Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. I. Capitul.
wart, freche und böse Exempel-gebende Discourse
führe.

§. 4. Der berühmte Herr Ehrenfried Walther
von Tzschirnau sagt in seiner ersten Anmerckung,
die er, zum Behuff junger Leute, aufgesetzt: Weil
alle andere Qualitäten, die junge Leute, als Politici,
sich acquiriren, andern einmahl wenig nützen, wo
sie das rechte Wesen der Gottseligkeit nicht bey sich
haben, so ersehen die Hofmeister hieraus, wie nö-
thig sie hier haben, das unum necessarium beson-
ders wohl bey ihren Untergebenen zu practiciren,
und sie also zu der rechten Weißheit anzuführen, die
vielmahls in der Welt hoch-meritirten Theologis,
leider! fehlet, aber einfältigen Christen offt viel bes-
ser bekant ist. So find auch ausbündig-schöne
Worte die der noch lebende qualificirte Cavalier,
Herr Wolff Bernhard von Tzschirnau, in seinem
getreuen Hofmeister pag. 15. der Anmerckung sei-
nes seligen Herrn Vetters mit angefügt: Man
solte sich bemühen, spricht er, die Quellen der Sün-
de zu verstopffen, den alten äusserlichen, sündlichen,
fleischlichen Menschen zu tödten, und dagegen den
neuen, innerlichen, GOtt-gefälligen, geistlichen
Menschen täglich mehr und mehr lebendig zu ma-
chen. Dieses könte nicht besser geschehen, als wenn
man, nach gefaßtem Schluß, die wahre Hertzens-
Veränderung vorzunehmen, und dieselbe biß in den
Tod getreulich fortzusetzen, allen dem, was fleisch-
lich ist, gäntzlich entsaget, und lediglich den Heiligen
Geist in seiner Seele, ohne Widerstand zu thun,

würcken,

II. Theil. I. Capitul.
wart, freche und boͤſe Exempel-gebende Diſcourſe
fuͤhre.

§. 4. Der beruͤhmte Herr Ehrenfried Walther
von Tzſchirnau ſagt in ſeiner erſten Anmerckung,
die er, zum Behuff junger Leute, aufgeſetzt: Weil
alle andere Qualitaͤten, die junge Leute, als Politici,
ſich acquiriren, andern einmahl wenig nuͤtzen, wo
ſie das rechte Weſen der Gottſeligkeit nicht bey ſich
haben, ſo erſehen die Hofmeiſter hieraus, wie noͤ-
thig ſie hier haben, das unum neceſſarium beſon-
ders wohl bey ihren Untergebenen zu practiciren,
und ſie alſo zu der rechten Weißheit anzufuͤhren, die
vielmahls in der Welt hoch-meritirten Theologis,
leider! fehlet, aber einfaͤltigen Chriſten offt viel beſ-
ſer bekant iſt. So find auch ausbuͤndig-ſchoͤne
Worte die der noch lebende qualificirte Cavalier,
Herr Wolff Bernhard von Tzſchirnau, in ſeinem
getreuen Hofmeiſter pag. 15. der Anmerckung ſei-
nes ſeligen Herrn Vetters mit angefuͤgt: Man
ſolte ſich bemuͤhen, ſpricht er, die Quellen der Suͤn-
de zu verſtopffen, den alten aͤuſſerlichen, ſuͤndlichen,
fleiſchlichen Menſchen zu toͤdten, und dagegen den
neuen, innerlichen, GOtt-gefaͤlligen, geiſtlichen
Menſchen taͤglich mehr und mehr lebendig zu ma-
chen. Dieſes koͤnte nicht beſſer geſchehen, als wenn
man, nach gefaßtem Schluß, die wahre Hertzens-
Veraͤnderung vorzunehmen, und dieſelbe biß in den
Tod getreulich fortzuſetzen, allen dem, was fleiſch-
lich iſt, gaͤntzlich entſaget, und lediglich den Heiligen
Geiſt in ſeiner Seele, ohne Widerſtand zu thun,

