aufkommens abzusprechen, und uns an der Bestel- lung unsers Hauses zu erinnern. Gesetzt, daß der Tod nach den Augen der Vernunfft vor ein Ubel oder vor etwas unangenehmes und widriges anzu- sehen, so erfordern doch die Regeln der Klugheit, daß man bey einem unvermeidlichen Ubel keine wi- derwärtigen Geberden mache. Wird es nicht ei- nem von der vernünfftigen Welt verdacht, wenn er bey der Erblickung seines Feindes sich entweder furchtsam oder sonst ungeberdig anstellen wolte, wie es einige tolle und vor Zorn rasende Weiber zu machen pflegen; oder, solte nicht derjenige wider den Wohlstand handeln, welcher bey einer unver- meidlichen und ihm nach seiner Pflicht bevorstehen- den Gefahr den Muth sincken läst? Also ist es auch einem Menschen, nach den Regeln der Vernunfft, zu verübeln, der sich, bey Erblickung seines letzten Feindes, in Worten und Geberden ungedultig oder furchtsam erweist, und nicht vielmehr derjenigen unvermeidlichen Gefahr, die ihm den Garaus dro- het, mit gelassenem Geiste entgegen tritt. So we- nig es einem Hofmann anständig, in ungedultige Geberden und Worte auszubrechen, wenn ihm sein Herr den Abschied ankündiget, und ihn seiner Dienste erläst; so ist es noch vielweniger einem Menschen anständig, sich ungedultig aufzuführen, wenn ihm der HErr aller Herren, und der König aller Könige den Abschied giebt. Es ist thöricht, sagt de la Serre in seiner Anweisung zur Gemüths- Ruhe pag. 59, wider den Tod ungedultig zu seyn.
Was
II. Theil. XVIII. Capitul.
aufkommens abzuſprechen, und uns an der Beſtel- lung unſers Hauſes zu erinnern. Geſetzt, daß der Tod nach den Augen der Vernunfft vor ein Ubel oder vor etwas unangenehmes und widriges anzu- ſehen, ſo erfordern doch die Regeln der Klugheit, daß man bey einem unvermeidlichen Ubel keine wi- derwaͤrtigen Geberden mache. Wird es nicht ei- nem von der vernuͤnfftigen Welt verdacht, wenn er bey der Erblickung ſeines Feindes ſich entweder furchtſam oder ſonſt ungeberdig anſtellen wolte, wie es einige tolle und vor Zorn raſende Weiber zu machen pflegen; oder, ſolte nicht derjenige wider den Wohlſtand handeln, welcher bey einer unver- meidlichen und ihm nach ſeiner Pflicht bevorſtehen- den Gefahr den Muth ſincken laͤſt? Alſo iſt es auch einem Menſchen, nach den Regeln der Vernunfft, zu veruͤbeln, der ſich, bey Erblickung ſeines letzten Feindes, in Worten und Geberden ungedultig oder furchtſam erweiſt, und nicht vielmehr derjenigen unvermeidlichen Gefahr, die ihm den Garaus dro- het, mit gelaſſenem Geiſte entgegen tritt. So we- nig es einem Hofmann anſtaͤndig, in ungedultige Geberden und Worte auszubrechen, wenn ihm ſein Herr den Abſchied ankuͤndiget, und ihn ſeiner Dienſte erlaͤſt; ſo iſt es noch vielweniger einem Menſchen anſtaͤndig, ſich ungedultig aufzufuͤhren, wenn ihm der HErr aller Herren, und der Koͤnig aller Koͤnige den Abſchied giebt. Es iſt thoͤricht, ſagt de la Serre in ſeiner Anweiſung zur Gemuͤths- Ruhe pag. 59, wider den Tod ungedultig zu ſeyn.
Was
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II. Theil. XVIII. Capitul.
aufkommens abzuſprechen, und uns an der Beſtel-
lung unſers Hauſes zu erinnern. Geſetzt, daß der
Tod nach den Augen der Vernunfft vor ein Ubel
oder vor etwas unangenehmes und widriges anzu-
ſehen, ſo erfordern doch die Regeln der Klugheit,
daß man bey einem unvermeidlichen Ubel keine wi-
derwaͤrtigen Geberden mache. Wird es nicht ei-
nem von der vernuͤnfftigen Welt verdacht, wenn er
bey der Erblickung ſeines Feindes ſich entweder
furchtſam oder ſonſt ungeberdig anſtellen wolte,
wie es einige tolle und vor Zorn raſende Weiber zu
machen pflegen; oder, ſolte nicht derjenige wider
den Wohlſtand handeln, welcher bey einer unver-
meidlichen und ihm nach ſeiner Pflicht bevorſtehen-
den Gefahr den Muth ſincken laͤſt? Alſo iſt es auch
einem Menſchen, nach den Regeln der Vernunfft,
zu veruͤbeln, der ſich, bey Erblickung ſeines letzten
Feindes, in Worten und Geberden ungedultig oder
furchtſam erweiſt, und nicht vielmehr derjenigen
unvermeidlichen Gefahr, die ihm den Garaus dro-
het, mit gelaſſenem Geiſte entgegen tritt. So we-
nig es einem Hofmann anſtaͤndig, in ungedultige
Geberden und Worte auszubrechen, wenn ihm ſein
Herr den Abſchied ankuͤndiget, und ihn ſeiner
Dienſte erlaͤſt; ſo iſt es noch vielweniger einem
Menſchen anſtaͤndig, ſich ungedultig aufzufuͤhren,
wenn ihm der HErr aller Herren, und der Koͤnig
aller Koͤnige den Abſchied giebt. Es iſt thoͤricht,
ſagt de la Serre in ſeiner Anweiſung zur Gemuͤths-
Ruhe pag. 59, wider den Tod ungedultig zu ſeyn.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/670>, abgerufen am 16.06.2024.
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