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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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wir in noch viel auffallenderer Weise verschieden finden, bald an tropische
Fülle erinnernd, bald nur das kümmerliche Haidebild zeigend.

Groß muß darum die Manchfaltigkeit der Faktoren sein, durch deren
Zusammenwirken der Boden der Mutterschooß des Waldes wird. Wir
wollen den Waldboden in dieser seiner Vielseitigkeit der Zusammensetzung
seiner Stoffe und seiner Wirkungen auffassen und damit für die späteren
Betrachtungen des Waldes selbst recht eigentlich uns einen Boden unter
die Füße schaffen.

Da der Waldboden das, was er ist und wirkt, nur unter dem sich
unmittelbar betheiligenden Einfluß der Atmosphäre und der Lage hinsichtlich
der Meereshöhe und der Himmelsgegenden ist und wirkt, so müssen wir
auch in diesen Beziehungen den Begriff des Waldbodens auffassen.

Zwei ganz gleich zusammengesetzte Bodenflächen zeigen ganz verschiedene
Bestände, wenn die eine in der Ebene, die andere 8000 Fuß über dem
Meeresspiegel, und letztere wieder wenn sie an einem nach Abend oder an
einem nach Mittag gerichteten Berghang liegt.

Es ist darum schwer und erfordert eine große Uebung und Er-
fahrenheit, im voraus von einem Boden zu sagen, ob er sich für Wald-
anbau eigene oder nicht; ja wir müssen uns hier an den Ausspruch im
ersten Abschnitt erinnern, -- daß der erfahrene Forstwirth sich "zuweilen
den Kopf zersinnt, weshalb wohl plötzlich jene Fichtenpflanzung nicht mehr
wachsen will, an deren Gedeihen er zehn Jahre lang seine Freude hatte."

Vergleichen wir den Waldboden und den Ackerboden hinsichtlich ihrer
Bestandtheile in der weitesten Auffassung dieser, so ergeben sich zwischen
beiden erhebliche Verschiedenheiten. Was dem einen nothwendige Bedingung ist,
kann dem andern zum großen Nachtheile gereichen und wir werden sogleich
etwas als einen nothwendigen Bestandtheil eines Waldbodens kennen lernen,
was wir vom Ackerboden fern zu halten bemüht sind.

Die Unterscheidung des Ackerbodens in die Ackerkrume und den
Untergrund oder die Grunderde kann auf den Waldboden nicht unmittelbar
übertragen werden, weil unter Ackerkrume die oberste Bodenschicht ver-
standen wird, in welcher die Ackerwerkzeuge bei der Bodenbearbeitung und
bei der Düngung eindringen und von beiden in der Forstwirthschaft ja
kaum die Rede ist. Wohl aber können wir ohne diese ursächlich bedingte

wir in noch viel auffallenderer Weiſe verſchieden finden, bald an tropiſche
Fülle erinnernd, bald nur das kümmerliche Haidebild zeigend.

Groß muß darum die Manchfaltigkeit der Faktoren ſein, durch deren
Zuſammenwirken der Boden der Mutterſchooß des Waldes wird. Wir
wollen den Waldboden in dieſer ſeiner Vielſeitigkeit der Zuſammenſetzung
ſeiner Stoffe und ſeiner Wirkungen auffaſſen und damit für die ſpäteren
Betrachtungen des Waldes ſelbſt recht eigentlich uns einen Boden unter
die Füße ſchaffen.

Da der Waldboden das, was er iſt und wirkt, nur unter dem ſich
unmittelbar betheiligenden Einfluß der Atmoſphäre und der Lage hinſichtlich
der Meereshöhe und der Himmelsgegenden iſt und wirkt, ſo müſſen wir
auch in dieſen Beziehungen den Begriff des Waldbodens auffaſſen.

Zwei ganz gleich zuſammengeſetzte Bodenflächen zeigen ganz verſchiedene
Beſtände, wenn die eine in der Ebene, die andere 8000 Fuß über dem
Meeresſpiegel, und letztere wieder wenn ſie an einem nach Abend oder an
einem nach Mittag gerichteten Berghang liegt.

