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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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schönen Walde zur Seite steht, so dürfte mein Buch seines Erfolges
wohl sicher sein, obschon mir dabei ein gut Theil des Verdienstes
eben durch diese mithelfende Liebe weggenommen wird.

Den "Freunden" des Waldes und den "Pflegern" des
Waldes ist das Buch gewidmet.

Den Freunden -- und gar sehr auch den Freundinnen --
des Waldes bin ich Rechenschaft über mein Verfahren schuldig,
obgleich ich andeutend schon in dem mit der 1. Lieferung veröffent-
lichten Vorworte sagte, "daß es Diejenigen nur theilweise befriedigt
aus der Hand legen würden, welche bei dem Walde nur an "Vogel-
gezwitscher", an "Maiblümlein" und an "zartes Säuseln" oder
"gewaltiges Rauschen" in den Laubkronen denken können". Mein
Buch muthet ihnen etwas zu
. Es will sie nicht blos unter-
haltend belehren, oder meinetwegen auch belehrend unterhalten --
nein es will sie einfach belehren. Schlimm genug für unsern
Lehrton, wenn man um ihm Geschmack zu verschaffen, ihn mit
sogenannter Unterhaltung überzuckern muß. Wenn eine Belehrung
nicht unterhaltend ist, so taugt sie nichts, wenn eine Unterhaltung nicht
belehrend ist, so taugt sie ebenfalls nichts. Beide sind untrennbar.
So lange man noch "unterhaltende Belehrung" als etwas Besonderes,
als eine eigne Form der Darstellung unterscheidet, beweist man damit,
daß wir aus der Zeit des gelehrten Zopfthums noch nicht heraus sind.

"Ich denke", sagte ich bei jener Gelegenheit, "der Wald ist
es werth und verdient es um uns jeden Augenblick, daß wir unter
seiner schönen Außenseite auch die innerlichen Regungen seines
Lebens aufsuchen. Unsere Waldliebe verliert nichts, wenn wir den
Wald nicht blos mit genußsuchendem sondern auch mit verständniß-
suchendem Auge ansehen."

Wenn es so mein Vorsatz war, die rechte Bedeutung des
Waldes in möglichst weiten Kreisen zum Bewußtsein zu bringen

ſchönen Walde zur Seite ſteht, ſo dürfte mein Buch ſeines Erfolges
wohl ſicher ſein, obſchon mir dabei ein gut Theil des Verdienſtes
eben durch dieſe mithelfende Liebe weggenommen wird.

Den „Freunden“ des Waldes und den „Pflegern“ des
Waldes iſt das Buch gewidmet.

Den Freunden — und gar ſehr auch den Freundinnen
des Waldes bin ich Rechenſchaft über mein Verfahren ſchuldig,
obgleich ich andeutend ſchon in dem mit der 1. Lieferung veröffent-
lichten Vorworte ſagte, „daß es Diejenigen nur theilweiſe befriedigt
aus der Hand legen würden, welche bei dem Walde nur an „Vogel-
gezwitſcher“, an „Maiblümlein“ und an „zartes Säuſeln“ oder
„gewaltiges Rauſchen“ in den Laubkronen denken können“. Mein
Buch muthet ihnen etwas zu
. Es will ſie nicht blos unter-
haltend belehren, oder meinetwegen auch belehrend unterhalten —
nein es will ſie einfach belehren. Schlimm genug für unſern
Lehrton, wenn man um ihm Geſchmack zu verſchaffen, ihn mit
ſogenannter Unterhaltung überzuckern muß. Wenn eine Belehrung
nicht unterhaltend iſt, ſo taugt ſie nichts, wenn eine Unterhaltung nicht
belehrend iſt, ſo taugt ſie ebenfalls nichts. Beide ſind untrennbar.
So lange man noch „unterhaltende Belehrung“ als etwas Beſonderes,
als eine eigne Form der Darſtellung unterſcheidet, beweiſt man damit,
daß wir aus der Zeit des gelehrten Zopfthums noch nicht heraus ſind.

„Ich denke“, ſagte ich bei jener Gelegenheit, „der Wald iſt
es werth und verdient es um uns jeden Augenblick, daß wir unter
ſeiner ſchönen Außenſeite auch die innerlichen Regungen ſeines
Lebens aufſuchen. Unſere Waldliebe verliert nichts, wenn wir den
Wald nicht blos mit genußſuchendem ſondern auch mit verſtändniß-
ſuchendem Auge anſehen.“

Wenn es ſo mein Vorſatz war, die rechte Bedeutung des
Waldes in möglichſt weiten Kreiſen zum Bewußtſein zu bringen

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[VII/0017] ſchönen Walde zur Seite ſteht, ſo dürfte mein Buch ſeines Erfolges wohl ſicher ſein, obſchon mir dabei ein gut Theil des Verdienſtes eben durch dieſe mithelfende Liebe weggenommen wird. Den „Freunden“ des Waldes und den „Pflegern“ des Waldes iſt das Buch gewidmet. Den Freunden — und gar ſehr auch den Freundinnen — des Waldes bin ich Rechenſchaft über mein Verfahren ſchuldig, obgleich ich andeutend ſchon in dem mit der 1. Lieferung veröffent- lichten Vorworte ſagte, „daß es Diejenigen nur theilweiſe befriedigt aus der Hand legen würden, welche bei dem Walde nur an „Vogel- gezwitſcher“, an „Maiblümlein“ und an „zartes Säuſeln“ oder „gewaltiges Rauſchen“ in den Laubkronen denken können“. Mein Buch muthet ihnen etwas zu. Es will ſie nicht blos unter- haltend belehren, oder meinetwegen auch belehrend unterhalten — nein es will ſie einfach belehren. Schlimm genug für unſern Lehrton, wenn man um ihm Geſchmack zu verſchaffen, ihn mit ſogenannter Unterhaltung überzuckern muß. Wenn eine Belehrung nicht unterhaltend iſt, ſo taugt ſie nichts, wenn eine Unterhaltung nicht belehrend iſt, ſo taugt ſie ebenfalls nichts. Beide ſind untrennbar. So lange man noch „unterhaltende Belehrung“ als etwas Beſonderes, als eine eigne Form der Darſtellung unterſcheidet, beweiſt man damit, daß wir aus der Zeit des gelehrten Zopfthums noch nicht heraus ſind. „Ich denke“, ſagte ich bei jener Gelegenheit, „der Wald iſt es werth und verdient es um uns jeden Augenblick, daß wir unter ſeiner ſchönen Außenſeite auch die innerlichen Regungen ſeines Lebens aufſuchen. Unſere Waldliebe verliert nichts, wenn wir den Wald nicht blos mit genußſuchendem ſondern auch mit verſtändniß- ſuchendem Auge anſehen.“ Wenn es ſo mein Vorſatz war, die rechte Bedeutung des Waldes in möglichſt weiten Kreiſen zum Bewußtſein zu bringen

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/17>, abgerufen am 28.04.2024.