Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

sein! -- Am Sonntag ist er zum Kranabethannes
gegangen; zu später Mitternacht ist er mir heim-
gekommen mit blutigem Kopf. Allerweg hat's mir
geschwant, einmal werden sie ihn bringen auf der
Tragbahr. -- Und sonst, wenn er ruhig und nüch-
tern gewesen, da hat's gar keinen besseren, fleißi-
geren und hilfreicheren Menschen gegeben im gan-
zen Waldland, als den Mathes. Da hat er lustig
sein und wie ein Kind lachen und weinen können.
Freilich ist ihm, weil er Soldatenflüchtling, sein
Heimatsgut draußen im Land verfallen gewesen;
aber mit bluteigenen Händen hat er die Kinder
ernährt, und gar für andere Leut', die sich nichts
mehr erwerben mögen, hat's noch gelangt. Die
Kranken hat er besucht und sie getröstet, schier wie
ein Pfarrer. Wegen seiner Redlichkeit und Verläß-
lichkeit haben sie ihn im Holzschlag zum Meister-
knecht gemacht. Und dennoch hat zum Sonntag der
Wirth die Händ' über den Kopf zusammengeschla-
gen, ist das Hieselein gekommen, das sie nun schon
allfort das schwarze Hieselein geheißen haben. Ist
es auch ganz heiter und voll Gemüthlichkeit zur
Thür hereingestolpert, so ist doch darauf zu schwö-
ren gewesen, daß es ohne ein fürchterlich' Raufen
nicht abgeht. Er hat's nicht lassen mögen. Im
Branntwein hat er sein Elend ersäufen wollen;
aber der Branntwein hat die zweihundert Ruthen-

ſein! — Am Sonntag iſt er zum Kranabethannes
gegangen; zu ſpäter Mitternacht iſt er mir heim-
gekommen mit blutigem Kopf. Allerweg hat’s mir
geſchwant, einmal werden ſie ihn bringen auf der
Tragbahr. — Und ſonſt, wenn er ruhig und nüch-
tern geweſen, da hat’s gar keinen beſſeren, fleißi-
geren und hilfreicheren Menſchen gegeben im gan-
zen Waldland, als den Mathes. Da hat er luſtig
ſein und wie ein Kind lachen und weinen können.
Freilich iſt ihm, weil er Soldatenflüchtling, ſein
Heimatsgut draußen im Land verfallen geweſen;
aber mit bluteigenen Händen hat er die Kinder
ernährt, und gar für andere Leut’, die ſich nichts
mehr erwerben mögen, hat’s noch gelangt. Die
Kranken hat er beſucht und ſie getröſtet, ſchier wie
ein Pfarrer. Wegen ſeiner Redlichkeit und Verläß-
lichkeit haben ſie ihn im Holzſchlag zum Meiſter-
knecht gemacht. Und dennoch hat zum Sonntag der
Wirth die Händ’ über den Kopf zuſammengeſchla-
gen, iſt das Hieſelein gekommen, das ſie nun ſchon
allfort das ſchwarze Hieſelein geheißen haben. Iſt
es auch ganz heiter und voll Gemüthlichkeit zur
Thür hereingeſtolpert, ſo iſt doch darauf zu ſchwö-
ren geweſen, daß es ohne ein fürchterlich’ Raufen
nicht abgeht. Er hat’s nicht laſſen mögen. Im
Branntwein hat er ſein Elend erſäufen wollen;
aber der Branntwein hat die zweihundert Ruthen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="137"/>
&#x017F;ein! &#x2014; Am Sonntag i&#x017F;t er zum Kranabethannes<lb/>
gegangen; zu &#x017F;päter Mitternacht i&#x017F;t er mir heim-<lb/>
gekommen mit blutigem Kopf. Allerweg hat&#x2019;s mir<lb/>
ge&#x017F;chwant, einmal werden &#x017F;ie ihn bringen auf der<lb/>
