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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Zellgewebe, wo ihrer viele innig mit einander verbunden sind,
durch gegenseitigen Druck eckig, kantig und ebenflächig, genau so wie eine
einzelne Seifenblase ebenfalls rund ist, großblasiger Seifenschaum aber in
seinem durchsichtigen Innern die Seifenblasen ebenfalls eckig, kantig und
ebenflächig zeigt. Die ursprünglich immer sehr dünne und zarte Zellen-
haut wird in vielen Fällen durch spätere Ablagerung von Holzstoff an
ihren inneren Wandungen allmälig dicker und sogar nicht selten so sehr
verdickt, daß gar kein Zellenraum mehr übrig bleibt. Daß diese Ver-
dickung der Zellenhaut der wesentliche Grund der Schwere und Härte des
Holzes ist, ist leicht zu errathen. Schwere, harte Hölzer haben immer
dickwandige Zellen.

Bei dieser Verdickung der Zellenhaut bleiben aber oft kleine punkt-
oder strichförmige Stellen derselben unverdickt und dadurch der Säfteaus-
tausch zwischen den benachbarten Zellen ermöglicht, der durch eine gleich-
mäßige Verdickung der Zellenhäute aufgehoben werden würde. So ent-
stehen die punktirten, getüpfelten und Spiralfaser-Zellen, die
wir später durch eine Abbildung kennen lernen werden.

Was den Inhalt der Zellen betrifft, so ist der Zellsaft entweder klar
und farblos oder er enthält Farbstoffe, aufgelöst oder in Körnchen, oder
er enthält Stärkemehlkörnchen, Tröpfchen fetten oder ätherischen Oeles,
winzig kleine Kalkkrystalle und dergl. Alles dieses und sogar der Zellsaft
selbst fehlt aber, sobald das Zellgewebe an dem Leben der Pflanze keinen
Theil mehr nimmt, z. B. in der Kernschicht des Markes (S. 87) mehr
als ein Jahr alter Stengelgebilde; z. B. Hollundermark.

Was die Lebensverrichtungen der Zellen betrifft, so sind die sehr
lang gestreckten, welche mit schräg abgestutzten Enden im Zellgewebe
sich zwischen einander schieben, der Hauptsache nach nur Organe der
Fortleitung der Säfte, daher im Holze vorherrschend. Die nicht
oder nur wenig gestreckten, die kurzen Zellen, welche mit platten Böden
sich an einander anreihen, dienen mehr der Verarbeitung, Assimi-
lation, der ihnen zugeführten Stoffe, daher auch fast nur in ihnen die
vorhin genannten Stoffe vorkommen. Die Markstrahlenzellen sind stets
solche kurze Zellen.

Aus den Zellen entstehen die Gefäße, so zwar, daß ein Gefäß stets
aus einer Reihe von an einander stoßenden kurzen Zellen gebildet worden

Zellgewebe, wo ihrer viele innig mit einander verbunden ſind,
durch gegenſeitigen Druck eckig, kantig und ebenflächig, genau ſo wie eine
einzelne Seifenblaſe ebenfalls rund iſt, großblaſiger Seifenſchaum aber in
ſeinem durchſichtigen Innern die Seifenblaſen ebenfalls eckig, kantig und
ebenflächig zeigt. Die urſprünglich immer ſehr dünne und zarte Zellen-
haut wird in vielen Fällen durch ſpätere Ablagerung von Holzſtoff an
ihren inneren Wandungen allmälig dicker und ſogar nicht ſelten ſo ſehr
verdickt, daß gar kein Zellenraum mehr übrig bleibt. Daß dieſe Ver-
dickung der Zellenhaut der weſentliche Grund der Schwere und Härte des
Holzes iſt, iſt leicht zu errathen. Schwere, harte Hölzer haben immer
dickwandige Zellen.

Bei dieſer Verdickung der Zellenhaut bleiben aber oft kleine punkt-
oder ſtrichförmige Stellen derſelben unverdickt und dadurch der Säfteaus-
tauſch zwiſchen den benachbarten Zellen ermöglicht, der durch eine gleich-
mäßige Verdickung der Zellenhäute aufgehoben werden würde. So ent-
ſtehen die punktirten, getüpfelten und Spiralfaſer-Zellen, die
wir ſpäter durch eine Abbildung kennen lernen werden.