wuͤrcken,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0268" n="248"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
wart, freche und bo&#x0364;&#x017F;e Exempel-gebende <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cour&#x017F;e</hi><lb/>
fu&#x0364;hre.</p><lb/>
        <p>§. 4. Der beru&#x0364;hmte Herr Ehrenfried Walther<lb/>
von Tz&#x017F;chirnau &#x017F;agt in &#x017F;einer er&#x017F;ten Anmerckung,<lb/>
die er, zum Behuff junger Leute, aufge&#x017F;etzt: Weil<lb/>
alle andere Qualita&#x0364;ten, die junge Leute, als <hi rendition="#aq">Politici,</hi><lb/>
&#x017F;ich <hi rendition="#aq">acquiri</hi>ren, andern einmahl wenig nu&#x0364;tzen, wo<lb/>
&#x017F;ie das rechte We&#x017F;en der Gott&#x017F;eligkeit nicht bey &#x017F;ich<lb/>
haben, &#x017F;o er&#x017F;ehen die Hofmei&#x017F;ter hieraus, wie no&#x0364;-<lb/>
thig &#x017F;ie hier haben, das <hi rendition="#aq">unum nece&#x017F;&#x017F;arium</hi> be&#x017F;on-<lb/>
ders wohl bey ihren Untergebenen zu <hi rendition="#aq">practici</hi>ren,<lb/>
und &#x017F;ie al&#x017F;o zu der rechten Weißheit anzufu&#x0364;hren, die<lb/>
vielmahls in der Welt hoch-<hi rendition="#aq">meriti</hi>rten <hi rendition="#aq">Theologis,</hi><lb/>
leider! fehlet, aber einfa&#x0364;ltigen Chri&#x017F;ten offt viel be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er bekant i&#x017F;t. So find auch ausbu&#x0364;ndig-&#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Worte die der noch lebende <hi rendition="#aq">qualifici</hi>rte <hi rendition="#aq">Cavalier,</hi><lb/>
Herr Wolff Bernhard von Tz&#x017F;chirnau, in &#x017F;einem<lb/>
getreuen Hofmei&#x017F;ter <hi rendition="#aq">pag.</hi> 15. der Anmerckung &#x017F;ei-<lb/>
nes &#x017F;eligen Herrn Vetters mit angefu&#x0364;gt: Man<lb/>
&#x017F;olte &#x017F;ich bemu&#x0364;hen, &#x017F;pricht er, die Quellen der Su&#x0364;n-<lb/>
de zu ver&#x017F;topffen, den alten a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen, &#x017F;u&#x0364;ndlichen,<lb/>
flei&#x017F;chlichen Men&#x017F;chen zu to&#x0364;dten, und dagegen den<lb/>
neuen, innerlichen, GOtt-gefa&#x0364;lligen, gei&#x017F;tlichen<lb/>
Men&#x017F;chen ta&#x0364;glich mehr und mehr lebendig zu ma-<lb/>
chen. Die&#x017F;es ko&#x0364;nte nicht be&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;chehen, als wenn<lb/>
man, nach gefaßtem Schluß, die wahre Hertzens-<lb/>
Vera&#x0364;nderung vorzunehmen, und die&#x017F;elbe biß in den<lb/>
Tod getreulich fortzu&#x017F;etzen, allen dem, was flei&#x017F;ch-<lb/>
lich i&#x017F;t, ga&#x0364;ntzlich ent&#x017F;aget, und lediglich den Heiligen<lb/>
Gei&#x017F;t in &#x017F;einer Seele, ohne Wider&#x017F;tand zu thun,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wu&#x0364;rcken,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0268] II. Theil. I. Capitul. wart, freche und boͤſe Exempel-gebende Diſcourſe fuͤhre. §. 4. Der beruͤhmte Herr Ehrenfried Walther von Tzſchirnau ſagt in ſeiner erſten Anmerckung, die er, zum Behuff junger Leute, aufgeſetzt: Weil alle andere Qualitaͤten, die junge Leute, als Politici, ſich acquiriren, andern einmahl wenig nuͤtzen, wo ſie das rechte Weſen der Gottſeligkeit nicht bey ſich haben, ſo erſehen die Hofmeiſter hieraus, wie noͤ- thig ſie hier haben, das unum neceſſarium beſon- ders wohl bey ihren Untergebenen zu practiciren, und ſie alſo zu der rechten Weißheit anzufuͤhren, die vielmahls in der Welt hoch-meritirten Theologis, leider! fehlet, aber einfaͤltigen Chriſten offt viel beſ- ſer bekant iſt. So find auch ausbuͤndig-ſchoͤne Worte die der noch lebende qualificirte Cavalier, Herr Wolff Bernhard von Tzſchirnau, in ſeinem getreuen Hofmeiſter pag. 15. der Anmerckung ſei- nes ſeligen Herrn Vetters mit angefuͤgt: Man ſolte ſich bemuͤhen, ſpricht er, die Quellen der Suͤn- de zu verſtopffen, den alten aͤuſſerlichen, ſuͤndlichen, fleiſchlichen Menſchen zu toͤdten, und dagegen den neuen, innerlichen, GOtt-gefaͤlligen, geiſtlichen Menſchen taͤglich mehr und mehr lebendig zu ma- chen. Dieſes koͤnte nicht beſſer geſchehen, als wenn man, nach gefaßtem Schluß, die wahre Hertzens- Veraͤnderung vorzunehmen, und dieſelbe biß in den Tod getreulich fortzuſetzen, allen dem, was fleiſch- lich iſt, gaͤntzlich entſaget, und lediglich den Heiligen Geiſt in ſeiner Seele, ohne Widerſtand zu thun, wuͤrcken,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/268
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/268>, abgerufen am 15.05.2024.