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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Es geht aus diesen Mittheilungen zum Theil schon von selbst hervor,
daß die Arve kein eigentlicher Waldbaum ist und von einer eigentlichen
forstlichen Behandlung derselben kaum die Rede sein kann. Letztere wird
dadurch ganz besonders erschwert und beinahe unmöglich gemacht, daß sie
fast nur noch an solchen Stellen wächst, die nur der Aelpler und sein
kletterndes Weidevieh erklimmen kann und von welchen ein Fortschaffen
des Holzes eine Unmöglichkeit ist. In dem ganzen Umfang des bayrischen
Hochlandes wächst die Arve nur an Orten der oben bezeichneten Art,
welche wegen ihrer Unzugänglichkeit nach Willkomms Mittheilung als
"unproduktives Terrain" geradezu aus der Forstbewirthschaftung ausge-
schlossen ist, wobei Dieser jedoch die Meinung ausspricht, daß es an
manchen dieser Orte doch nicht unmöglich sein würde Arven künstlich
zu erziehen und Klötzer herabzuschaffen.

Außerhalb ihres ursprünglichen Heimathstandortes kommt die Arve
nur sehr vereinzelt, namentlich in Lustwäldern vor. Nach dem guten
Gedeihn, welches die Arve hier meistentheils zeigt, ist jedoch zu ver-
muthen, daß sie in Deutschland an vielen Orten mit Erfolg anzubauen
sein würde. In dem erst 1811 angelegten Forstgarten der Tharander
Akademie stehen zahlreiche, schon wieder 12 Schuh hohe Arvenstämmchen,
welche aus Samen erzogen worden sind, welchen Arven, die 1811 hier
gepflanzt worden, getragen haben. Die Erzeugung keimfähigen Samens
ist aber sicher ein Zeichen, daß ein Baum da, wo er dies thut, sich in
gedeihlicher Lage befindet. Die Schönheit des Baumes muß sehr zu
Anbauversuchen auffordern, um so mehr als er in seiner Alpenheimath
mehr und mehr abnimmt. Hierzu wirken mancherlei ungünstige Ver-
hältnisse zusammen: das Alpenweidevieh verbeißt und zertritt die auf-
gehenden Pflänzchen und der Aelpler selbst theilt sich mit dem Tannen-
häher, Corvus Caryocatactes, in die süßen Nüßchen. Wo es nur
immer möglich ist das Holz hinwegzuschaffen, benutzt man dasselbe vor
allen anderen am liebsten zu Alpenhausgeräthe aller Art und zu Schnitze-
reien, zu welchen letzteren es wegen seiner großen Feinheit und Gleich-
mäßigkeit sich vortrefflich eignet, da die Jahresringe wegen des fast gänzlich
mangelnden Unterschiedes zwischen Frühjahr- und Herbstholz sehr wenig
hervortreten. Das schöne gleichmäßige Holz wird namentlich auch von den
Pianofortefabrikanten als Resonanzholz sehr gesucht und theuer bezahlt.

Es geht aus dieſen Mittheilungen zum Theil ſchon von ſelbſt hervor,
daß die Arve kein eigentlicher Waldbaum iſt und von einer eigentlichen
forſtlichen Behandlung derſelben kaum die Rede ſein kann. Letztere wird
dadurch ganz beſonders erſchwert und beinahe unmöglich gemacht, daß ſie
faſt nur noch an ſolchen Stellen wächſt, die nur der Aelpler und ſein
kletterndes Weidevieh erklimmen kann und von welchen ein Fortſchaffen
des Holzes eine Unmöglichkeit iſt. In dem ganzen Umfang des bayriſchen
Hochlandes wächſt die Arve nur an Orten der oben bezeichneten Art,
welche wegen ihrer Unzugänglichkeit nach Willkomms Mittheilung als
„unproduktives Terrain“ geradezu aus der Forſtbewirthſchaftung ausge-
ſchloſſen iſt, wobei Dieſer jedoch die Meinung ausſpricht, daß es an
manchen dieſer Orte doch nicht unmöglich ſein würde Arven künſtlich
zu erziehen und Klötzer herabzuſchaffen.

