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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Nach dem Marke folgt von rechts nach links an der Figur IX. das
Holz und zwar 2 Jahresringe,*) welche durch die Jahresgrenze
(jj) getrennt sind.

Es ist noch gar nicht so lange, daß man über die zeitliche Bedeutung
der Jahrringe außer Zweifel ist, obgleich der Praktiker hierin schon
seit langer Zeit diese auf dem Querschnitt eines Stammes oder Astes
sichtbaren ringförmig erscheinenden Holzschichten Jahrringe oder kurzweg
Jahre nennt, und von grob- und feinjährigem Holze spricht und
dadurch andeuten will, daß, wie es auch thatsächlich ist, jedes Jahr alle-
mal nur eine solche Schicht gebildet wird.

In unserem Klima unterbricht der kalte Winter und in den Tropen-
ländern die dürre Jahreszeit das Wachsthum der Bäume und erst nach
Ablauf dieses Stillstandes hebt das Wachsthum von Neuem an, was zur
Folge hat, daß dieses neue Anheben des Dickenzuwachses durch eine Grenz-
linie bezeichnet ist.

In der Regel sind die Jahrringe, oder hier richtiger die Jahreslagen,
in diesen Berührungs- oder Grenzflächen (denn nur auf dem Querschnitte
sind es Grenzlinien) innig und fest mit einander verbunden. Zuweilen
zeigen aber die Stämme eine krankhafte Erscheinung, welche der Forstmann
Kernschäligkeit nennt, und welche darin besteht, daß sich die Jahres-
lagen von einander ablösen und dann der Stamm dieselbe Erscheinung
zeigt, welche man zuweilen an Wachskerzen bemerkt, die sich der Länge
nach in Schalen auflösen. Die Ursache der Kernschäligkeit ist noch unbekannt.

Es ist leicht zu vermuthen, daß die Breite der Jahresringe theils
von der Fruchtbarkeit des Bodens, theils von der der Witterung abhängt,

*) Jahrringe, Jahresringe, Jahreslagen, Jahresschichten, auch wohl
kurzweg Jahre, sind gleichbedeutende Bezeichnungen. Erfunden sind sie alle gleicherweise
nach einem Anblick eines Stammquerschnittes, wo sie als einander umschließende, concen-
trische, Kreise mit einem gemeinsamen Mittelpunkte, dem Marke, sichtbar sind. Zwischen
ihnen einerseits und Jahres grenze andererseits ist wohl zu unterscheiden; erstere sind die
alljährliche zugewachsene, den ganzen Baum unter der Rinde überziehende neue Holz-
schicht, die, weil sie, auf einem Querschnitte, ringförmig erscheint, wohl angemessener
Jahresring als Jahreslage zu nennen ist. Jahresgrenze ist nun selbstverständlich die
Grenzlinie zwischen zwei Jahresringen. Je deutlicher die Jahresgrenze, desto leichter
lassen sich die Jahresringe zählen. Bei unseren deutschen Holzarten, welche unter all-
jährlichen vollständigen Wachsthumsunterbrechungen erwachsen, sind die Jahresgrenzen
fast immer sehr deutlich bezeichnet.

Nach dem Marke folgt von rechts nach links an der Figur IX. das
Holz und zwar 2 Jahresringe,*) welche durch die Jahresgrenze
(jj) getrennt ſind.

Es iſt noch gar nicht ſo lange, daß man über die zeitliche Bedeutung
der Jahrringe außer Zweifel iſt, obgleich der Praktiker hierin ſchon
ſeit langer Zeit dieſe auf dem Querſchnitt eines Stammes oder Aſtes
ſichtbaren ringförmig erſcheinenden Holzſchichten Jahrringe oder kurzweg
Jahre nennt, und von grob- und feinjährigem Holze ſpricht und
dadurch andeuten will, daß, wie es auch thatſächlich iſt, jedes Jahr alle-
mal nur eine ſolche Schicht gebildet wird.

In unſerem Klima unterbricht der kalte Winter und in den Tropen-
ländern die dürre Jahreszeit das Wachsthum der Bäume und erſt nach
Ablauf dieſes Stillſtandes hebt das Wachsthum von Neuem an, was zur
Folge hat, daß dieſes neue Anheben des Dickenzuwachſes durch eine Grenz-
linie bezeichnet iſt.

In der Regel ſind die Jahrringe, oder hier richtiger die Jahreslagen,
in dieſen Berührungs- oder Grenzflächen (denn nur auf dem Querſchnitte
ſind es Grenzlinien) innig und feſt mit einander verbunden. Zuweilen
zeigen aber die Stämme eine krankhafte Erſcheinung, welche der Forſtmann
Kernſchäligkeit nennt, und welche darin beſteht, daß ſich die Jahres-
lagen von einander ablöſen und dann der Stamm dieſelbe Erſcheinung
zeigt, welche man zuweilen an Wachskerzen bemerkt, die ſich der Länge
nach in Schalen auflöſen. Die Urſache der Kernſchäligkeit iſt noch unbekannt.

