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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Spielen.
zeit die Regel der Ceremoniel-Wissenschafft. Es
ist nicht weniger in der Spiel-Gesellschafft bey sei-
nes gleichen unanständig, wenn man sich verlauten
läst, man merckte es schon, worauf der andere zielte,
man wolte ihm schon begegnen, jetzund hätte man
auch ein besonder Dessein vor, u. s. w. Hat man
einen glücklichen Coup, oder eine besondere Tour
gemacht, so muß man keine Freude darüber bezei-
gen, sondern bey allem, was man gethan, oder noch
zu thun willens, sittsame Geberden behalten.

§. 23. Es ist eine unangenehme und übel- an-
ständige Sache, wenn einige in vornehmen Gesell-
schafften ihre Charte andern zeigen, oder mit dem
Zuschauer darüber raisoniren, und sein Gutachten
vernehmen wollen; thun sie es vollends gegen Pa-
gen
oder Laqueyen, wie es wohl bißweilen zu ge-
schehen pflegt, so ist es noch schändlicher. Hieher
gehört auch, wenn einige übelgesittete Leute dem an-
dern in die Charte sehen, oder die vom andern weg-
gelegte Blätter betrachten, es müste denn bey eini-
gen Fällen seyn, da solches erlaubt wäre.

§. 24. Laß dir auf keinerley Weise mercken,
daß du um des Gewinnes willen spielen wilst, noch
weniger bediene dich einiger von betrüglichen Leuten
eingeführten Practiquen, dadurch sie ihren bösen
Endzweck zu erreichen vermeynen. Ein eintziger
solcher Coup, der den Regeln der Erbarkeit zuwi-
der wäre, könte deiner gantzen Renommee einen
sehr empfindlichen Stoß geben.

§. 25. Enthalte dich der grossen Spiele, so viel

als
D d

Vom Spielen.
zeit die Regel der Ceremoniel-Wiſſenſchafft. Es
iſt nicht weniger in der Spiel-Geſellſchafft bey ſei-
nes gleichen unanſtaͤndig, wenn man ſich verlauten
laͤſt, man merckte es ſchon, worauf der andere zielte,
man wolte ihm ſchon begegnen, jetzund haͤtte man
auch ein beſonder Deſſein vor, u. ſ. w. Hat man
einen gluͤcklichen Coup, oder eine beſondere Tour
gemacht, ſo muß man keine Freude daruͤber bezei-
gen, ſondern bey allem, was man gethan, oder noch
zu thun willens, ſittſame Geberden behalten.

§. 23. Es iſt eine unangenehme und uͤbel- an-
ſtaͤndige Sache, wenn einige in vornehmen Geſell-
ſchafften ihre Charte andern zeigen, oder mit dem
Zuſchauer daruͤber raiſoniren, und ſein Gutachten
vernehmen wollen; thun ſie es vollends gegen Pa-
gen
oder Laqueyen, wie es wohl bißweilen zu ge-
ſchehen pflegt, ſo iſt es noch ſchaͤndlicher. Hieher
gehoͤrt auch, wenn einige uͤbelgeſittete Leute dem an-
dern in die Charte ſehen, oder die vom andern weg-
gelegte Blaͤtter betrachten, es muͤſte denn bey eini-
gen Faͤllen ſeyn, da ſolches erlaubt waͤre.

§. 24. Laß dir auf keinerley Weiſe mercken,
daß du um des Gewinnes willen ſpielen wilſt, noch
weniger bediene dich einiger von betruͤglichen Leuten
eingefuͤhrten Practiquen, dadurch ſie ihren boͤſen
Endzweck zu erreichen vermeynen. Ein eintziger
ſolcher Coup, der den Regeln der Erbarkeit zuwi-
der waͤre, koͤnte deiner gantzen Renommée einen
ſehr empfindlichen Stoß geben.

§. 25. Enthalte dich der groſſen Spiele, ſo viel

als
D d
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[417/0437] Vom Spielen. zeit die Regel der Ceremoniel-Wiſſenſchafft. Es iſt nicht weniger in der Spiel-Geſellſchafft bey ſei- nes gleichen unanſtaͤndig, wenn man ſich verlauten laͤſt, man merckte es ſchon, worauf der andere zielte, man wolte ihm ſchon begegnen, jetzund haͤtte man auch ein beſonder Deſſein vor, u. ſ. w. Hat man einen gluͤcklichen Coup, oder eine beſondere Tour gemacht, ſo muß man keine Freude daruͤber bezei- gen, ſondern bey allem, was man gethan, oder noch zu thun willens, ſittſame Geberden behalten. §. 23. Es iſt eine unangenehme und uͤbel- an- ſtaͤndige Sache, wenn einige in vornehmen Geſell- ſchafften ihre Charte andern zeigen, oder mit dem Zuſchauer daruͤber raiſoniren, und ſein Gutachten vernehmen wollen; thun ſie es vollends gegen Pa- gen oder Laqueyen, wie es wohl bißweilen zu ge- ſchehen pflegt, ſo iſt es noch ſchaͤndlicher. Hieher gehoͤrt auch, wenn einige uͤbelgeſittete Leute dem an- dern in die Charte ſehen, oder die vom andern weg- gelegte Blaͤtter betrachten, es muͤſte denn bey eini- gen Faͤllen ſeyn, da ſolches erlaubt waͤre. §. 24. Laß dir auf keinerley Weiſe mercken, daß du um des Gewinnes willen ſpielen wilſt, noch weniger bediene dich einiger von betruͤglichen Leuten eingefuͤhrten Practiquen, dadurch ſie ihren boͤſen Endzweck zu erreichen vermeynen. Ein eintziger ſolcher Coup, der den Regeln der Erbarkeit zuwi- der waͤre, koͤnte deiner gantzen Renommée einen ſehr empfindlichen Stoß geben. §. 25. Enthalte dich der groſſen Spiele, ſo viel als D d

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/437>, abgerufen am 19.05.2024.