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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Hof-Leben.
schiedene in der teutschen oder ausländischen Spra-
chen geschriebene Memoires, Journalen, Reise-
Beschreibunge, Poesien, u. s. w. damit er bey Ge-
legenheit in seiner Conversation eines und das an-
dere mit anbringen kan, und nicht nöthig habe,
bloß von Hunden, von Pferden, neuen Moden,
l'hombre-Spielen zu reden, oder sich über andere
Leute aufzuhalten, oder über einen und andern
Punct, so er in den Zeitungen gelesen, einige abge-
schmackte Glossen zu machen. Er beobachtet
aber hiebey folgendes, er enthält sich aller unnö-
thigen Wiederhohlungen, erzehlet eine Sache nur
einmahl, und ist stets auf etwas Neues bedacht, er
uuterhält einen jeden auf eine solche Weise, die ihm
angenehm, und sich vor ihm schickt, er entdeckt
nicht die Qvellen, woraus er seine Erzehlungen biß-
weilen herleitet, er giebet Acht, ob der ander lieber
zuhört, als selbst redet, er bezeuget in seinem Reden
keine Begierden einen Lehrer abzugeben, sondern
ein Verlangen, ihm Gefälligkeit zu erweisen, er er-
zehlt mehr, als daß er moralisirt, er läst sich angele-
gen seyn, nichts falsches noch ungegründetes zu
melden, und bey ungewissen Erzehlungen giebt er
Nachricht von seinen Urhebern.

§. 15. Weil ein Hof-Mann mit mancherley
Art Leuten zu sprechen hat, die theils von Studiis,
vom Degen, theils vom Jagen, theils von der Reu-
terey Profession machen, theils auch auf nichts an-
ders, als aufs Spielen, und auf die Galanterien le-
gen, so lenckt er seinen Discours dahin, wie es des

andern
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Von dem Hof-Leben.
ſchiedene in der teutſchen oder auslaͤndiſchen Spra-
chen geſchriebene Memoires, Journalen, Reiſe-
Beſchreibunge, Poeſien, u. ſ. w. damit er bey Ge-
legenheit in ſeiner Converſation eines und das an-
dere mit anbringen kan, und nicht noͤthig habe,
bloß von Hunden, von Pferden, neuen Moden,
l’hombre-Spielen zu reden, oder ſich uͤber andere
Leute aufzuhalten, oder uͤber einen und andern
Punct, ſo er in den Zeitungen geleſen, einige abge-
ſchmackte Gloſſen zu machen. Er beobachtet
aber hiebey folgendes, er enthaͤlt ſich aller unnoͤ-
thigen Wiederhohlungen, erzehlet eine Sache nur
einmahl, und iſt ſtets auf etwas Neues bedacht, er
uuterhaͤlt einen jeden auf eine ſolche Weiſe, die ihm
angenehm, und ſich vor ihm ſchickt, er entdeckt
nicht die Qvellen, woraus er ſeine Erzehlungen biß-
weilen herleitet, er giebet Acht, ob der ander lieber
zuhoͤrt, als ſelbſt redet, er bezeuget in ſeinem Reden
keine Begierden einen Lehrer abzugeben, ſondern
ein Verlangen, ihm Gefaͤlligkeit zu erweiſen, er er-
zehlt mehr, als daß er moraliſirt, er laͤſt ſich angele-
gen ſeyn, nichts falſches noch ungegruͤndetes zu
melden, und bey ungewiſſen Erzehlungen giebt er
Nachricht von ſeinen Urhebern.

§. 15. Weil ein Hof-Mann mit mancherley
Art Leuten zu ſprechen hat, die theils von Studiis,
vom Degen, theils vom Jagen, theils von der Reu-
terey Profeſſion machen, theils auch auf nichts an-
ders, als aufs Spielen, und auf die Galanterien le-
gen, ſo lenckt er ſeinen Diſcours dahin, wie es des

andern
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[233/0253] Von dem Hof-Leben. ſchiedene in der teutſchen oder auslaͤndiſchen Spra- chen geſchriebene Memoires, Journalen, Reiſe- Beſchreibunge, Poeſien, u. ſ. w. damit er bey Ge- legenheit in ſeiner Converſation eines und das an- dere mit anbringen kan, und nicht noͤthig habe, bloß von Hunden, von Pferden, neuen Moden, l’hombre-Spielen zu reden, oder ſich uͤber andere Leute aufzuhalten, oder uͤber einen und andern Punct, ſo er in den Zeitungen geleſen, einige abge- ſchmackte Gloſſen zu machen. Er beobachtet aber hiebey folgendes, er enthaͤlt ſich aller unnoͤ- thigen Wiederhohlungen, erzehlet eine Sache nur einmahl, und iſt ſtets auf etwas Neues bedacht, er uuterhaͤlt einen jeden auf eine ſolche Weiſe, die ihm angenehm, und ſich vor ihm ſchickt, er entdeckt nicht die Qvellen, woraus er ſeine Erzehlungen biß- weilen herleitet, er giebet Acht, ob der ander lieber zuhoͤrt, als ſelbſt redet, er bezeuget in ſeinem Reden keine Begierden einen Lehrer abzugeben, ſondern ein Verlangen, ihm Gefaͤlligkeit zu erweiſen, er er- zehlt mehr, als daß er moraliſirt, er laͤſt ſich angele- gen ſeyn, nichts falſches noch ungegruͤndetes zu melden, und bey ungewiſſen Erzehlungen giebt er Nachricht von ſeinen Urhebern. §. 15. Weil ein Hof-Mann mit mancherley Art Leuten zu ſprechen hat, die theils von Studiis, vom Degen, theils vom Jagen, theils von der Reu- terey Profeſſion machen, theils auch auf nichts an- ders, als aufs Spielen, und auf die Galanterien le- gen, ſo lenckt er ſeinen Diſcours dahin, wie es des andern P 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/253>, abgerufen am 17.05.2024.