Es iſt leicht zu vermuthen, daß die Breite der Jahresringe theils
von der Fruchtbarkeit des Bodens, theils von der der Witterung abhängt,

*) Jahrringe, Jahresringe, Jahreslagen, Jahresſchichten, auch wohl
kurzweg Jahre, ſind gleichbedeutende Bezeichnungen. Erfunden ſind ſie alle gleicherweiſe
nach einem Anblick eines Stammquerſchnittes, wo ſie als einander umſchließende, concen-
triſche, Kreiſe mit einem gemeinſamen Mittelpunkte, dem Marke, ſichtbar ſind. Zwiſchen
ihnen einerſeits und Jahres grenze andererſeits iſt wohl zu unterſcheiden; erſtere ſind die
alljährliche zugewachſene, den ganzen Baum unter der Rinde überziehende neue Holz-
ſchicht, die, weil ſie, auf einem Querſchnitte, ringförmig erſcheint, wohl angemeſſener
Jahresring als Jahreslage zu nennen iſt. Jahresgrenze iſt nun ſelbſtverſtändlich die
Grenzlinie zwiſchen zwei Jahresringen. Je deutlicher die Jahresgrenze, deſto leichter
laſſen ſich die Jahresringe zählen. Bei unſeren deutſchen Holzarten, welche unter all-
jährlichen vollſtändigen Wachsthumsunterbrechungen erwachſen, ſind die Jahresgrenzen
faſt immer ſehr deutlich bezeichnet.
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[90/0114] Nach dem Marke folgt von rechts nach links an der Figur IX. das Holz und zwar 2 Jahresringe, *) welche durch die Jahresgrenze (jj) getrennt ſind. Es iſt noch gar nicht ſo lange, daß man über die zeitliche Bedeutung der Jahrringe außer Zweifel iſt, obgleich der Praktiker hierin ſchon ſeit langer Zeit dieſe auf dem Querſchnitt eines Stammes oder Aſtes ſichtbaren ringförmig erſcheinenden Holzſchichten Jahrringe oder kurzweg Jahre nennt, und von grob- und feinjährigem Holze ſpricht und dadurch andeuten will, daß, wie es auch thatſächlich iſt, jedes Jahr alle- mal nur eine ſolche Schicht gebildet wird. In unſerem Klima unterbricht der kalte Winter und in den Tropen- ländern die dürre Jahreszeit das Wachsthum der Bäume und erſt nach Ablauf dieſes Stillſtandes hebt das Wachsthum von Neuem an, was zur Folge hat, daß dieſes neue Anheben des Dickenzuwachſes durch eine Grenz- linie bezeichnet iſt. In der Regel ſind die Jahrringe, oder hier richtiger die Jahreslagen, in dieſen Berührungs- oder Grenzflächen (denn nur auf dem Querſchnitte ſind es Grenzlinien) innig und feſt mit einander verbunden. Zuweilen zeigen aber die Stämme eine krankhafte Erſcheinung, welche der Forſtmann Kernſchäligkeit nennt, und welche darin beſteht, daß ſich die Jahres- lagen von einander ablöſen und dann der Stamm dieſelbe Erſcheinung zeigt, welche man zuweilen an Wachskerzen bemerkt, die ſich der Länge nach in Schalen auflöſen. Die Urſache der Kernſchäligkeit iſt noch unbekannt. Es iſt leicht zu vermuthen, daß die Breite der Jahresringe theils von der Fruchtbarkeit des Bodens, theils von der der Witterung abhängt, *) Jahrringe, Jahresringe, Jahreslagen, Jahresſchichten, auch wohl kurzweg Jahre, ſind gleichbedeutende Bezeichnungen. Erfunden ſind ſie alle gleicherweiſe nach einem Anblick eines Stammquerſchnittes, wo ſie als einander umſchließende, concen- triſche, Kreiſe mit einem gemeinſamen Mittelpunkte, dem Marke, ſichtbar ſind. Zwiſchen ihnen einerſeits und Jahres grenze andererſeits iſt wohl zu unterſcheiden; erſtere ſind die alljährliche zugewachſene, den ganzen Baum unter der Rinde überziehende neue Holz- ſchicht, die, weil ſie, auf einem Querſchnitte, ringförmig erſcheint, wohl angemeſſener Jahresring als Jahreslage zu nennen iſt. Jahresgrenze iſt nun ſelbſtverſtändlich die Grenzlinie zwiſchen zwei Jahresringen. Je deutlicher die Jahresgrenze, deſto leichter laſſen ſich die Jahresringe zählen. Bei unſeren deutſchen Holzarten, welche unter all- jährlichen vollſtändigen Wachsthumsunterbrechungen erwachſen, ſind die Jahresgrenzen faſt immer ſehr deutlich bezeichnet.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/114>, abgerufen am 09.05.2024.