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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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und Gotteslästerliche Dinge verfallen, so wird
doch dergleichen in unsern Christl. Republiquen
heutiges Tages schwerlich angetroffen. Ja
wenn man Vergleichungs-weise reden soll, so
siehet man, daß sie sich bey den Landes-Trauren
exemplarischer, unsträfflicher und tugendhaff-
ter bezeugen, denn bey der allgemeinen Freude
des Landes. Es ist die Landes-Trauer von
den Regeln des Christenthums und der Unter-
thanen Pflicht gantz und gar nicht entfernet,
sondern vielmehr gar schuldig und gehörig, in-
dem es eine Anzeige eines submissen Gemüthes
ist, zu der Zeit, da der Fürst betrübt ist, auch zu-
gleich mit zu trauern, weil die Person die gantze
Republic vorstellt, und es also scheinet, daß
der Schmertz das gantze Land betreffe.

§. 2. Es schreibet die Landes-Trauer der-
jenige aus, dem die Landes-Herrschafft und die
Administration der gantzen Republic zu ste-
het, indem dieses Ausschreiben den Actionen
der Unterthanen Ziel und Maaße setzt, wie sie
sich hierbey bezeigen und dieselben in allerhand
äusserlichen Sachen reguliren sollen. Es ist
diese Ausschreibung mehr vor ein Gesetze denn
Befehl zu halten, indem sie nicht eintzele Perso-
nen, sondern die sämtl. Unterthanen concerni-
ret. Derowegen, was sonst bey promulga-
tion
der Gesetze in Acht zu nehmen, findet auch

hier



und Gotteslaͤſterliche Dinge verfallen, ſo wird
doch dergleichen in unſern Chriſtl. Republiquen
heutiges Tages ſchwerlich angetroffen. Ja
wenn man Vergleichungs-weiſe reden ſoll, ſo
ſiehet man, daß ſie ſich bey den Landes-Trauren
exemplariſcher, unſtraͤfflicher und tugendhaff-
ter bezeugen, denn bey der allgemeinen Freude
des Landes. Es iſt die Landes-Trauer von
den Regeln des Chriſtenthums und der Unter-
thanen Pflicht gantz und gar nicht entfernet,
ſondern vielmehr gar ſchuldig und gehoͤrig, in-
dem es eine Anzeige eines ſubmiſſen Gemuͤthes
iſt, zu der Zeit, da der Fuͤrſt betruͤbt iſt, auch zu-
gleich mit zu trauern, weil die Perſon die gantze
Republic vorſtellt, und es alſo ſcheinet, daß
der Schmertz das gantze Land betreffe.

§. 2. Es ſchreibet die Landes-Trauer der-
jenige aus, dem die Landes-Herrſchafft und die
Adminiſtration der gantzen Republic zu ſte-
het, indem dieſes Ausſchreiben den Actionen
der Unterthanen Ziel und Maaße ſetzt, wie ſie
ſich hierbey bezeigen und dieſelben in allerhand
aͤuſſerlichen Sachen reguliren ſollen. Es iſt
dieſe Ausſchreibung mehr vor ein Geſetze denn
Befehl zu halten, indem ſie nicht eintzele Perſo-
nen, ſondern die ſaͤmtl. Unterthanen concerni-
ret. Derowegen, was ſonſt bey promulga-
tion
der Geſetze in Acht zu nehmen, findet auch

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[186/0206] und Gotteslaͤſterliche Dinge verfallen, ſo wird doch dergleichen in unſern Chriſtl. Republiquen heutiges Tages ſchwerlich angetroffen. Ja wenn man Vergleichungs-weiſe reden ſoll, ſo ſiehet man, daß ſie ſich bey den Landes-Trauren exemplariſcher, unſtraͤfflicher und tugendhaff- ter bezeugen, denn bey der allgemeinen Freude des Landes. Es iſt die Landes-Trauer von den Regeln des Chriſtenthums und der Unter- thanen Pflicht gantz und gar nicht entfernet, ſondern vielmehr gar ſchuldig und gehoͤrig, in- dem es eine Anzeige eines ſubmiſſen Gemuͤthes iſt, zu der Zeit, da der Fuͤrſt betruͤbt iſt, auch zu- gleich mit zu trauern, weil die Perſon die gantze Republic vorſtellt, und es alſo ſcheinet, daß der Schmertz das gantze Land betreffe. §. 2. Es ſchreibet die Landes-Trauer der- jenige aus, dem die Landes-Herrſchafft und die Adminiſtration der gantzen Republic zu ſte- het, indem dieſes Ausſchreiben den Actionen der Unterthanen Ziel und Maaße ſetzt, wie ſie ſich hierbey bezeigen und dieſelben in allerhand aͤuſſerlichen Sachen reguliren ſollen. Es iſt dieſe Ausſchreibung mehr vor ein Geſetze denn Befehl zu halten, indem ſie nicht eintzele Perſo- nen, ſondern die ſaͤmtl. Unterthanen concerni- ret. Derowegen, was ſonſt bey promulga- tion der Geſetze in Acht zu nehmen, findet auch hier

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/206>, abgerufen am 29.04.2024.