Es iſt darum ſchwer und erfordert eine große Uebung und Er-
fahrenheit, im voraus von einem Boden zu ſagen, ob er ſich für Wald-
anbau eigene oder nicht; ja wir müſſen uns hier an den Ausſpruch im
erſten Abſchnitt erinnern, — daß der erfahrene Forſtwirth ſich „zuweilen
den Kopf zerſinnt, weshalb wohl plötzlich jene Fichtenpflanzung nicht mehr
wachſen will, an deren Gedeihen er zehn Jahre lang ſeine Freude hatte.“

Vergleichen wir den Waldboden und den Ackerboden hinſichtlich ihrer
Beſtandtheile in der weiteſten Auffaſſung dieſer, ſo ergeben ſich zwiſchen
beiden erhebliche Verſchiedenheiten. Was dem einen nothwendige Bedingung iſt,
kann dem andern zum großen Nachtheile gereichen und wir werden ſogleich
etwas als einen nothwendigen Beſtandtheil eines Waldbodens kennen lernen,
was wir vom Ackerboden fern zu halten bemüht ſind.

Die Unterſcheidung des Ackerbodens in die Ackerkrume und den
Untergrund oder die Grunderde kann auf den Waldboden nicht unmittelbar
übertragen werden, weil unter Ackerkrume die oberſte Bodenſchicht ver-
ſtanden wird, in welcher die Ackerwerkzeuge bei der Bodenbearbeitung und
bei der Düngung eindringen und von beiden in der Forſtwirthſchaft ja
kaum die Rede iſt. Wohl aber können wir ohne dieſe urſächlich bedingte

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[26/0050] wir in noch viel auffallenderer Weiſe verſchieden finden, bald an tropiſche Fülle erinnernd, bald nur das kümmerliche Haidebild zeigend. Groß muß darum die Manchfaltigkeit der Faktoren ſein, durch deren Zuſammenwirken der Boden der Mutterſchooß des Waldes wird. Wir wollen den Waldboden in dieſer ſeiner Vielſeitigkeit der Zuſammenſetzung ſeiner Stoffe und ſeiner Wirkungen auffaſſen und damit für die ſpäteren Betrachtungen des Waldes ſelbſt recht eigentlich uns einen Boden unter die Füße ſchaffen. Da der Waldboden das, was er iſt und wirkt, nur unter dem ſich unmittelbar betheiligenden Einfluß der Atmoſphäre und der Lage hinſichtlich der Meereshöhe und der Himmelsgegenden iſt und wirkt, ſo müſſen wir auch in dieſen Beziehungen den Begriff des Waldbodens auffaſſen. Zwei ganz gleich zuſammengeſetzte Bodenflächen zeigen ganz verſchiedene Beſtände, wenn die eine in der Ebene, die andere 8000 Fuß über dem Meeresſpiegel, und letztere wieder wenn ſie an einem nach Abend oder an einem nach Mittag gerichteten Berghang liegt. Es iſt darum ſchwer und erfordert eine große Uebung und Er- fahrenheit, im voraus von einem Boden zu ſagen, ob er ſich für Wald- anbau eigene oder nicht; ja wir müſſen uns hier an den Ausſpruch im erſten Abſchnitt erinnern, — daß der erfahrene Forſtwirth ſich „zuweilen den Kopf zerſinnt, weshalb wohl plötzlich jene Fichtenpflanzung nicht mehr wachſen will, an deren Gedeihen er zehn Jahre lang ſeine Freude hatte.“ Vergleichen wir den Waldboden und den Ackerboden hinſichtlich ihrer Beſtandtheile in der weiteſten Auffaſſung dieſer, ſo ergeben ſich zwiſchen beiden erhebliche Verſchiedenheiten. Was dem einen nothwendige Bedingung iſt, kann dem andern zum großen Nachtheile gereichen und wir werden ſogleich etwas als einen nothwendigen Beſtandtheil eines Waldbodens kennen lernen, was wir vom Ackerboden fern zu halten bemüht ſind. Die Unterſcheidung des Ackerbodens in die Ackerkrume und den Untergrund oder die Grunderde kann auf den Waldboden nicht unmittelbar übertragen werden, weil unter Ackerkrume die oberſte Bodenſchicht ver- ſtanden wird, in welcher die Ackerwerkzeuge bei der Bodenbearbeitung und bei der Düngung eindringen und von beiden in der Forſtwirthſchaft ja kaum die Rede iſt. Wohl aber können wir ohne dieſe urſächlich bedingte

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/50>, abgerufen am 28.04.2024.