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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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gleich hinter der Stadt das südliche hohe Ufer der N002
Barnaulka hinauf, bleibt dann in der Nähe des Ob bis N003
zum Einflusse des Alei in denselben bei Kalmanska, N004
der zweiten Station von Barnaul, und geht nun an N005
diesem entlang bis zur dritten Station Tschistjunskaja, N006
von wo er in diagonaler Richtung nach dem Tscha- N007
rysch, einem südlichern Nebenstrome des Ob führt. N008
Wir waren von Barnaul Abends um 10 Uhr abgereist, N009
als es schon ganz finster geworden war; am Morgen N010
des 5. August befanden wir uns schon in der Ebene N011
zwischen dem Alei und dem Tscharysch, welche nach N012
einem einzeln stehenden Gehöfte Platowskaja, einer N013
sogenannten Simovie, wo wir den Mittag um 1 Uhr N014
anlangten und die Pferde wechselten, den Namen der N015
Platowskajischen Steppe führt. Da sie gar nicht be- N016
baut ist, und das Gras des Frühlings schon längst ver- N017
dorrt war, so bot sie einen öden und traurigen An- N018
blick dar; der Himmel war aber heiter und völlig wol- N019
kenleer, und die Luft dabei so ausserordentlich trocken, N020
dass, als ich in der Station Platowskaja das Psychro- N021
meter beobachtete, der Unterschied des freien und des N022
befeuchteten Thermometers 9°,2 betrug. Das freie N023
Thermometer zeigte nämlich 19,0°, das befeuchtete N024
9°,8 R., woraus sich ein Thaupunkt von -- 3 o ,4 er- N025
giebt, bis zu welchem Grade die Temperatur sich also N026
hätte abkühlen müssen, wenn sich Thau hätte bilden N027
sollen. Schon vor Platowskaja sahen wir bei der N028
reinen Luft am Horizont die ersten Berge des Altai, N029
die Sinaja sobka (blaue Kuppe) und einige andere N030
aus der Umgebung von Kolywansk, wiewohl sie in N031
gerader Linie noch über 100 Werste entfernt waren. N032
Durch die Strahlenbrechung gehoben, erschienen sie uns N033
viel näher, doch erreichten wir ihre Vorberge erst am N034
Morgen des 6. August ganz in der Frühe, wo wir N035
uns an dem wegen seiner romantischen Ufer mit Recht N036
so berühmten Kolywanschen See, 3 Werste nordöst- N037
lich von dem Dorfe Sauschkina, der letzten Station

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gleich hinter der Stadt das südliche hohe Ufer der N002
Barnaulka hinauf, bleibt dann in der Nähe des Ob bis N003
zum Einflusse des Alei in denselben bei Kalmanska, N004
der zweiten Station von Barnaul, und geht nun an N005
diesem entlang bis zur dritten Station Tschistjunskaja, N006
von wo er in diagonaler Richtung nach dem Tscha- N007
rysch, einem südlichern Nebenstrome des Ob führt. N008
Wir waren von Barnaul Abends um 10 Uhr abgereist, N009
als es schon ganz finster geworden war; am Morgen N010
des 5. August befanden wir uns schon in der Ebene N011
zwischen dem Alei und dem Tscharysch, welche nach N012
einem einzeln stehenden Gehöfte Platowskaja, einer N013
sogenannten Simovie, wo wir den Mittag um 1 Uhr N014
anlangten und die Pferde wechselten, den Namen der N015
Platowskajischen Steppe führt. Da sie gar nicht be- N016
baut ist, und das Gras des Frühlings schon längst ver- N017
dorrt war, so bot sie einen öden und traurigen An- N018
blick dar; der Himmel war aber heiter und völlig wol- N019
kenleer, und die Luft dabei so ausserordentlich trocken, N020
dass, als ich in der Station Platowskaja das Psychro- N021
meter beobachtete, der Unterschied des freien und des N022
befeuchteten Thermometers 9°,2 betrug. Das freie N023
Thermometer zeigte nämlich 19,0°, das befeuchtete N024
9°,8 R., woraus sich ein Thaupunkt von — 3 º ,4 er- N025
giebt, bis zu welchem Grade die Temperatur sich also N026
hätte abkühlen müssen, wenn sich Thau hätte bilden N027
sollen. Schon vor Platowskaja sahen wir bei der N028
reinen Luft am Horizont die ersten Berge des Altai, N029
die Sinaja sobka (blaue Kuppe) und einige andere N030
aus der Umgebung von Kolywansk, wiewohl sie in N031
gerader Linie noch über 100 Werste entfernt waren. N032
Durch die Strahlenbrechung gehoben, erschienen sie uns N033
viel näher, doch erreichten wir ihre Vorberge erst am N034
Morgen des 6. August ganz in der Frühe, wo wir N035
uns an dem wegen seiner romantischen Ufer mit Recht N036
so berühmten Kolywanschen See, 3 Werste nordöst- N037
lich von dem Dorfe Sauschkina, der letzten Station

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[523/0557] N001 gleich hinter der Stadt das südliche hohe Ufer der N002 Barnaulka hinauf, bleibt dann in der Nähe des Ob bis N003 zum Einflusse des Alei in denselben bei Kalmanska, N004 der zweiten Station von Barnaul, und geht nun an N005 diesem entlang bis zur dritten Station Tschistjunskaja, N006 von wo er in diagonaler Richtung nach dem Tscha- N007 rysch, einem südlichern Nebenstrome des Ob führt. N008 Wir waren von Barnaul Abends um 10 Uhr abgereist, N009 als es schon ganz finster geworden war; am Morgen N010 des 5. August befanden wir uns schon in der Ebene N011 zwischen dem Alei und dem Tscharysch, welche nach N012 einem einzeln stehenden Gehöfte Platowskaja, einer N013 sogenannten Simovie, wo wir den Mittag um 1 Uhr N014 anlangten und die Pferde wechselten, den Namen der N015 Platowskajischen Steppe führt. Da sie gar nicht be- N016 baut ist, und das Gras des Frühlings schon längst ver- N017 dorrt war, so bot sie einen öden und traurigen An- N018 blick dar; der Himmel war aber heiter und völlig wol- N019 kenleer, und die Luft dabei so ausserordentlich trocken, N020 dass, als ich in der Station Platowskaja das Psychro- N021 meter beobachtete, der Unterschied des freien und des N022 befeuchteten Thermometers 9°,2 betrug. Das freie N023 Thermometer zeigte nämlich 19,0°, das befeuchtete N024 9°,8 R., woraus sich ein Thaupunkt von — 3 º ,4 er- N025 giebt, bis zu welchem Grade die Temperatur sich also N026 hätte abkühlen müssen, wenn sich Thau hätte bilden N027 sollen. Schon vor Platowskaja sahen wir bei der N028 reinen Luft am Horizont die ersten Berge des Altai, N029 die Sinaja sobka (blaue Kuppe) und einige andere N030 aus der Umgebung von Kolywansk, wiewohl sie in N031 gerader Linie noch über 100 Werste entfernt waren. N032 Durch die Strahlenbrechung gehoben, erschienen sie uns N033 viel näher, doch erreichten wir ihre Vorberge erst am N034 Morgen des 6. August ganz in der Frühe, wo wir N035 uns an dem wegen seiner romantischen Ufer mit Recht N036 so berühmten Kolywanschen See, 3 Werste nordöst- N037 lich von dem Dorfe Sauschkina, der letzten Station

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/557>, abgerufen am 27.04.2024.