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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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dem regelmäßiger und schärfer doppeltsägezähnigen Rande ein sehr augen-
fälliger Unterschied, gegenüber dem mehr gerundeten und abgestumpften
Schwarzerlen-Blatte, entgegen; außerdem ist jenes oberseits dünn, unter-
seits aber so dicht mit feinen wolligen Härchen bedeckt, daß es unten fast
silbergrau aussieht, während bei der Schwarzerle die Behaarung sich auf
die beschriebenen Haarbüschelchen beschränkt. Der stets kürzere Blattstiel
der Weißerle ist behaart. Einige andere feinere Unterschiede übergehend,
haben wir noch an äußeren Unterscheidungsmerkmalen hervorzuheben, daß
die Weißerle mehr zu einer breiteren Kronenbildung hinneigt und auch im
Verhältniß zu dem Stamme etwas stärkere und etwas mehr aufwärts
gerichtete Aeste zeigt. An der Stelle, wo ein Hauptast vom Stamme ab-
geht, bemerkt man wie auch bei einigen anderen Laubhölzern, aber niemals
an der Schwarzerle, beiderseits eine aus kleinen Querrunzeln zusammen-
gesetzte etwa 6--8 Zoll lange Narbe am Stamme schräg herabtreten, was
einigermaßen an einen Schnurrbart erinnert. Der Stamm zeigt sich oft
etwas spannrückig oder kluftig (siehe hierüber b. d. Hornbaum) jedoch kaum
weniger als der der Schwarzerle zur Geradschaftigkeit geneigt. Das Holz
ist heller als bei dieser, etwas feiner und dichter, feinzelliger, mit engeren
und auch etwas weniger zahlreichen Gefäßen. Markwiederholungen seltner
und dünner, daher das Holz weniger fleckig. Frisch gefällt riecht das
Holz nach Möhren. Uebrigens steht es dem Schwarzerlen-Holze in jeder
Hinsicht sehr nahe.

Die Wurzel geht weniger tief und verbreitet sich mit weitaus-
streichenden Aesten in der Oberschicht des Bodens.

Die Weißerle ist ein Gebirgsbaum und als solcher über das mittlere
und südliche Deutschland und die Alpenlande verbreitet, vorzugsweise
jedoch im Norden, wo sie schon in Nordostdeutschland in die Ebene
herabsteigt. Sie findet sich jedoch seit längerer Zeit im übrigen Deutsch-
land auch in der Ebene oder wenigstens auf geringen Höhen angepflanzt
und verlangt unter allen Umständen einen weniger nassen Standort
als die andere Art, obgleich auch ihr eine gewisse Bodenfrische und
Humusreichthum nothwendig ist.

Hinsichtlich des Lebens ist die Weißerle der anderen in den Haupt-
stücken gleich, nur darin sehr auffallend verschieden, daß sie selbst im
dichten Stande, den sie etwas mehr verträgt, zahlreiche Wurzelbrut treibt,

dem regelmäßiger und ſchärfer doppeltſägezähnigen Rande ein ſehr augen-
fälliger Unterſchied, gegenüber dem mehr gerundeten und abgeſtumpften
Schwarzerlen-Blatte, entgegen; außerdem iſt jenes oberſeits dünn, unter-
ſeits aber ſo dicht mit feinen wolligen Härchen bedeckt, daß es unten faſt
ſilbergrau ausſieht, während bei der Schwarzerle die Behaarung ſich auf
die beſchriebenen Haarbüſchelchen beſchränkt. Der ſtets kürzere Blattſtiel
der Weißerle iſt behaart. Einige andere feinere Unterſchiede übergehend,
haben wir noch an äußeren Unterſcheidungsmerkmalen hervorzuheben, daß
die Weißerle mehr zu einer breiteren Kronenbildung hinneigt und auch im
Verhältniß zu dem Stamme etwas ſtärkere und etwas mehr aufwärts
gerichtete Aeſte zeigt. An der Stelle, wo ein Hauptaſt vom Stamme ab-
geht, bemerkt man wie auch bei einigen anderen Laubhölzern, aber niemals
an der Schwarzerle, beiderſeits eine aus kleinen Querrunzeln zuſammen-
geſetzte etwa 6—8 Zoll lange Narbe am Stamme ſchräg herabtreten, was
einigermaßen an einen Schnurrbart erinnert. Der Stamm zeigt ſich oft
etwas ſpannrückig oder kluftig (ſiehe hierüber b. d. Hornbaum) jedoch kaum
weniger als der der Schwarzerle zur Geradſchaftigkeit geneigt. Das Holz
iſt heller als bei dieſer, etwas feiner und dichter, feinzelliger, mit engeren
und auch etwas weniger zahlreichen Gefäßen. Markwiederholungen ſeltner
und dünner, daher das Holz weniger fleckig. Friſch gefällt riecht das
Holz nach Möhren. Uebrigens ſteht es dem Schwarzerlen-Holze in jeder
Hinſicht ſehr nahe.