Was den Inhalt der Zellen betrifft, ſo iſt der Zellſaft entweder klar
und farblos oder er enthält Farbſtoffe, aufgelöſt oder in Körnchen, oder
er enthält Stärkemehlkörnchen, Tröpfchen fetten oder ätheriſchen Oeles,
winzig kleine Kalkkryſtalle und dergl. Alles dieſes und ſogar der Zellſaft
ſelbſt fehlt aber, ſobald das Zellgewebe an dem Leben der Pflanze keinen
Theil mehr nimmt, z. B. in der Kernſchicht des Markes (S. 87) mehr
als ein Jahr alter Stengelgebilde; z. B. Hollundermark.

Was die Lebensverrichtungen der Zellen betrifft, ſo ſind die ſehr
lang geſtreckten, welche mit ſchräg abgeſtutzten Enden im Zellgewebe
ſich zwiſchen einander ſchieben, der Hauptſache nach nur Organe der
Fortleitung der Säfte, daher im Holze vorherrſchend. Die nicht
oder nur wenig geſtreckten, die kurzen Zellen, welche mit platten Böden
ſich an einander anreihen, dienen mehr der Verarbeitung, Aſſimi-
lation, der ihnen zugeführten Stoffe, daher auch faſt nur in ihnen die
vorhin genannten Stoffe vorkommen. Die Markſtrahlenzellen ſind ſtets
ſolche kurze Zellen.

Aus den Zellen entſtehen die Gefäße, ſo zwar, daß ein Gefäß ſtets
aus einer Reihe von an einander ſtoßenden kurzen Zellen gebildet worden

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[100/0124] Zellgewebe, wo ihrer viele innig mit einander verbunden ſind, durch gegenſeitigen Druck eckig, kantig und ebenflächig, genau ſo wie eine einzelne Seifenblaſe ebenfalls rund iſt, großblaſiger Seifenſchaum aber in ſeinem durchſichtigen Innern die Seifenblaſen ebenfalls eckig, kantig und ebenflächig zeigt. Die urſprünglich immer ſehr dünne und zarte Zellen- haut wird in vielen Fällen durch ſpätere Ablagerung von Holzſtoff an ihren inneren Wandungen allmälig dicker und ſogar nicht ſelten ſo ſehr verdickt, daß gar kein Zellenraum mehr übrig bleibt. Daß dieſe Ver- dickung der Zellenhaut der weſentliche Grund der Schwere und Härte des Holzes iſt, iſt leicht zu errathen. Schwere, harte Hölzer haben immer dickwandige Zellen. Bei dieſer Verdickung der Zellenhaut bleiben aber oft kleine punkt- oder ſtrichförmige Stellen derſelben unverdickt und dadurch der Säfteaus- tauſch zwiſchen den benachbarten Zellen ermöglicht, der durch eine gleich- mäßige Verdickung der Zellenhäute aufgehoben werden würde. So ent- ſtehen die punktirten, getüpfelten und Spiralfaſer-Zellen, die wir ſpäter durch eine Abbildung kennen lernen werden. Was den Inhalt der Zellen betrifft, ſo iſt der Zellſaft entweder klar und farblos oder er enthält Farbſtoffe, aufgelöſt oder in Körnchen, oder er enthält Stärkemehlkörnchen, Tröpfchen fetten oder ätheriſchen Oeles, winzig kleine Kalkkryſtalle und dergl. Alles dieſes und ſogar der Zellſaft ſelbſt fehlt aber, ſobald das Zellgewebe an dem Leben der Pflanze keinen Theil mehr nimmt, z. B. in der Kernſchicht des Markes (S. 87) mehr als ein Jahr alter Stengelgebilde; z. B. Hollundermark. Was die Lebensverrichtungen der Zellen betrifft, ſo ſind die ſehr lang geſtreckten, welche mit ſchräg abgeſtutzten Enden im Zellgewebe ſich zwiſchen einander ſchieben, der Hauptſache nach nur Organe der Fortleitung der Säfte, daher im Holze vorherrſchend. Die nicht oder nur wenig geſtreckten, die kurzen Zellen, welche mit platten Böden ſich an einander anreihen, dienen mehr der Verarbeitung, Aſſimi- lation, der ihnen zugeführten Stoffe, daher auch faſt nur in ihnen die vorhin genannten Stoffe vorkommen. Die Markſtrahlenzellen ſind ſtets ſolche kurze Zellen. Aus den Zellen entſtehen die Gefäße, ſo zwar, daß ein Gefäß ſtets aus einer Reihe von an einander ſtoßenden kurzen Zellen gebildet worden

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/124>, abgerufen am 09.05.2024.