Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



wegen er alle gute Gegen-Anstalten darwider zu
machen hat. Es ist auch Sorge zu tragen, daß
in beyden angräntzenden Landen die Zölle, die
auf die Ein- und Aussuhre der Waaren geleget
sind, so reguliret werden, daß sie einander nicht
beyde ruiniren oder praejudiciren, sondern solche
nach der Billigkeit und zu ihrer beyden Avanta-
ge
eingerichtet seyn, ingleichen die Deserteurs und
andere boßhafftige Leute, die aus einem Lande in
das andere lauffen, nicht auffgehalten werden.

§. 18. Hierbey fragt sichs: Ob ein Regente
wohl befugt sey, des andern Unterthanen, die sich
entweder bey ihm häußlich niederlassen und
Grundstücken ankauffen, oder sich sonst in seine
Protection begeben, auszuantworten, wenn sie et-
wan der Werbung halber, oder wegen der Ver-
folgung der Religion, allzustarcken Tributen und
andern Calamitäten sich retiriren? Jch halte
nicht, denn

§. 19. Es würde gar harte seyn, wenn ein
Potentate diejenigen armen Leute, die sich, um
Ruhe und Sicherheit zu haben, in sein Land re-
tiri
ret und rechtmäßige Ursache hätten, des an-
dern tyrannischen und ungerechten Regierung zu
entfliehen, nicht aufnehmen, sondern wieder zu-
rück weisen solte. Will der andere Potentate
seine Unterthanen im Lande behalten, so mag er
sich so gegen sie aufführen, daß sie unter seiner

Regie-



wegen er alle gute Gegen-Anſtalten darwider zu
machen hat. Es iſt auch Sorge zu tragen, daß
in beyden angraͤntzenden Landen die Zoͤlle, die
auf die Ein- und Ausſuhre der Waaren geleget
ſind, ſo reguliret werden, daß ſie einander nicht
beyde ruiniren oder præjudiciren, ſondern ſolche
nach der Billigkeit und zu ihrer beyden Avanta-
ge
eingerichtet ſeyn, ingleichen die Deſerteurs und
andere boßhafftige Leute, die aus einem Lande in
das andere lauffen, nicht auffgehalten werden.

§. 18. Hierbey fragt ſichs: Ob ein Regente
wohl befugt ſey, des andern Unterthanen, die ſich
entweder bey ihm haͤußlich niederlaſſen und
Grundſtuͤcken ankauffen, oder ſich ſonſt in ſeine
Protection begeben, auszuantworten, wenn ſie et-
wan der Werbung halber, oder wegen der Ver-
folgung der Religion, allzuſtarcken Tributen und
andern Calamitaͤten ſich retiriren? Jch halte
nicht, denn

§. 19. Es wuͤrde gar harte ſeyn, wenn ein
Potentate diejenigen armen Leute, die ſich, um
Ruhe und Sicherheit zu haben, in ſein Land re-
tiri
ret und rechtmaͤßige Urſache haͤtten, des an-
dern tyranniſchen und ungerechten Regierung zu
entfliehen, nicht aufnehmen, ſondern wieder zu-
ruͤck weiſen ſolte. Will der andere Potentate
ſeine Unterthanen im Lande behalten, ſo mag er
ſich ſo gegen ſie auffuͤhren, daß ſie unter ſeiner

