegen ihn: daß ich Gnade fuͤr meinen Herrn finde, bald ſagt er von ihm: ich ſahe dein An- geſicht, als ſaͤhe ich GOttes Angeſicht. S. 1. Buch Moſis am XXXII. v. 8. und 10. Der ſeelige Lutherus fuͤget in ſeinen Wittenbergiſchen Wer- cken Tom. X. p. 274. dieſe Anmerckung hinzu: Daß ſich aber an dieſem Ort Jacob alſo gedemuͤ- thiget und geneiget vor ſeinem Bruder, ſoll man nicht alſo verſtehen, als ob ihm damit an ſeinem Seegen und Ehre etwas abgebrochen waͤre, ſon- dern wie man gemeiniglich zu ſagen pflegt: Es ſind verba honoris, die binden nicht; und dieſe Reve- renz, Ehrerbietung und Gehorſam, bringt nicht mit ſich, daß ihm eben damit das Erbe und die Herr- ſchafft waͤre uͤbergeben worden, wiewohl ſich Ja- cob einen Knecht, Eſau aber einen Herrn nennt, ſo hat aber doch Eſau darinnen das Regiment noch nicht, und daſſelbe auch niemahls bekommen. So ſagt er auch bald darauf: Darnach pflegt es in die- K

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/165>, abgerufen am 30.04.2024.