Außerhalb ihres urſprünglichen Heimathſtandortes kommt die Arve
nur ſehr vereinzelt, namentlich in Luſtwäldern vor. Nach dem guten
Gedeihn, welches die Arve hier meiſtentheils zeigt, iſt jedoch zu ver-
muthen, daß ſie in Deutſchland an vielen Orten mit Erfolg anzubauen
ſein würde. In dem erſt 1811 angelegten Forſtgarten der Tharander
Akademie ſtehen zahlreiche, ſchon wieder 12 Schuh hohe Arvenſtämmchen,
welche aus Samen erzogen worden ſind, welchen Arven, die 1811 hier
gepflanzt worden, getragen haben. Die Erzeugung keimfähigen Samens
iſt aber ſicher ein Zeichen, daß ein Baum da, wo er dies thut, ſich in
gedeihlicher Lage befindet. Die Schönheit des Baumes muß ſehr zu
Anbauverſuchen auffordern, um ſo mehr als er in ſeiner Alpenheimath
mehr und mehr abnimmt. Hierzu wirken mancherlei ungünſtige Ver-
hältniſſe zuſammen: das Alpenweidevieh verbeißt und zertritt die auf-
gehenden Pflänzchen und der Aelpler ſelbſt theilt ſich mit dem Tannen-
häher, Corvus Caryocatactes, in die ſüßen Nüßchen. Wo es nur
immer möglich iſt das Holz hinwegzuſchaffen, benutzt man daſſelbe vor
allen anderen am liebſten zu Alpenhausgeräthe aller Art und zu Schnitze-
reien, zu welchen letzteren es wegen ſeiner großen Feinheit und Gleich-
mäßigkeit ſich vortrefflich eignet, da die Jahresringe wegen des faſt gänzlich
mangelnden Unterſchiedes zwiſchen Frühjahr- und Herbſtholz ſehr wenig
hervortreten. Das ſchöne gleichmäßige Holz wird namentlich auch von den
Pianofortefabrikanten als Reſonanzholz ſehr geſucht und theuer bezahlt.

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[303/0331] Es geht aus dieſen Mittheilungen zum Theil ſchon von ſelbſt hervor, daß die Arve kein eigentlicher Waldbaum iſt und von einer eigentlichen forſtlichen Behandlung derſelben kaum die Rede ſein kann. Letztere wird dadurch ganz beſonders erſchwert und beinahe unmöglich gemacht, daß ſie faſt nur noch an ſolchen Stellen wächſt, die nur der Aelpler und ſein kletterndes Weidevieh erklimmen kann und von welchen ein Fortſchaffen des Holzes eine Unmöglichkeit iſt. In dem ganzen Umfang des bayriſchen Hochlandes wächſt die Arve nur an Orten der oben bezeichneten Art, welche wegen ihrer Unzugänglichkeit nach Willkomms Mittheilung als „unproduktives Terrain“ geradezu aus der Forſtbewirthſchaftung ausge- ſchloſſen iſt, wobei Dieſer jedoch die Meinung ausſpricht, daß es an manchen dieſer Orte doch nicht unmöglich ſein würde Arven künſtlich zu erziehen und Klötzer herabzuſchaffen. Außerhalb ihres urſprünglichen Heimathſtandortes kommt die Arve nur ſehr vereinzelt, namentlich in Luſtwäldern vor. Nach dem guten Gedeihn, welches die Arve hier meiſtentheils zeigt, iſt jedoch zu ver- muthen, daß ſie in Deutſchland an vielen Orten mit Erfolg anzubauen ſein würde. In dem erſt 1811 angelegten Forſtgarten der Tharander Akademie ſtehen zahlreiche, ſchon wieder 12 Schuh hohe Arvenſtämmchen, welche aus Samen erzogen worden ſind, welchen Arven, die 1811 hier gepflanzt worden, getragen haben. Die Erzeugung keimfähigen Samens iſt aber ſicher ein Zeichen, daß ein Baum da, wo er dies thut, ſich in gedeihlicher Lage befindet. Die Schönheit des Baumes muß ſehr zu Anbauverſuchen auffordern, um ſo mehr als er in ſeiner Alpenheimath mehr und mehr abnimmt. Hierzu wirken mancherlei ungünſtige Ver- hältniſſe zuſammen: das Alpenweidevieh verbeißt und zertritt die auf- gehenden Pflänzchen und der Aelpler ſelbſt theilt ſich mit dem Tannen- häher, Corvus Caryocatactes, in die ſüßen Nüßchen. Wo es nur immer möglich iſt das Holz hinwegzuſchaffen, benutzt man daſſelbe vor allen anderen am liebſten zu Alpenhausgeräthe aller Art und zu Schnitze- reien, zu welchen letzteren es wegen ſeiner großen Feinheit und Gleich- mäßigkeit ſich vortrefflich eignet, da die Jahresringe wegen des faſt gänzlich mangelnden Unterſchiedes zwiſchen Frühjahr- und Herbſtholz ſehr wenig hervortreten. Das ſchöne gleichmäßige Holz wird namentlich auch von den Pianofortefabrikanten als Reſonanzholz ſehr geſucht und theuer bezahlt.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/331>, abgerufen am 28.04.2024.