Tragbahr. &#x2014; Und &#x017F;on&#x017F;t, wenn er ruhig und nüch-<lb/>
tern gewe&#x017F;en, da hat&#x2019;s gar keinen be&#x017F;&#x017F;eren, fleißi-<lb/>
geren und hilfreicheren Men&#x017F;chen gegeben im gan-<lb/>
zen Waldland, als den Mathes. Da hat er lu&#x017F;tig<lb/>
&#x017F;ein und wie ein Kind lachen und weinen können.<lb/>
Freilich i&#x017F;t ihm, weil er Soldatenflüchtling, &#x017F;ein<lb/>
Heimatsgut draußen im Land verfallen gewe&#x017F;en;<lb/>
aber mit bluteigenen Händen hat er die Kinder<lb/>
ernährt, und gar für andere Leut&#x2019;, die &#x017F;ich nichts<lb/>
mehr erwerben mögen, hat&#x2019;s noch gelangt. Die<lb/>
Kranken hat er be&#x017F;ucht und &#x017F;ie getrö&#x017F;tet, &#x017F;chier wie<lb/>
ein Pfarrer. Wegen &#x017F;einer Redlichkeit und Verläß-<lb/>
lichkeit haben &#x017F;ie ihn im Holz&#x017F;chlag zum Mei&#x017F;ter-<lb/>
knecht gemacht. Und dennoch hat zum Sonntag der<lb/>
Wirth die Händ&#x2019; über den Kopf zu&#x017F;ammenge&#x017F;chla-<lb/>
gen, i&#x017F;t das Hie&#x017F;elein gekommen, das &#x017F;ie nun &#x017F;chon<lb/>
allfort das &#x017F;chwarze Hie&#x017F;elein geheißen haben. I&#x017F;t<lb/>
es auch ganz heiter und voll Gemüthlichkeit zur<lb/>
Thür hereinge&#x017F;tolpert, &#x017F;o i&#x017F;t doch darauf zu &#x017F;chwö-<lb/>
ren gewe&#x017F;en, daß es ohne ein fürchterlich&#x2019; Raufen<lb/>
nicht abgeht. Er hat&#x2019;s nicht la&#x017F;&#x017F;en mögen. Im<lb/>
Branntwein hat er &#x017F;ein Elend er&#x017F;äufen wollen;<lb/>
aber der Branntwein hat die zweihundert Ruthen-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0147] ſein! — Am Sonntag iſt er zum Kranabethannes gegangen; zu ſpäter Mitternacht iſt er mir heim- gekommen mit blutigem Kopf. Allerweg hat’s mir geſchwant, einmal werden ſie ihn bringen auf der Tragbahr. — Und ſonſt, wenn er ruhig und nüch- tern geweſen, da hat’s gar keinen beſſeren, fleißi- geren und hilfreicheren Menſchen gegeben im gan- zen Waldland, als den Mathes. Da hat er luſtig ſein und wie ein Kind lachen und weinen können. Freilich iſt ihm, weil er Soldatenflüchtling, ſein Heimatsgut draußen im Land verfallen geweſen; aber mit bluteigenen Händen hat er die Kinder ernährt, und gar für andere Leut’, die ſich nichts mehr erwerben mögen, hat’s noch gelangt. Die Kranken hat er beſucht und ſie getröſtet, ſchier wie ein Pfarrer. Wegen ſeiner Redlichkeit und Verläß- lichkeit haben ſie ihn im Holzſchlag zum Meiſter- knecht gemacht. Und dennoch hat zum Sonntag der Wirth die Händ’ über den Kopf zuſammengeſchla- gen, iſt das Hieſelein gekommen, das ſie nun ſchon allfort das ſchwarze Hieſelein geheißen haben. Iſt es auch ganz heiter und voll Gemüthlichkeit zur Thür hereingeſtolpert, ſo iſt doch darauf zu ſchwö- ren geweſen, daß es ohne ein fürchterlich’ Raufen nicht abgeht. Er hat’s nicht laſſen mögen. Im Branntwein hat er ſein Elend erſäufen wollen; aber der Branntwein hat die zweihundert Ruthen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/147
Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/147>, abgerufen am 09.05.2024.