Die Wurzel geht weniger tief und verbreitet ſich mit weitaus-
ſtreichenden Aeſten in der Oberſchicht des Bodens.

Die Weißerle iſt ein Gebirgsbaum und als ſolcher über das mittlere
und ſüdliche Deutſchland und die Alpenlande verbreitet, vorzugsweiſe
jedoch im Norden, wo ſie ſchon in Nordoſtdeutſchland in die Ebene
herabſteigt. Sie findet ſich jedoch ſeit längerer Zeit im übrigen Deutſch-
land auch in der Ebene oder wenigſtens auf geringen Höhen angepflanzt
und verlangt unter allen Umſtänden einen weniger naſſen Standort
als die andere Art, obgleich auch ihr eine gewiſſe Bodenfriſche und
Humusreichthum nothwendig iſt.

Hinſichtlich des Lebens iſt die Weißerle der anderen in den Haupt-
ſtücken gleich, nur darin ſehr auffallend verſchieden, daß ſie ſelbſt im
dichten Stande, den ſie etwas mehr verträgt, zahlreiche Wurzelbrut treibt,

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[423/0465] dem regelmäßiger und ſchärfer doppeltſägezähnigen Rande ein ſehr augen- fälliger Unterſchied, gegenüber dem mehr gerundeten und abgeſtumpften Schwarzerlen-Blatte, entgegen; außerdem iſt jenes oberſeits dünn, unter- ſeits aber ſo dicht mit feinen wolligen Härchen bedeckt, daß es unten faſt ſilbergrau ausſieht, während bei der Schwarzerle die Behaarung ſich auf die beſchriebenen Haarbüſchelchen beſchränkt. Der ſtets kürzere Blattſtiel der Weißerle iſt behaart. Einige andere feinere Unterſchiede übergehend, haben wir noch an äußeren Unterſcheidungsmerkmalen hervorzuheben, daß die Weißerle mehr zu einer breiteren Kronenbildung hinneigt und auch im Verhältniß zu dem Stamme etwas ſtärkere und etwas mehr aufwärts gerichtete Aeſte zeigt. An der Stelle, wo ein Hauptaſt vom Stamme ab- geht, bemerkt man wie auch bei einigen anderen Laubhölzern, aber niemals an der Schwarzerle, beiderſeits eine aus kleinen Querrunzeln zuſammen- geſetzte etwa 6—8 Zoll lange Narbe am Stamme ſchräg herabtreten, was einigermaßen an einen Schnurrbart erinnert. Der Stamm zeigt ſich oft etwas ſpannrückig oder kluftig (ſiehe hierüber b. d. Hornbaum) jedoch kaum weniger als der der Schwarzerle zur Geradſchaftigkeit geneigt. Das Holz iſt heller als bei dieſer, etwas feiner und dichter, feinzelliger, mit engeren und auch etwas weniger zahlreichen Gefäßen. Markwiederholungen ſeltner und dünner, daher das Holz weniger fleckig. Friſch gefällt riecht das Holz nach Möhren. Uebrigens ſteht es dem Schwarzerlen-Holze in jeder Hinſicht ſehr nahe. Die Wurzel geht weniger tief und verbreitet ſich mit weitaus- ſtreichenden Aeſten in der Oberſchicht des Bodens. Die Weißerle iſt ein Gebirgsbaum und als ſolcher über das mittlere und ſüdliche Deutſchland und die Alpenlande verbreitet, vorzugsweiſe jedoch im Norden, wo ſie ſchon in Nordoſtdeutſchland in die Ebene herabſteigt. Sie findet ſich jedoch ſeit längerer Zeit im übrigen Deutſch- land auch in der Ebene oder wenigſtens auf geringen Höhen angepflanzt und verlangt unter allen Umſtänden einen weniger naſſen Standort als die andere Art, obgleich auch ihr eine gewiſſe Bodenfriſche und Humusreichthum nothwendig iſt. Hinſichtlich des Lebens iſt die Weißerle der anderen in den Haupt- ſtücken gleich, nur darin ſehr auffallend verſchieden, daß ſie ſelbſt im dichten Stande, den ſie etwas mehr verträgt, zahlreiche Wurzelbrut treibt,

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/465>, abgerufen am 27.04.2024.