Regie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1409" n="1389"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> wegen er alle gute Gegen-An&#x017F;talten darwider zu<lb/>
machen hat. Es i&#x017F;t auch Sorge zu tragen, daß<lb/>
in beyden angra&#x0364;ntzenden Landen die Zo&#x0364;lle, die<lb/>
auf die Ein- und Aus&#x017F;uhre der Waaren geleget<lb/>
&#x017F;ind, &#x017F;o <hi rendition="#aq">reguli</hi>ret werden, daß &#x017F;ie einander nicht<lb/>
beyde <hi rendition="#aq">ruini</hi>ren oder <hi rendition="#aq">præjudici</hi>ren, &#x017F;ondern &#x017F;olche<lb/>
nach der Billigkeit und zu ihrer beyden <hi rendition="#aq">Avanta-<lb/>
ge</hi> eingerichtet &#x017F;eyn, ingleichen die <hi rendition="#aq">De&#x017F;erteurs</hi> und<lb/>
andere boßhafftige Leute, die aus einem Lande in<lb/>
das andere lauffen, nicht auffgehalten werden.</p><lb/>
        <p>§. 18. Hierbey fragt &#x017F;ichs: Ob ein Regente<lb/>
wohl befugt &#x017F;ey, des andern Unterthanen, die &#x017F;ich<lb/>
entweder bey ihm ha&#x0364;ußlich niederla&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Grund&#x017F;tu&#x0364;cken ankauffen, oder &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t in &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#aq">Protection</hi> begeben, auszuantworten, wenn &#x017F;ie et-<lb/>
wan der Werbung halber, oder wegen der Ver-<lb/>
folgung der Religion, allzu&#x017F;tarcken <hi rendition="#aq">Tribu</hi>ten und<lb/>
andern <hi rendition="#aq">Calamit</hi>a&#x0364;ten &#x017F;ich <hi rendition="#aq">retiri</hi>ren? Jch halte<lb/>
nicht, denn</p><lb/>
        <p>§. 19. Es wu&#x0364;rde gar harte &#x017F;eyn, wenn ein<lb/>
Potentate diejenigen armen Leute, die &#x017F;ich, um<lb/>
Ruhe und Sicherheit zu haben, in &#x017F;ein Land <hi rendition="#aq">re-<lb/>
tiri</hi>ret und rechtma&#x0364;ßige Ur&#x017F;ache ha&#x0364;tten, des an-<lb/>
dern tyranni&#x017F;chen und ungerechten Regierung zu<lb/>
entfliehen, nicht aufnehmen, &#x017F;ondern wieder zu-<lb/>
ru&#x0364;ck wei&#x017F;en &#x017F;olte. Will der andere Potentate<lb/>
&#x017F;eine Unterthanen im Lande behalten, &#x017F;o mag er<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o gegen &#x017F;ie auffu&#x0364;hren, daß &#x017F;ie unter &#x017F;einer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Regie-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1389/1409] wegen er alle gute Gegen-Anſtalten darwider zu machen hat. Es iſt auch Sorge zu tragen, daß in beyden angraͤntzenden Landen die Zoͤlle, die auf die Ein- und Ausſuhre der Waaren geleget ſind, ſo reguliret werden, daß ſie einander nicht beyde ruiniren oder præjudiciren, ſondern ſolche nach der Billigkeit und zu ihrer beyden Avanta- ge eingerichtet ſeyn, ingleichen die Deſerteurs und andere boßhafftige Leute, die aus einem Lande in das andere lauffen, nicht auffgehalten werden. §. 18. Hierbey fragt ſichs: Ob ein Regente wohl befugt ſey, des andern Unterthanen, die ſich entweder bey ihm haͤußlich niederlaſſen und Grundſtuͤcken ankauffen, oder ſich ſonſt in ſeine Protection begeben, auszuantworten, wenn ſie et- wan der Werbung halber, oder wegen der Ver- folgung der Religion, allzuſtarcken Tributen und andern Calamitaͤten ſich retiriren? Jch halte nicht, denn §. 19. Es wuͤrde gar harte ſeyn, wenn ein Potentate diejenigen armen Leute, die ſich, um Ruhe und Sicherheit zu haben, in ſein Land re- tiriret und rechtmaͤßige Urſache haͤtten, des an- dern tyranniſchen und ungerechten Regierung zu entfliehen, nicht aufnehmen, ſondern wieder zu- ruͤck weiſen ſolte. Will der andere Potentate ſeine Unterthanen im Lande behalten, ſo mag er ſich ſo gegen ſie auffuͤhren, daß ſie unter ſeiner Regie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1409
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1409>, abgerufen am 08.05.2024.